Was ist koscher - Jüdischer Glaube
Israeli, egal ob Sefarde oder Aschkenasi, Hebräisch wie ein Sefarde. Die ost- oder westeuropäische Sprechweise fi ndet sich in Israel nur noch in einigen ultra-orthodoxen Kreisen, die nicht von ihrer Tradition lassen, oder in sehr frommen Kreisen in der Diaspora. Ein jüdisches Kind, das heute in der Diaspora Hebräisch lernt, bekommt nur noch das israelische Hebräisch in der sefardi-115
PюѢљ Sѝіђєђљ
WюѠ іѠѡ јќѠѐѕђџӓ
schen Vokalisation beigebracht. Wie gesagt, die Gebetstexte beider großer Gruppen blieben beinahe identisch. Das war der späte Lohn für die Mühen, die sich Jochanan ben Sakkai und seine Getreuen gemacht haĴ en. Die Übereinstimmung der Rituale bei Sefardim und Aschkenasim auch noch nach Jahrhunderten war der beste Beweis dafür, dass es den Weisen von Javneh gelungen war, das Judentum so zu transformieren, dass in Ermangelung eines eigenen Staates die Thora und der Talmud zur »transportablen Heimat« aller Juden geworden waren.
Natürlich gab es unterschiedliche Rituale, unterschiedliche zusätzliche Gebete, die sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt haĴ en. Auch war das aschkenasische orthodoxe Judentum wesentlich rigoroser als das sefardische, denn in der islamischen Welt durĞ en die Juden einen wesentlich grö-
ßeren Anteil am normalen gesellschaĞ lichen Leben haben als in der christlichen Welt, doch man war sich im Ritus, im Kult, im Glauben ganz und gar nicht fremd. Im Gegenteil. Die Texte und Entscheidungen großer Rabbiner wurden hüben wie drüben angenommen. Der aschkenasische Rabbi Gerschom aus Worms entschied einst im MiĴ elalter, dass Juden nicht mehr mehrere Ehefrauen haben dürĞ en – wie das aus den biblischen und orientalischen Zeiten noch gang und gäbe war.
Er wollte, dass Juden sich an die Gepfl ogenheiten ihres Gast-landes anpassten, solange diese nicht den Gesetzen der Thora widersprachen. Aber die Anzahl der Ehefrauen war biblisch nicht festgelegt. Es war eine Gepfl ogenheit aus dem Vorderen Orient, die so in Europa nicht mehr weitergeführt werden konnte. Dieser rabbinischen Entscheidung beugten sich sehr oĞ auch die Sefardim. Und so kommen wir jüdischen Männer nicht mehr in den Genuss von mehreren Frauen gleichzeitig.
Manche sagen: zum Glück.
116
PюѢљ Sѝіђєђљ
WюѠ іѠѡ јќѠѐѕђџӓ
Einer der wichtigsten Gesetzcodices ist der »Schulchan Aruch«, der »Gedeckte Tisch« des sefardischen Rabbiners Josef Karo. Der Schulchan Aruch gilt natürlich auch für die Aschkenasim, wenngleich sie noch einige besondere Regeln hinzufügten, die ihren Gewohnheiten entsprachen. Auch hier, zur Anschaulichkeit, ein Beispiel.
An Pessach ist es verboten, »Gesäuertes« zu essen, also alles, was irgendwie gären könnte. Dies in Erinnerung an den Teig, den die Juden beim hastigen AuĠ ruch aus Ägypten aus dem Ofen nehmen mussten, obwohl er noch nicht aufgegangen war, noch nicht gegärt haĴ e. Dieses ungesäuerte Brot, die Mazza, ist das Brot der Freiheit. Und so isst man an den acht Tagen von Pessach überhaupt nichts, was gären könn-te. Was aber könnte gären? Aschkenasim und Sefardim sind sich da in der Beurteilung überwiegend einig. Doch wie auch in anderen Bereichen gehen die europäischen Frommen ein klein wenig weiter. Für sie ist Reis auch Getreide und somit
»Gesäuertes«, für die Sefardim aber nicht. Daher wird man Reis an Pessach im Hause von aschkenasischen Juden nicht auf den Tisch bringen. Die orientalischen Juden haben damit kein Problem. Inzwischen aber gibt es vor allem in Israel viele Ehepaare, die »gemischt« sind. In einem Haushalt, in dem die Frau sefardisch ist und der Mann aschkenasisch, muss eben einer bestimmen, nach welcher Tradition an Pessach gegessen wird.
Wie wir sehen, haĴ en sich am Vorabend der Moderne notge-drungen überall auf der Welt Juden angesiedelt. Sie lebten in ganz Europa, in Nordafrika, im Orient und sogar in einigen asiatischen Ländern. HaĴ en sie das gewollt? Nein, gewiss nicht. Schuld daran war die Zerstörung ihrer Heimat, die Vertreibung. Später dann, im Galut, im »Exil«, lag es an dem 117
PюѢљ Sѝіђєђљ
WюѠ іѠѡ јќѠѐѕђџӓ
christlichen Antij udaismus und den im Vergleich milderen antij üdischen Ausschreitungen der Muslime, dass Juden sich immer wieder auf die WanderschaĞ machen mussten, um irgendwo eine neue Bleibe zu fi nden. So wurden sie zerstreut über die ganze Welt.
118
PюѢљ Sѝіђєђљ
WюѠ іѠѡ јќѠѐѕђџӓ
Gibt es ein
Weitere Kostenlose Bücher