Was du nicht weißt: Roman (German Edition)
beobachtete, wie Sandra ein kleines Diktiergerät aus ihrer Handtasche holte, es vor sich auf den Tisch legte und den Aufnahmeknopf drückte. Ein rotes Licht leuchtete auf.
Als Erstes nahm sie Joshs Personalien auf, fragte ihn, wie lange er schon im Gestüt arbeitete – »Seit zehn Monaten, die Lehrstelle war in der Rennzeitung ausgeschrieben« – und wie sein Verhältnis zu Frank Guiton war.
»Eigentlich gut …« sagte Josh kleinlaut. »Deswegen tut mir das ja auch alles so leid …«
Verlegen zog er den Rotz in seiner Nase hoch.
»Was tut dir leid?«
»Dass ich ihn belogen habe.«
Willingham warf Sandra Querée einen triumphierenden Blick zu. Doch sie ließ sich dadurch nicht von ihrer freundlichen Art abbringen, sondern fragte in ruhigem Ton weiter. »Hast du Kontakt gehabt zu den beiden Zeugen, die behauptet haben, dass Mr. Guiton sein Pferd selbst entführt hat?«
»Ja, das hab ich. Wir haben ein paar Mal telefoniert, um alles abzusprechen.«
»Was abzusprechen?«
»Wie die Sache mit der Entführung der Stute ablaufen soll.«
»Und wie sollte sie ablaufen?«, fragte Sandra.
»Es musste alles so aussehen, als ob Mr. Guiton das Pferd irgendwo verstecken wollte, um danach die Versicherungssumme zu kassieren«, antwortete Josh.
»Es war also von Anfang an klar, dass die Polizei das Pferd am nächsten Tag finden sollte, ja? Um Frank Guiton Versicherungsbetrug zu unterstellen. Ist das richtig so?«
»Ja, so war’s.«
»Wer hat denn das Pferd nachts weggebracht, wenn es dein Chef nicht selbst getan hat?«
Josh schwieg. Er blickte zu Willingham, der die Augenbrauen hob wie ein strenger Vater.
»Ich war es«, gab Josh leise zu. »Ich habe die Stalljacke von Mr. Guiton angezogen, seine Mütze aufgesetzt, falls mich doch jemand sieht, und die Stute auf den Anhänger gebracht. Das war morgens gegen drei. Dann habe ich das Pferd zu einer leeren Koppel bei St. Aubin gefahren …«
»… wo man es am nächsten Tag entdeckt hat. Und prompt hat die Polizei Mr. Guiton am Morgen danach festgenommen«, ergänzte Willingham grimmig. »So, wie es gewünscht war.«
Schuldbewusst verzog Josh den Mund und sah zum Fenster hinaus.
Jetzt war es Sandra, die Willingham einen zufriedenen Blick zuwarf. Sie hätte jubeln können. Damit war Frank Guiton endgültig von jedem Verdacht befreit.
»Kannst du uns auch sagen, wer Mr. Guiton am Tor zusammengeschlagen hat, als er aus dem Gefängnis zurückkam?«, fragte Willingham und beugte sich vor.
Sofort hob Josh abwehrend die Hände. »Damit habe ich nichts tun! Das war Mr. Fonteau!«
Willingham lehnte sich wieder zufrieden zurück. »Der Gemüsehändler, sieh mal an!« Er wandte sich an Sandra. »Sie erinnern sich – einer der beiden Zeugen.«
Sandra strich in Gedanken mit den Fingern über das Aufnahmegerät und fragte Josh: »Ich nehme an, Mr. Fonteau wusste von dir, dass dein Chef an dem Morgen entlassen wird? Hab ich recht?«
»Ja. Und ich wusste es nur, weil ich zufällig mithörte, wie Mr. Guitons Haushälterin einen Anruf aus dem Gefängnis erhielt.«
»Wie viel Geld hast du für deine … Gefälligkeiten bekommen? Es war sicher nicht wenig.«
Er murmelte etwas.
»Könntest du bitte lauter sprechen?«
»Siebentausend Pfund.«
»Wer hat dir das Geld gegeben?«
»Jemand, der mit Mr. Guiton zur Schule gegangen ist. Und der unbedingt das Gestüt von der Bank haben wollte.«
»Und diesen Jemand kennst du persönlich?«
»Mein Vater kennt ihn gut. Sie besuchen sich manchmal gegenseitig mit dem Boot.«
»Wie heißt er?«
Josh schwieg. Er schien mit sich zu kämpfen, ob er den Namen wirklich preisgeben sollte.
Sandras Stimme wurde schärfer. »Wer ist es, Josh?«
»Er ist Fischer und heißt Tony Kinross.«
Zwanzig Minuten später raste Sandra Querée über die Uferstraße zurück nach St. Aubin, neben sich in der Handtasche das Tonbandprotokoll mit dem Geständnis von Josh Nisbet. Sie sah auf die kleine Digitaluhr unterhalb der Geschwindigkeitsanzeige. Harold Conway müsste jetzt eigentlich zurück sein von der Sitzung im Polizeihauptquartier. Sie brauchte sein Einverständnis, um die Festnahme des Fischers in die Wege zu leiten. Die Verhaftung selbst konnten dann die Kollegen der Honorary Police in St. Helier übernehmen.
Voller Vorfreunde dachte sie daran, was sie nach Feierabend tun würde. Willingham wollte Frank Guiton zwar selbst die gute Nachricht überbringen, doch sie würde abends mit Frank am Krankenbett darauf anstoßen, egal, wie spät es
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