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Was habe ich getan?

Was habe ich getan?

Titel: Was habe ich getan? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Prowse
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dem Pub vom Sehen kannte, aber auch verschiedene Ladenbesitzer und Lieferanten des Hauses. In den hinteren Reihen saßen einige von Tanyas Freunden und Bekannten aus London. Einer von ihnen konnte der Exfreund sein, ein Jugendlicher mit krausen Haaren und tiefblauen Augen. Kate lächelte ihm zu, weil ihr daran lag, dass er sich in dieser fremden Umgebung am traurigsten aller Tage getröstet fühlte. Sie freute sich für Tanya, dass ihre Freunde die Reise unternommen hatten, die ohne eigenes Auto weder billig noch bequem war. Der Junge lächelte verlegen in ihre Richtung, steckte die Hände in die Taschen seiner Lederjacke, dem einzigen schwarzen Kleidungsstück, das er trug. Er blickte Kate weiter verstohlen an, als fragte er sich, wie viel sie wusste. Jedenfalls so viel, dass ein nettes Mädchen für ihn den Kopf hingehalten hatte und eigentlich etwas Besseres verdient hätte.
    Tanyas Mutter hatte die Teilnahme abgelehnt und gesagt, es wäre am besten, wenn sie nicht käme. Am besten für wen?, fragte sich Kate. Wahrscheinlich hatte die Frau sogar recht, da weder sie noch Natasha für die Wahrung der Höflichkeit garantieren konnten. Sie wären dafür einfach zu erschöpft gewesen.
    Rodney hatte die ganze Bestattung bezahlt, das war zweifellos seine Art der Entschuldigung. Doch Kate fand das zu wenig und zu spät. Was hatte er gesagt? Was Tanya anbelangt, ist meine Neugier mehr als befriedigt. Dieser Scheißkerl.
    Es schwebten zu viele »Ach-wenn-doch-nur« unter den normannischen Deckenbalken. Rodney dachte: Wäre ich doch nur früh genug zum Strand gegangen, dann hätte ich sie von ihrer Tat abhalten können. Natasha wünschte sich, sie hätte Tanya in ihren Kunststunden ein bisschen stärker bedrängt. Sie hatte bereits gemerkt, dass sie äußerst verletzlich war. Hätte sie doch nur tief genug gegraben, um Tanyas Plan aufzudecken und sie an der Umsetzung zu hindern.
    Tanyas Leiche war noch immer nicht geborgen worden. Das war gut so, dachte Kate, weil es ihnen allen ermöglichte, sie mit ihren Sommersprossen und dem breiten Lächeln in Erinnerung zu behalten. Der leere Sarg stand vorn in der Kirche auf seinem Katafalk.
    Kate dachte an den Tag von Tanyas Ankunft in Penmarin zurück.
    Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass man, wenn man bis auf der anderen Seite schwimmen könnte, in Kanada ankommen würde. – Kanada bei Amerika? Wollen Sie mich veräppeln? – Nein, es stimmt – wenn du schwimmen würdest, bis du an wieder einen Strand kommst, dann würde dir wahrscheinlich ein berittener kanadischer Polizist ein Handtuch reichen. Stell dir das mal vor. – Ich kann nicht schwimmen. – Würdest du es gern lernen? – Nein.
    Tanya hatte die Worte laut und nachdrücklich hervorgestoßen.
    Kate dachte an die letzten Tage vor Tanyas Tod zurück. War ihr etwas Wichtiges entgangen? War sie zu streng mit ihr gewesen? Sie hätte die Dinge anders anpacken müssen, hätte Unterstützung und Verständnis anbieten sollen statt Tadel. Was würde Kate nicht dafür geben, dass Tanya jetzt hier wäre, völlig zugedröhnt, aber immer noch da.
    Sie blickte zu den lächelnden Heiligen mit den ausgebreiteten Armen in den Buntglasfenstern hinauf, durch die das Sonnenlicht in Grün- und Blaugrünschattierungen auf die versammelte Trauergemeinde fiel. Einige Worte aus Tanyas Abschiedsbrief gingen Kate immer wieder durch den Kopf.
    Kate, ich habe immer alles vermasselt, und es tut mir leid, dass ich auch dich enttäuscht habe. Mach ohne mich weiter. Die Welt wird Tanya Wilson nicht vermissen – wer war sie denn schon?
    Während die Gemeinde ein bekanntes Gebet sprach, flüsterte Kate in den Äther hinauf: »Ich werde dich vermissen, Tanya Wilson, ich werde dich immer vermissen.«
    Kate schüttelte den Kopf, um das Bild zu vertreiben. Sie wünschte, sie könnte aufhören, an die Trauerfeier zu denken. Sie wollte Tanya mit ihren feuerroten Haaren und der schalkhaften Miene in Erinnerung behalten, nicht diesen traurigen Anlass, der das Sinnbild ihres größten Versagens war. Vielleicht mit der Zeit …
    Ihre Worte durchbrachen die Stille und waren für ihre Freundin überraschend.
    »Tash, ich schließe das Haus zur Aussicht. Hier möchte ich nicht mehr leben.«
    Natasha schwieg eine ganze Minute lang.
    »Ich denke, es ist zu früh, eine solche Entscheidung zu treffen, Kate. Du brauchst Zeit, um alles zu verarbeiten. Schau, wie du dich fühlst, wenn wir wieder zur Normalität zurückgekehrt sind.«
    »Zur Normalität zurückgekehrt?

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