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Was du nicht weißt: Roman (German Edition)

Was du nicht weißt: Roman (German Edition)

Titel: Was du nicht weißt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Beling
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Augenblick der Einzige, der ihr Näheres über die Krankheit seines kleinen Neffen David sagen konnte, und sie hatte bisher noch nicht mit ihm gesprochen.
    Sie fuhr direkt von Harold Conway weiter zum Hafen von St. Helier.
    Im Büro des Hafenmeisters sagte man ihr, an welcher Pier Oliver heute mithalf, ein Schiff aus Holland zu entladen. Emily bedankte sich und nahm gleich den Hinterausgang, der eigentlich nur dem Personal zur Verfügung stand.
    Sie kletterte die schmale Metalltreppe zu den Booten hinunter, drängte sich an einem Stapel leerer Holzpaletten vorbei und blickte sich suchend um. Es war viel los um diese Zeit. Da mit der Flut ein halbes Dutzend Schiffe in den Hafen eingelaufen waren, musste das Entladen schnell gehen.
    Die Pier, wo Oliver arbeitete, lag am hintersten Hafenbecken. Emily beschloss, einfach quer durch das Gelände dorthin zu laufen.
    Schon von Weitem erkannte sie die holländische Flagge. Das Schiff sah ziemlich runtergekommen aus. Auf der Kaimauer davor standen neben einem roten Gabelstapler ein paar Hafenarbeiter zusammen. Zwei von ihnen, wie alle anderen in blauem Overall, beugten sich über etwas, das am Boden lag.
    Erst als Emily näher heranging, entdeckte sie, dass ein Mensch auf dem Pflaster lag und sich krümmte. Man hatte ihn auf eine gelbe Plastikfolie gelegt, der Kopf war hochgelagert auf einem der heruntergefahrenen Hebearme des Gabelstaplers.
    Es war Oliver Farrow. Emily erkannte ihn sofort wieder, auch wenn sie ihn seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hatte. Sein wachsbleiches Gesicht glänzte vor Schweiß. Die Augen hatte er geschlossen.
    Während Emily auf die Gruppe zueilte, rief einer der Männer: »Sind Sie die Ärztin?«
    »Nein. Leider nicht. Aber wenn ich helfen kann …«
    Der Mann winkte ab, zog sein Handy aus der Tasche und begann zu telefonieren. Offenbar sprach er mit der Hafenleitung.
    Emily wandte sich an den Ältesten in der Runde. »Das ist doch Oliver Farrow, nicht wahr? Was ist passiert?«
    Der Mann stand breitbeinig vor ihr, seine Finger spielten mit einer zusammengerollten Schiffsleine.
    »Wenn Sie Oliver kennen, können Sie sich’s ja fast denken. Keine Ahnung, was er diesmal wieder geschluckt hat, aber es muss ziemlich heftig gewesen sein. Wir tippen auf Kokain. Jack hat ihn hier draußen gefunden.« Er zeigte auf den Arbeiter, der gerade telefonierte.
    Emily kniete sich neben Oliver auf den Boden. Seine Gesichtszüge wirkten verkrampft, und sein Brustkorb hob und senkte sich erschreckend schnell. Sie strich ihm mitfühlend über die Haare. Er schien es gar nicht zu bemerken.
    »Ist denn der Notarzt schon verständigt?«, fragte sie besorgt.
    »Schon vor eine Viertelstunde.«
    Emily stand wieder auf. Mit gedämpfter Stimme wandte sie sich wieder an den Hafenarbeiter.
    »Darf ich Sie etwas fragen? Ich bin eine Bekannte der Familie Farrow, und ich war eigentlich gekommen, um mit Oliver über seine Cousine Debbie zu sprechen … Sie haben sicher von diesem Mordfall gehört.«
    »Natürlich.«
    »Hat Oliver mal darüber gesprochen?«
    »Nur ein Mal, allerdings arbeiten wir hier ja nicht ständig im selben Team. Aber uns hat er erzählt, dass sie seine Lieblingscousine war und dass ihr Tod ihn sehr mitgenommen hat. Als wenn eine Schwester stirbt, hat er gesagt. Aber fragen Sie am besten Tony Kinross und Jack Dorey, die waren öfter mit ihm zusammen als ich. Warten Sie mal.«
    Er ging zu zwei Männern, die auf der anderen Seite des Gabelstaplers standen, und redete kurz mit ihnen. Der Größere der beiden stach durch sein Äußeres unter den anderen Arbeitern hervor. Dennoch hatte ihn Emily bisher noch gar nicht bemerkt. Er war Ende dreißig, hatte breite Schultern und trug als Einziger keinen Overall, sondern eine rote Wachsjacke, wie auch Segler sie tragen. Er sah interessant aus, mit äußerst wachen blauen Augen und einem intelligenten Gesicht. Emily musste unwillkürlich an einen amerikanischen Schauspieler denken, der in die Rolle eines Arbeiters geschlüpft war.
    Im diesem Moment rollte der Krankenwagen auf die Kaimauer. Er fuhr bis kurz vor den Gabelstapler. Zwei Sanitäter und der Notarzt sprangen heraus und knieten sich neben Oliver. Mit erfahrenem Blick stellte der Arzt fest, dass Oliver Farrow so schnell wie möglich entgiftet werden musste. Schnell hatten die Sanitäter den Körper auf der Trage festgeschnallt und im Krankenwagen untergebracht. Mit eingeschalteter Sirene fuhr der Wagen im Rückwärtsgang vom Hafengelände.
    Für Emily war es, als

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