Was die Nacht verheißt
und Händler hatten entlang des Bürgersteigs gegenüber der Bootsanlegestelle ihre Stände aufgebaut.
»Es ist wirklich reizend hier, Marcus, und trotzdem gibt es dieses aufregende Summen von Geschäftigkeit.«
Sein Blick folgte den Arbeitern, die an einer der Baustellen hämmerten. »Ich habe Nassau immer gern gemocht. Seit sechs Jahren bringe ich immer wieder Waren hierher und bin der Stadt immer noch nicht überdrüssig.«
Sie gingen an einer Reihe von Händlern entlang. Im Innern der Stände verkaufte man Gemüse und Früchte, Muscheln und Fisch. Brandy rümpfte die Nase bei den eindringlichen Düften, während ihr Blick gleichzeitig mit unverhohlener Spannung von einem Stand zum nächsten wanderte.
Sie gingen zwischen den Reihen von Ständen entlang: Strohweber, Muschelhändler, Holzschnitzer. An einem der Stände blieb sie stehen, denn ihr Interesse wurde von den ausgelegten, leuchtend bunt bestickten Schultertüchern geweckt. Lächelnd legte ihr Marcus ein Tuch aus waldgrüner Seide um die Schultern, dessen zarte Fransen bis über ihre Taille hingen.
»Gefällt dir dieses hier?«
»Es ist wunderschön.«
Er lächelte. »Dann gehört es dir.«
»Meinst - meinst du wirklich?« Ihre Finger zitterten, als sie den reich bestickten Stoff glatt strich. »Das ist doch bestimmt sehr teuer.«
»Es ist nur ein kleines Geschenk, Brianne. Ich würde mich freuen, wenn du es annähmest.«
Das tat sie mit echter Freude. »Es ist wirklich schön, Marcus. Ich habe noch nie etwas besessen, das auch nur annähernd so schön war.«
Sein Lächeln verlosch und wurde durch ein Stirnrunzeln ersetzt. Er streckte die Hand aus und hob sanft ihr Kinn. »Du solltest viele schöne Dinge haben. Vielleicht wirst du das auch eines Tages.«
Brandy wandte den Blick ab. »Vor allem möchte ich neue Plätze sehen, etwas über das Leben erfahren, so wie heute.«
Sie wanderten weiter die Straße entlang, an einem Gebäude vorbei, das Vendue House hieß, einem offenen Haus mit Arkaden, wo eine Auktion veranstaltet wurde. Sie sah, dass es Sklaven waren, und unwillkürlich schauderte sie. Männer und Frauen mit schwarzer Haut wurden nach vorn geschoben, die dunklen Köpfe gesenkt, mit hängenden Schultern, als trügen sie das Gewicht der ganzen Welt.
»Ich hatte nicht gewusst, dass Engländer auch Sklaven haben«, sagte sie.
»Nur in einigen der Kolonien.«
»Ich glaube, ich dürfte dies eigentlich nicht sagen, da ich aus dem Süden komme, aber ich fand es nie gut, wenn ein Mensch einen anderen besitzt.« Dass ein Mensch den anderen seinem Willen unterwirft, dachte sie. Das kam dem Leben, das sie im Wirtshaus Weißes Pferd führte, viel zu nah.
»Ich bin auch nicht dieser Meinung, doch im Augenblick scheint das Leben einfach so zu sein.«
Brandy sagte nichts weiter. Es war ein viel zu schöner Tag, um sich länger mit den unangenehmen Seiten der menschlichen Natur auseinander zu setzen. Dafür würde sie noch mehr als genug Zeit haben, wenn sie erst wieder zu Hause war.
»Hast du Hunger?«
»Jetzt, wo du fragst, fällt mir auf, dass ich am Verhungern bin.« Sie machten ein Picknick am Strand, tranken Wein und Kokosmilch. Es war ein wunderschöner Tag, ein Tag voller Lachen und Aufregungen, ein Tag, der all die Mühen wert war, die sie auf der Reise hatte erdulden müssen. Als sie schließlich kurz vor Sonnenuntergang zur Seehabicht zurückkehrten, war sie erfüllt von angenehmen Erinnerungen und einem warmen Gefühl von Zufriedenheit. Sie blieb einen Augenblick an der Reling stehen und drehte sich um, damit sie noch einmal zur Insel hinüberschauen konnte.
»Es ist wunderschön hier«, sagte sie und betrachtete die weißen kleinen Häuser in der Ferne, die von Bäumen und Hecken umgeben waren. »Sieht es in England irgendwie ähnlich aus?«
»Es gibt Teile von Nassau, in denen Häuser stehen, die denen dort ähnlich sehen. Und auf dem Land haben wir Strohdächer, genau wie hier.«
Sie lächelte sehnsüchtig. »Wie gern ich das einmal sehen würde. Ich habe schon oft davon geträumt, einmal dort hinzufahren. Vielleicht werde ich es eines Tages auch tun.«
Marcus drehte sich um und sah sie an. Irgendetwas bewegte sich flüchtig in seinen Zügen, und sein Kinn schien härter zu werden. »Ich werde nicht dort sein, wenn du hinkommst. Ich bin fast immer auf hoher See.«
Ihr strahlendes Lächeln verblasste. Es war eigentlich nicht nötig, sie daran zu erinnern. »Das glaube ich gern. Was deine Lebensart betrifft, hast du dich ja
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