Was ist koscher - Jüdischer Glaube
vergessen. Darum ist es nicht üblich, an Schabbat oder an Feiertagen Tefi llin zu legen, denn dann sind wir aus dem Alltag sowieso herauskatapultiert.
Wie legt man nun Tefi llin? Man legt die Box, die für den Arm vorgesehen ist, auf den »schwächeren« Arm, das ist für die meisten Menschen der linke. Linkshänder legen die Armtefi llin auf den rechten Arm. Das Kästchen wird auf den Bizeps gelegt, dann bindet man den Riemen siebenmal um den Un-terarm. Anschließend legt man die KopĞ efi llin. Der Lederriemen ist so gebunden, dass man die Box aufl egen kann und der Riemen um den ganzen Kopf liegt, die Enden hängen dann links und rechts vom Hals lose nach unten. Das Kästchen wird oberhalb der Stirn auf den Vorderkopf gelegt, nicht zwischen die Augen.
Dann widmet man sich wieder dem Arm. Der Riemen wird jetzt um die Gelenke des driĴ en und vierten Fingers gewi-ckelt und schließlich um die ganze Hand, so dass die Riemen drei hebräische Buchstaben bilden, die »Schaddai« bedeuten: der »Allmächtige«.
Auff ällig ist, dass das Kästchen am Kopf vier Einkerbun-gen hat, während das Kästchen für den Arm ganz glaĴ ist.
Die Weisen erklären, dass man in den Gedanken vielfältig 70
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sein soll, doch in der Tat dann entschieden. Und diese Tat soll von Herzen kommen, darum bindet man auch das Kästchen an den linken Arm, der am Herzen liegt. Linkshänder haben da ein Problem, doch sie müssen die Regel befolgen, dass die Tefi llin grundsätzlich auf dem schwächeren Arm zu binden sind.
Natürlich ist das Anlegen der Tefi llin verbunden mit entsprechenden Segenssprüchen. Danach kann das Morgengebet beginnen.
Tefi llin sind eines der ältesten Zeichen des Judentums. Man hat bei Ausgrabungen in Israel Tefi llin gefunden, die mehr als dreitausend Jahre alt sind. Es ist schon etwas Besonderes, als Jude heute Tefi llin anzulegen und zu wissen, dass nicht nur der eigene Vater, der Großvater und die Ahnen bereits mit Tefi llin beteten, sondern Juden vor tausend, zweitausend und dreitausend Jahren. Es ist ein sehr starkes Gefühl, das vorläu-fi g letzte Glied einer uralten KeĴ e zu sein, einer Tradition, die sich niemals hat zerstören lassen, die alle Angriff e, alle Veränderungen, alle Einfl üsse bis auf den heutigen Tag überlebt oder so integriert hat, dass der Kern des Glaubens nicht berührt wurde.
In unserer immer schneller werdenden Welt, in der politische und kulturelle Gewissheiten von heute morgen schon wieder obsolet sind, hat diese KeĴ e der jüdischen Tradition etwas Tröstliches. Selbst wer kein gläubiger Mensch ist, ist von der KraĞ des uralten Rituals berührt. Tefi llin, Tallith, Zizit, Gebet – sie haben allein durch ihre lange Tradition eine Art Ewigkeitswert erhalten. Die Transzendenz eines Rituals entwickelt sich auch durch die immer währende Wiederholung desselben über alle Generationen hinweg.
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Warum ist Juden Israel so wichtig?
Die Stammväter
Um zu verstehen, warum Israel uns Juden so wichtig ist, muss man weit in unsere Geschichte zurückgehen. Alles begann mit Abraham, den wir als unseren Stammvater ansehen. Wir glauben, dass wir Abkömmlinge jenes Abraham sind, der ungefähr in der Zeit von 1900-1700 v.d.Z. gelebt hat. Er stammte aus Stadt Ur. Ur liegt im heutigen Irak. Abraham wuchs in einer Welt auf, die verschiedene GöĴ er kannte. Sein eigener Vater haĴ e einen Laden, in dem er kleine Götzen verkauĞ e, die Menschen in der Hoff nung anbeteten, dass ihr Leben dadurch besser würde.
Es muss ein einträgliches GeschäĞ gewesen sein, denn als Abraham zum ersten Mal von GoĴ , dem Einen und Einzigen, angesprochen wurde, erhielt er eine interessante Alternative: GoĴ sprach zu ihm, dass er ihn zum Stammvater einer gro-
ßen Nation machen würde, wenn er sein komfortables, sicheres Leben aufgäbe. Abraham akzeptierte diesen Vorschlag, wenngleich er allen Grund zum Zweifeln gehabt häĴ e: Er und seine Frau waren nicht mehr ganz jung und haĴ en keine Kinder. Wie also sollte er jemals der Ursprung einer großen Nation werden? Doch diese Frage stellte er hintan. Denn er war von seiner Begegnung mit GoĴ , dem Einen und Einzigen, so durchdrungen, dass er unbedingt glaubte und vertraute.
So hörte er auf GoĴ und zog mit seiner Frau und einer Gruppe Gleichgesinnter los. Sie wurden Nomaden und Schä-
fer und wanderten in Richtung Kanaan, dem Land, das GoĴ
ihm
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