Was habe ich getan?
Gedanken ihres kleinen Mädchens bot. Sie war froh, dass sie trotz ihrer ursprünglichen Befürchtungen nach Bristol gefahren war. Kate musste sich jedoch einen Anflug von Enttäuschung eingestehen. Tief in ihrem Innersten hatte sie insgeheim gehofft, einen Blick auf ihre Tochter zu erhaschen. Es war schwierig gewesen, sich nicht gleich ein Wiedersehen auszumalen, bei dem sich beide in die Arme fielen.
Sie fragte sich, wie es Stacey zu Hause gehen mochte, und hoffte, sie würde einfach nach Penmarin zurückkommen, den Rest ihrer Sachen zusammenpacken und zu ihrer Mum und ihrem Bruder zurückkehren. So sehr sie Stacey auch vermissen würde, Kate wusste, dass sie dorthin gehörte. Auf lange Sicht war das für sie das Beste.
Die Auseinandersetzung mit Tanya in der vergangenen Nacht lastete schwer auf ihr. Sie würde Janeece anrufen und sie um Rat fragen. Drogenmissbrauch und Sucht waren Janeece’ Spezialgebiet, obwohl Kate vermutete, dass es sich bei Tanya eher um gelegentlichen Konsum aus Langeweile handelte als tatsächlich um Abhängigkeit. Sie musste sie mehr beschäftigen. Vielleicht mit einem Job im Dorf, im Pub? Nein, nicht im Pub, was für eine dumme Idee! Dieser verdammte Rodney Morris. Allein der Gedanke an ihn brachte eine neue Welle der Empörung mit sich.
Sie würde darüber nachdenken und einen Ausweg finden, egal, was passieren mochte. Kate gefiel Tanyas Einstellung, auch wenn ihre Energie manchmal ein bisschen fehlgeleitet wurde. Wenn sie es sich genauer überlegte, musste Kate angesichts von Tanyas detaillierter Beschreibung des kleinen Drogentütchens sogar lachen. So ein freches Ding! Sie würde zurückgehen und mit ihr reden, damit sie alle wieder in ruhige Gewässer zurückfinden und nach vorn blicken konnten.
Kate atmete die frische Seeluft ein. Das Leben war schön.
Tanya verschloss ihre Zimmertür und drehte den schweren Schlüssel, bis ihr das beruhigende Knacken sagte, dass sie ungestört ans Werk gehen konnte. Im Badezimmer holte sie das, was sie sich gerade gekauft hatte, aus der weißen Plastiktüte. Sie wickelte den dünnen roten Zellophanstreifen von der rechteckigen Schachtel, dann löste sie die Schutzhülle. Tanya, deren Jeans und Slip ihr wie ein Nest um die Knöchel lagen, machte sich über die anstehende Aufgabe keine großen Sorgen. Indem sie sich in Gedanken an einen ganz anderen Ort begab, konnte sie noch ein bisschen länger so tun als ob nichts wäre.
Nachdem alles erledigt war, wusch Tanya sich gründlich die Hände, achtete darauf, auch unter den Nägeln zu putzen und zwischen den Fingern einzuseifen. Sie klopfte sich die Handflächen an dem flauschigen weißen Handtuch trocken. Dann atmete sie, wie sie es immer tat, den frischen Duft ein, den diese Flüssigseife auf ihrer Haut hinterließ. Berauscht von dem ihr zu Kopf steigenden Blütenduft holte sie tief Luft. Sie liebte dieses kleine Ritual. Es hatte so viele Gelegenheiten gegeben, bei denen sie keine Seife und keine Möglichkeit gehabt hatte, sich zu waschen.
Das Plastikröhrchen lag auf der Glasablage über dem Waschbecken. Tanya war ein bisschen mulmig zumute, als sie daran dachte, was auf dem Spiel stand. Ihre Hand zitterte ein klein wenig, als sie es hin und her drehte. In Wahrheit kannte sie das Ergebnis, bevor sie hinschaute. Sie wusste es, weil ihr Instinkt es ihr in den vergangenen sechs Wochen immer wieder gesagt hatte.
Die leichte Übelkeit, die Müdigkeit, ihre Gefühlsduselei – es war sehr leicht gewesen, sich jedes dieser Phänomene zu erklären und abzutun. Es konnte an der neuen Umgebung oder an Toms ungewohntem Essen liegen. Selbst die Seeluft war dafür verantwortlich gemacht worden. Das alles hatte plausibel und vernünftig geklungen. Doch tief in ihrem Innersten wusste Tanya, dass die Symptome genau die gleichen gewesen wären, ob sie sich nun in London oder in Timbuktu aufgehalten hätte.
Sie konnte sich an die Stunde, wenn nicht gar an die Minute der Empfängnis erinnern. Es war weder schön noch romantisch oder überlegt gewesen. Das war es ja nie. Sie war zu ihm gegangen, um sich zu verabschieden und ihm zu erklären, dass sie einen Neuanfang ohne ihn wagen wolle, fern von diesem Leben, von dieser Versuchung. Er war ruhig und erstaunlich verständnisvoll gewesen, hatte ihr vorgegaukelt, dass sie ihm nie wirklich etwas bedeutet hatte, dass er bereits eine Nachfolgerin an Land gezogen hatte. Doch das spielte jetzt keine Rolle mehr.
Nach einem, zwei, vielleicht drei Drinks hatten sie das
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