Was habe ich getan?
Elektrorollator und einer Vorliebe für Knurrhahn angemacht.«
»Menschenskind, was bist du für ein stilles Wasser! Wie hast du reagiert?«, kreischte Natasha und erinnerte Kate dabei an ihre Schwester, als sie im Teenageralter gewesen war.
»Ich habe dankend abgelehnt.«
»Du veräppelst mich. Bist du verrückt? Achtzigjährige, die einen speziell angefertigten Elektrorollator besitzen und Knurrhähne schwingen, sind in dieser Gegend ziemlich rar gesät.«
»Ich weiß. Aber ich habe es geschafft, ihm zu widerstehen. Doch um ehrlich zu sein, Tash, selbst wenn es Mr Clooney höchstpersönlich mit jungen Sprotten für zwei gewesen wäre, hätte ich Nein gesagt. Ich hatte an genug anderes zu denken.«
»Hast du dir wenigstens seine Nummer geben lassen?«
»Nein! Ich habe dir doch gesagt, dass ich kein Interesse habe.«
»Nicht für dich, du dämliche Kuh, für mich.«
Die beiden lachten, während sie den Kaffee mit Küchentüchern aufwischten und die Porzellanscherben aufsammelten. Kate dachte, wie wunderbar es war, einen Becher kaputt zu machen, ohne in dem Wissen in Angstschweiß auszubrechen, dass sie später für dieses Missgeschick bestraft werden würde.
Die Küchentür ging auf. Da stand Tanya mit leicht geröteten Wangen und wild zerzausten Haaren. Sie sah schön aus.
»Hallo, was war das für ein Getöse? Hast du auf einem Motorrad gesessen? Falls ja, hoffe ich, dass du einen Helm aufhattest.«
Kate war sich bewusst, dass ihr Tonfall ein bisschen zu tadelnd klang, aber die Situation war kniffelig. Sie wünschte sich, dass Tanya sich mit einem Jungen zusammentat, der das Richtige tun und sie gut behandeln würde. Jeder, der röhrend davonbrauste, ohne sie zur Tür zu begleiten oder sich vorzustellen, fiel nach Kates strengen Kriterien bereits durch. Ihr fiel es schwer, nicht auf der Etikette von Mountbriers zu bestehen.
Kate verspürte ein großes Verantwortungsgefühl für sämtliche Bewohnerinnen, die unter ihrer Obhut standen. Am schwersten fiel es ihr, objektiv zu bleiben. Sie konnte Tanyas neuen Freund nur durch ihre Brille betrachten. Ein unpassender Junge, das Mitglied einer falschen Clique führte zwangsläufig zu Schwierigkeiten.
»Danke, Kate, aber ich bin ein großes Mädchen. Ich habe ihm gesagt, dass er mir einen Helm besorgen muss«, antwortete Tanya und verdrehte die Augen.
»Dann ist es ja gut. Davon abgesehen, dass der Helm Vorschrift ist, die Straßen in der Gegend sind kurvenreich und gefährlich. Ich mache mir um deine Sicherheit Sorgen.«
»Ja. Kurvenreich und gefährlich, verstanden. Darf ich gehen?«
»Selbstverständlich kannst du gehen, Tanya. Ich will dir nur klarmachen, wie gefährlich es ist, und Interesse an deinem neuen Freund zeigen. Es wäre gut, wenn er das nächste Mal hereinkommt und Hallo sagt, wenn er dich abholt oder nach Hause bringt.«
»Hm, ich glaube nicht. Das wäre ziemlich uncool.«
»Ich mache mir Sorgen um dich, Tanya. Das ist für dich alles neu, und ich will, dass du es langsam angehen lässt.«
»Nein, Kate, das ist überhaupt nicht das, was du meinst. Du willst nicht, dass ich glücklich bin. Du willst, dass ich herumsitze und so tue, als wäre ich traurig und niedergeschlagen wie Tracey oder wie die heißt, damit du die großartige Helferin spielen und dich trotz deines beschissenen Lebens ein bisschen besser fühlen kannst. Darum machst du das doch, nicht wahr?«
Kates Antwort war wohlüberlegt.
»Ach, Tanya, ich würde mir wünschen, dass es so wäre. Ich würde mir wünschen, dass ich mich selbst heilen könnte, indem ich dir und anderen helfe. Aber leider funktioniert das nicht.«
Tanya schlug die Hände vor das Gesicht und sprach durch die Lücken zwischen ihren schlanken Fingern.
»O mein Gott, Kate, es tut mir leid. Ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe. So habe ich es nicht gemeint.«
»Es ist schon gut, Tanya. Ich freue mich sogar ehrlich darüber, dass du sagen kannst, was du denkst. Du lieber Himmel, als du vor ein paar Wochen angekommen bist, hast du nur genickt und allem zugestimmt. Du hast in sehr kurzer Zeit große Fortschritte gemacht.«
»Es ist nur, dass ich nicht daran gewöhnt bin, dass jemand nett zu mir ist. Ich denke, jede Bemerkung führt zum Streit, deshalb neige ich dazu, mich gleich zur Wehr zu setzen.«
»Das verstehe ich, Tanya. Sei unbesorgt. Ich werde nicht mehr darüber sprechen.«
Tanya blickte nachdenklich und ein wenig unsicher drein, als sie die Treppe zu ihrem Zimmer hinaufstieg.
Natasha
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