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Was es heißt, in den Krieg zu ziehen

Was es heißt, in den Krieg zu ziehen

Titel: Was es heißt, in den Krieg zu ziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Marlantes
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ich mich wirklich entschuldigen?
    Etwa fünf Jahre und zwei Jobs später, mich immer noch vorantastend, hatte ich das Glück, mit dem Professor und Mythologen Joseph Campbell zu Abend zu essen. Ich hatte ihn in der Bar des Hotels gesehen, in dem wir beide wohnten, meine Angst vor einer Zurückweisung überwunden und ihn gefragt, ob ich ihn zu einem Whiskey einladen dürfe. Obwohl er sicher damals schon allen an Mythologie Interessierten bekannt war, stand er doch längst noch nicht so im öffentlichen Interesse. Also wirkte meine Frage vielleicht nicht so aufdringlich, wie sie es später getan hätte. Er sagte: »Wie kann ein richtiger Ire einen Whiskey ablehnen?«
    Darauf folgten ein Abendessen, mehr Whiskey und ein langes, wundervolles Gespräch. Wir kamen auf Vietnam. Ich sprach über meine Schuldgefühle.
    Er sagte: »Hören Sie, Sie haben sich einfach nur auf einer Seite einer Welt der Gegensätze befunden. Denken Sie, die Gegenseite hatte recht, und Ihre Seite war völlig im Unrecht?«
    Ich musste zugeben, dass beide Seiten keine Engel gewesen waren.
    »Sehen Sie nicht, dass das Schicksal des anderen Mannes ihn auf Ihre Gegenseite gebracht hat?«
    Ich nickte.
    »Na, sehen Sie. Und was Sie da zu tun hatten, war, Ihre Rolle zu spielen, mit noblem Herzen. Es sind die Absichten und der Edelmut Ihres Verhaltens in dieser Welt der Gegensätze, worüber Sie sich Gedanken machen müssen. Hatten Sie die richtigen Absichten?«
    Meine Augen wurden feucht. Ich konnte nur nicken.
    »Dann, puh.« Er tat mein Problem mit einer Handbewegung ab. Die Absolution.
    Das moralische Verhalten, das man uns als Kindern beigebracht hat, mit der Brutalität des Krieges zusammenzubringen, ist seit Jahrhunderten ein Problem für Soldaten, die sich ihrem Gewissen verpflichtet fühlen. Das
Mahabharata,
das große, klassische indische Epos, das etwa im Jahr 400 aufgeschrieben wurde, seine Wurzeln aber Jahrhunderte früher in den Mythologien der indoarischen Invasoren und der von ihnen unterworfenen Völker hat, spricht direkt von diesem Dilemma, unter anderem in einem wunderschön geschriebenen poetischen Dialog, der
Bhagavadgita,
zwischen Ardschuna, einem menschlichen Krieger, und Krischna, einem Gott, der die menschliche Gestalt von Ardschunas Wagenlenker angenommen hat. [12] Ardschuna, der Kriegerheld des Mythos, wird in seinem Wagen vor dem Heer des Feindes gezeigt, die Schlacht steht bevor, und er sieht seine Verwandten und viele Freunde auf der Seite des Feindes. Niemand will gegen seine Familie und Freunde kämpfen, und jeder mit einem Gewissen versehene Krieger der Zukunft wird jemand sein, der die gesamte Menschheit als Brüder und Schwestern sieht.
     
    Ardschuna betrachtete das große Spektakel. Er sah die Helden bereit zur Schlacht, und er sah all jene, die ihm lieb waren. [13]
    Sie waren Großväter, Lehrer, Onkel, Brüder, Söhne, liebe Freunde, Kameraden. Er wurde von Mitgefühl für sie alle erfüllt, und seine Stimme zitterte vor Kummer, als er sagte: »Krischna, ich fühle, wie mich eine schreckliche Schwäche ergreift … Krischna, in meinem Kopf dreht es sich, und ich fühle mich schwach. Meine Glieder weigern sich, mich aufrecht zu halten … Ich sehe all die an, die mit mir verwandt sind, und ich fühle, ich kann nicht gegen sie kämpfen … Ich will diesen Krieg nicht gewinnen … Warum sollte ich für das vergängliche Vergnügen, diese Welt zu regieren, die Söhne Dhritarashtras töten wollen? Sie waren gierig, böse, geizig, begehrlich, das gebe ich zu. Dennoch sind sie meine Cousins, und es ist eine Sünde, die eigenen Verwandten zu töten. Lieber wende ich mich vom Krieg ab. Es wäre sogar besser, von Duryodhana getötet zu werden. Ich will nicht kämpfen.« Ardschuna brach auf dem Sitz seines Wagens zusammen. Er hatte Bogen und Pfeile weggeworfen und wurde von Trauer überwältigt.
    Zuerst versucht Krischna, Ardschuna wiederaufzurichten, indem er an dessen Vernunft appelliert und ihm erklärt, wie gefährlich die Situation ist. Das misslingt. Dann appelliert er an seinen Stolz und tadelt Ardschuna, dass er sich von seinen Gefühlen überwältigen lässt. Auch das misslingt. Am Ende verspottet Krischna Ardschuna und zweifelt an seiner Männlichkeit. Das ist traditionell der Augenblick, da sich der Großteil der Männer der Herausforderung stellt, wenigstens war es vor Vietnam und der Frauenbewegung so. Ardschuna wankt nicht.
    »Wie kann ich meine Pfeile auf Bhishma und Drona abschießen?«, fragt Ardschuna

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