Was du nicht weißt: Roman (German Edition)
skeptisch gemacht hat, stammt von Constance. Wörtlich sagte sie: Aber er bekam plötzlich Lähmungen, von einem Tag auf den anderen. Keiner wusste, warum. Die Ärzte vermuteten, dass es an den vielen Infektionen lag. Und an der seltenen Erbkrankheit, die er hatte. David war Bluter. Er muss es von Debbies Vater geerbt haben. «
Conway stand auf. Jetzt hatte sein Gesicht wieder Farbe. Unruhig fuhr er sich mit der Hand über die kurzen Haare. »Debbies Kind! Emily, das ist genial! Wir haben über alles nachgedacht, aber kein Mensch ist darauf gekommen, dass an diesem Punkt etwas nicht stimmen könnte!«
Emily bremste seine Euphorie sofort wieder.
»Moment, Harold. Debbies Zweifel müssen ja noch lange nicht beweisen, dass es sich hier um einen Ärzteskandal handelt. Ich habe mal im Internet nachgelesen. Ein Kind, das an der Bluterkrankheit leidet, lebt immer gefährlich. Vielleicht haben die Farrows das einfach nicht wahrhaben wollen …«
»Kann ja alles sein. Aber auch ein anderes Szenario lässt sich nicht ausschließen. Einer der Ärzte vertuscht einen tödlichen Fehler. Debbie kriegt es raus, trifft sich mit ihm und droht, dass sie es an die Öffentlichkeit bringt. Das würde übrigens auch erklären, warum heute Nacht jemand ihre Wohnung durchsucht hat.«
»Und wie erklärst du dir dann, dass der Täter auch schon Jolanta Nowak umgebracht hat?«, fragte sie.
»Vergiss nicht, dass auch Jolanta Nowak wegen ihrer Schwangerschaft im Krankenhaus war.«
Emily dachte nach. Es war geradezu beängstigend, wie logisch plötzlich alles klang. Sie erschrak. Ihr war gar nicht bewusst gewesen, dass sie mit ihren Gedächtniszitaten den Ermittlungen einen ganz neuen Weg eröffnen konnte.
Harold war mit seinen Überlegungen bereits einen Schritt weiter. »Als Erstes werde ich eine Exhumierung der Kinderleiche beantragen. Dann verhören wir jeden einzelnen Arzt, der mit der Behandlung zu tun hatte … Du wirst sehen, Emily, jetzt geht es vorwärts! Dank deiner Hilfe!«
Sie sah ihn skeptisch an. »Harold … Vergiss nicht, dass man jetzt erst mal Constance finden muss! Bitte! Versprich mir, dass das Vorrang hat!«
»Keine Sorge, ich habe längst zusätzliche Leute angefordert. Die sollen uns helfen, endlich den Fahrer dieses ominösen Pick-up zu ermitteln. Wir überprüfen jeden Einzelnen auf der Insel, der so einen verdammten Wagen fährt.«
»Gut, das beruhigt mich.«
Emily fand es geradezu rührend, wie sehr ihr Ex-Schwager sich darum bemühte, ein neues Klima zwischen ihnen aufzubauen. Es war ihm sicher nicht leichtgefallen. Und wenn sie ehrlich war – sie hatte früher auch eine ganze Menge dazu beigetragen, ihn in seiner Eitelkeit zu provozieren. Sie beschloss, ab jetzt genauso fair mit ihm umzugehen wie er mit ihr. Sie durfte ihm nichts mehr vorenthalten. Weder die Sache mit Trevor de Sagan noch das Doppelleben ihres Mannes, auch wenn es ihr schwerfiel und sie Vikar Ballard gegenüber zur Verräterin wurde.
Sie stand auf und sagte zaghaft: »Harold … Ich würde gerne noch etwas anderes mit dir besprechen …«
Doch Conway war nicht mehr bei der Sache. Er stand am Fenster und schaute mit kritischem Blick zu, wie draußen auf dem Platz vor dem Haupteingang ein Mannschaftswagen der Polizei aus St. Helier vorfuhr. Kaum hatte der Wagen angehalten, ging die Schiebetür auf, und Chefermittlerin Jane Waterhouse sprang heraus. Mit schnellen Schritten verschwand sie im Gebäude. Jeden Augenblick würde sie hier auftauchen.
»Entschuldigung, Emily … Jane Waterhouse ist gerade im Anmarsch. Können wir später weiterreden?«
»Ja, natürlich. Ich warte draußen. Vielleicht weiß sie ja schon was Neues.«
Sie ging zur Tür, während Harold wieder hinter seinem Schreibtisch Platz nahm. Rasch begann er, seine Unterlagen zu zwei ordentlichen Stapeln zu sortieren. »Oder Emily, machen wir es doch so: Du gehst jetzt nach Hause und ruhst dich aus. Sobald ich etwas höre, rufe ich dich an.«
»Wie du willst.«
In der Tür wäre sie fast mit Jane Waterhouse zusammengestoßen, die gerade noch rechtzeitig ausweichen konnte.
»Mrs. Bloom! Haben ich Sie jetzt vertrieben?« Jane Waterhouse bemühte sich um ein freundliches Gesicht.
»Schon in Ordnung«, sagte Emily. »Ich glaube, Sie haben jetzt Wichtigeres mit dem Chef de Police zu bereden.«
»Ja, es eilt leider«, meinte Jane Waterhouse knapp und ging ins Zimmer.
Emily nickte nur und schloss die Tür hinter sich.
Harold Conway blickte scheinbar überrascht von einer
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