Was du nicht weißt: Roman (German Edition)
Zeitpunkt hat Constance sich noch in Weymouth aufgehalten, denn es ist ein Telefonat von Jersey aus ins englische Netz.«
»Weiter.«
»Um 19 Uhr 05 hat Constance Farrow dann schon von Jersey aus telefoniert. Mit einer Nummer in Weymouth. Ich sehe gerade, das ist die Nummer der Firma, in der sie arbeitet.«
»Sonst noch Gespräche?«
»Nein, erst wieder am nächsten Tag und wieder aus dem englischen Netz. Also war sie zu diesem Zeitpunkt schon wieder nach Weymouth zurückgekehrt.«
Der Chef de Police lehnte sich in seinem Autositz zurück und ließ die Scheibe ein Stück herunter. Während ihm frische Luft ins Gesicht wehte, versuchte er, die Uhrzeiten, die Sandra genannt hatte, miteinander in Verbindung zu bringen. Aus seiner Sicht entstand dabei nicht nur ein Bewegungsprofil von Constance Farrow, sondern möglicherweise auch ein Einblick in das nicht immer einfache Verhältnis der beiden Schwestern zueinander.
Draußen, vor seinem Autofenster, schob sich die Fähre aus Southampton in den Hafen, doch Conway nahm sie kaum wahr.
»Sind Sie noch dran?«, fragte Sandra.
»Ja … Ich denke gerade nach. Es gibt eigentlich nur eine Schlussfolgerung aus diesen Telefonaten: Am Tag ihres Todes hat Debbie bei Constance in England angerufen, weil sie irgendetwas Wichtiges mit ihr zu besprechen hatte. Und zwar etwas, das Constance vor uns verheimlichen will.«
»Klingt nach einem Problem unter Schwestern.«
»Es wird ein Streit gewesen sein. Von mir aus auch ein Hilferuf von Debbie, weil sie in der Patsche steckte. Auf jeden Fall nimmt Constance die nächste Fähre, bezahlt das Ticket bar und kommt her. Sie treffen sich abends, ihre Auseinandersetzung eskaliert, und Constance bringt Debbie um. Am nächsten Morgen kehrt sie nach Weymouth zurück und wartet, bis wir sie über den Tod ihrer Schwester informieren. Dann reist sie wieder an, diesmal ganz offiziell, und lässt sich von mir die Leiche präsentieren.« Wütend drehte er den Schlüssel im Zündschloss um und startete den Wagen. »Sie hat uns reingelegt, dieses Biest! Aber das wird sie mir büßen!«
Sandra Querée versuchte, Conway wieder zu beruhigen, indem sie ihre Hilfe anbot.
»Soll ich irgendwas tun?«
»Informieren Sie sofort alle Kollegen, dass wir nach Constance Farrow suchen. Ich bin in zehn Minuten da.«
Er beendete das Gespräch, stieß rückwärts aus der Parklücke und fuhr auf die Ausfahrt des Parkplatzes zu. Doch gleich darauf musste er abbremsen und sich im Schneckentempo zwischen zwei großen Reisebussen hindurchquetschen, die sich direkt vor der Ausfahrt breitgemacht hatten. In seiner Ungeduld bekam er große Lust, auszusteigen und den Bussen höchstpersönlich Strafzettel zu verpassen. Doch für solche Spielchen hatte er jetzt keine Zeit.
Endlich konnte er den Parkplatz verlassen. Rasant fuhr er nach St. Aubin zurück. Erst unterwegs wurde ihm klar, wie dramatisch die Ermittlungen sich soeben verändert hatten. Wenn Constance Farrow tatsächlich ihre Schwester umgebracht hatte, war sie eine gefährliche Mörderin. Hatte sie vielleicht einen männlichen Komplizen, der auch hinter dem Mord an Jolanta Nowak steckte und bei beiden Mordopfern seine Fingerabdrücke hinterlassen hatte?
Plötzlich war alles denkbar.
In Emily Blooms Teegeschäft war an diesem Vormittag viel mehr los als sonst. Tim und sie hatten alle Hände voll zu tun, um die vielen Kunden in dem kleinen, engen Laden zu bedienen.
Alles musste schnell gehen. Emily wog den Tee ab, Tim verpackte und etikettierte die Teetüten. Draußen nieselte es, während drinnen der wohlige Duft exotischer Teesorten den Raum füllte.
Natürlich wusste jeder, dass Mrs. Bloom eine Leiche gefunden hatte. Einige Kunden hatten Debbie Farrow persönlich gekannt. Emily musste deshalb ununterbrochen Fragen beantworten, was sie zwar geduldig tat, aber auch so ausweichend wie möglich. Mrs. Olivier und Mrs. Hickmott ließen sich von Tim sogar Klappstühlchen aus dem hinteren Teelager holen, angeblich, damit sie sich von ihren Einkäufen ausruhen konnten. In Wirklichkeit wollten sie nur noch ein Weilchen den interessanten Antworten lauschen, die Emily den anderen Kunden gab.
Plötzlich schob sich ein roter Anorak in den Laden. In ihm steckte Constance. Sie zog sich die nasse Kapuze vom Kopf und lächelte Emily schüchtern zu. Auch Tim hatte sie schon gesehen und schaute fragend von seiner Waage zu Emily auf.
»Kannst du mal einen Moment allein bedienen?«, raunte sie ihm zu.
Tim nickte, und Emily gab
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