Was du nicht weißt: Roman (German Edition)
ich jetzt deine Hilfe.«
»Was soll ich tun?«
»Benutze dein Gedächtnis, Emily. Ich weiß, dass ich oft Witze darüber gemacht habe. Aber im Grunde habe ich dich immer darum beneidet. Und ich denke, jetzt ist die Zeit gekommen, dass wir mit dem ganzen Unfug aufhören und dass du uns hilfst.«
Erstaunt hob Emily die Augenbrauen. Solche Töne hatte sie noch nie von ihm gehört. »Und wieso kommst du gerade jetzt darauf? Als Debbie ermordet wurde, wolltest du mich nicht mal in deiner Nähe haben.«
»Ich kann dir genau sagen, warum ich meine Meinung geändert habe. Als ich gestern hier im Büro mit Constance gesprochen habe, hat sie mir berichtet, wie detailliert du alles wiedergeben konntest, was Debbie dir vor Monaten erzählt hat. Und dass du immer noch nach übersehenen Zusammenhängen suchst, weil der Mord dir keine Ruhe lässt.«
»Was ist daran so erstaunlich? Das hättest du dir doch denken können, dass ich das tue.«
Conway suchte nach den richtigen Worten. Er schien seine Ehrlichkeit nicht zu bereuen.
»Vermutlich bin ich zu sehr daran gewöhnt, Ermittlungen nach unserem üblichen Schema durchzuführen. Aber heute Nacht habe ich begriffen, dass das, was momentan auf unserer Insel vor sich geht, alle üblichen Kategorien sprengt.« Er schüttelte sorgenvoll den Kopf. »Da ist etwas im Gange, Emily, das einen schrecklicheren Hintergrund hat, als wir uns vorstellen können. Ich fühle das. Die Mordkommission geht von einem Serientäter aus, aber das ist nur die Oberfläche. Es muss dabei um mehr gehen als nur um den Rachefeldzug eines Liebhabers.«
Emily nickte. Zum ersten Mal seit vielen Jahren fiel ihr auf, dass Harold auch zu freundlicheren Tönen fähig war. »Ich denke, du hast recht. Und mir tut es genauso leid, dass wir uns nicht schon früher in Ruhe aussprechen konnten.« Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Frieden?«
Lächelnd schlug er ein. »Frieden.«
Erleichtert blickte sie ihn an. »Was erwartest du jetzt von mir?«
»Dass du mir alles über Debbie und Constance sagst, was dein Gedächtnis hergibt.«
Sie lächelte, obwohl sie überrascht war, und versuchte, mit einem Scherz Zeit zu gewinnen.
»Du meinst, ich werde deine Geheimwaffe?«
»So könnte man es nennen, ja.«
Emily wurde wieder ernst. »Erwarte nicht zu viel von mir, Harold. Es stimmt zwar, dass mir nach und nach einzelne Gespräche mit Debbie einfallen, aber das meiste davon ist viel zu vage.« Sie wurde nachdenklich. »Bis auf ein paar Äußerungen von Debbie, die mit ihrem Kind zu tun haben.«
Er merkte auf. »Mit dem Tod ihres Kindes?«
»Ja. Wenn du dich erinnerst, wir haben schon mal darüber gesprochen. Gleich nachdem ich Debbie gefunden hatte.«
Es war ihm sichtlich unangenehm, an die Arroganz erinnert zu werden, mit der er sie damals behandelt hatte.
»Da hast du nur gesagt, dass sie immer noch Schwierigkeiten hatte, mit Davids Tod fertig zu werden.«
»Inzwischen bin ich immer mehr davon überzeugt, dass Debbie Zweifel daran hatte, dass David eines natürliches Todes gestorben ist.«
»Wie kommst du darauf?«
»Eigentlich kreisten alle Gespräche mit ihr nur um Davids Tod. Jetzt kannst du sagen, das ist normal für eine Mutter, die ihr Kind verliert. Aber mir sind in den vergangenen Tagen ein paar Sätze eingefallen, in denen Debbie immer wieder von Nachforschungen spricht, die sie angestellt hat.«
»Zum Beispiel?«
»Nimm nur mal mein letztes Treffen mit ihr in der Stadt. Da hat sie gesagt, als es wieder mal um David ging: Aber ich mache Fortschritte. Ich weiß jetzt von Dingen, die ich vorher nicht wusste. In meiner Naivität dachte ich natürlich, sie meint damit, dass sie jetzt besser mit Davids Tod umgehen kann. Aber heute Nacht fiel mir wieder ein, was sie mir gesagt hat, als wir uns vor ein paar Wochen zufällig am Strand getroffen haben. Vor uns rannten ein paar Kinder zum Wasser. Debbie zeigte auf einen kleinen Jungen und meinte traurig: So alt wäre David jetzt auch. Wenn die Ärzte mehr für ihn getan hätten. Und wissen Sie was? Am Ende wussten diese verdammten Götter in Weiß nicht mal, woran er wirklich gestorben ist. Vielleicht hätte ich doch einer Obduktion zustimmen sollen. Aber das konnte ich seinem kleinen Körper doch nicht antun …«
Emily machte eine kleine Pause. Es war ihr nicht leichtgefallen, diese Sätze zu wiederholen.
Geduldig wartete Harold Conway, bis sie sich wieder im Griff hatte.
Sie fuhr fort: »Die dritte Bemerkung über Davids Tod, die mich im Nachhinein
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