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Was habe ich getan?

Was habe ich getan?

Titel: Was habe ich getan? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Prowse
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ihr zu sagen, dass er bereits daran gedacht hatte und belegte Brote vorbereiten würde, sobald das Mittagessen fertig war. Nicht etwa, dass sie eine Tyrannin gewesen wäre, weit gefehlt. Die ganze Belegschaft arbeitete sehr gern für Kate und mit ihr zusammen. Aber manchmal führte ihre Detailversessenheit und ihre Fürsorge für die Mädchen dazu, dass sie sich unnötigerweise um Dinge Sorgen machte, die die Angestellten auch ohne ihre Bemerkungen oder Vorschläge bestens erledigen konnten.
    »Bin schon dabei.«
    Sie lächelte ihm nach, während er seinen Weg in Richtung Treppe fortsetzte. Selbstverständlich war er das, der gute Tom.
    Tom war innerhalb der Gemeinde ein Fürsprecher für ihr Haus geworden und erzählte jedem, der ihm zuhören wollte, was es Gutes an sich hatte. Die Unterstützung, die man ihnen entgegenbrachte, war unglaublich. Viele Einheimische kamen regelmäßig zu Besuch, denn alle wollten mit einbezogen werden. Der erste Besuch geschah vielleicht aus reiner Neugierde, doch der zweite und dritte erfolgte dann, weil den Leuten die Atmosphäre und das Gefühl der Hoffnung gefiel, das hier vorherrschte. Die wenigen Menschen, die vehement dagegen waren, blieben das auch. Zum Glück war Penmarin gerade groß genug, dass man ihnen nicht regelmäßig über den Weg lief.
    Natalie, die sie nach achtmonatigem Aufenthalt erst kürzlich verlassen hatte, arbeitete gegenwärtig im hiesigen Feinkostladen. Sie wohnte in einem möblierten Zimmer über dem Geschäft und hatte einen festen Freund.
    Viele der Mädchen hatten eine ähnliche Anstellung gefunden und Akzeptanz erfahren. Das waren Kates Erfolgsgeschichten. Sie hoffte von Herzen, dass Tanya, wenn die Zeit gekommen war, ähnlich vorteilhaft untergebracht werden konnte.
    Kate saß auf der Holzbank und lauschte dem lauten Ticken der Uhr am Bahnsteig. Das weiß gestrichene Holzvordach wurde von gepflegten Blumenampeln geschmückt. Nirgends war irgendwelcher Müll auf dem Boden zu sehen. Und was Graffiti-Schmierereien anbelangte, so bezweifelte sie, dass das Wartungsteam so etwas je zu Gesicht bekommen hatte. Es war der Bahnhof einer längst vergangenen Ära. Selbst der Bahnhofsvorsteher stand auf seinen polierten Absätzen wippend da, eine gezückte Taschenuhr und eine zusammengerollte Flagge in der Hand. Sie rechnete fast damit, Miss Marple aus einem Zug mit Dampflok aussteigen zu sehen, den Topfhut ein bisschen schief auf dem Kopf.
    Doch als der Zug einfuhr, brachte er das einundzwanzigste Jahrhundert mit, denn es war ein glänzendes rot-gelbes Geschoss, überkrustet vom Schmutz der soeben passierten Städte. Kate erspähte Tanya sofort. Zwischen den Gruppen, Paaren und Eltern, die ihre Kinder an den Händen hielten, stand ein junges Mädchen, das sich umblickte und schon durch die Tatsache auffiel, dass es allein war. Seine Verwirrung verstärkte sich, als ihm klar wurde, dass es nicht wusste, nach wem oder was es Ausschau halten sollte.
    Kate eilte mit erhobenem Arm und winkend auf die Jugendliche zu, weil sie ihr die Angst vor dem Unbekannten schnellstmöglich ersparen wollte. Die dünnen Beine des Mädchens steckten in einer engen schwarzen Jeans. Seine Sportschuhe waren abgetragen und schmutzig, und seine dürren Ärmchen ragten aus den weiten Ärmeln eines T-Shirts heraus. Rote Haare hingen ihm in zwei dünnen Strähnen zu beiden Seiten des blassen Gesichts herab, doch das Auffallendste an ihm waren die Lippen – blutrot und voll – ein perfekter Schmollmund. Es erinnerte Kate an eine zerbrechliche Porzellanpuppe.
    »Tanya! Hallo.«
    »Hallo.«
    Tanyas Stimme war leise und drang aus einer Kehle, die entweder aufgrund von Dehydrierung oder Nervosität trocken war. Ihr Blick schoss von Kate zu der Menschenmenge um sie herum, dann zum klaren blauen Himmel hinauf, doch das alles zu verarbeiten, war offenbar zu viel für sie.
    »Schön, dass du da bist. Wie war die Reise?«
    »Lang.« Sie warf Kate ein kurzes Lächeln zu.
    »Ja, das kann ich mir denken. Ich bin Kate, und du bist hier sehr willkommen, Tanya.«
    Dann kam der Blick von der Seite unter dem Pony hervor: Wo ist da der Haken? Warum war diese Fremde nett zu ihr? Was wollte sie?
    »Hast du Gepäck dabei?«
    Tanya bückte sich und griff nach der kleinen Sporttasche zu ihren Füßen. Diese war etwa dreißig Zentimeter lang, aber trotzdem groß genug, um Tanyas ganze Habe aufzunehmen.
    Die beiden Fremden gingen zusammen vom Bahnsteig zum Parkplatz. Kate achtete darauf, es mit dem freundlichen

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