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Was Liebe ist

Was Liebe ist

Titel: Was Liebe ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Woelk
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umdrehen«, nickt er, »aber nicht die unter meinem Fuß, sondern die andere. Nicht die rechte, sondern die linke.«
    »Muss sie entscheiden«, sagt der Hütchenspieler und weist auf die Blonde, die ihre Hand jetzt zurückgezogen hat und die beiden Männer abwechselnd ansieht. »Ist ihr Spiel. Sie sagt, welche Schachtel sie umdrehen will. Sie sagt, nicht du.« Und dann wendet er sich direkt an die junge Frau zu seinen Füßen und fügt hinzu: »Sag ihm, ist dein Spiel. Du sagst, welche Schachtel du umdrehst.«
    »Wir wissen, welche Schachtel sie umdrehen will«, sagt er. »Die rechte, die unter meinem Schuh – das ist ihre Entscheidung. Und wenn die Kugel unter der rechten Schachtel ist, dann kann sie nicht unter der linken sein. Das ist es, was ich meine. Wenn sie die linke Schachtel umdreht und dort liegt keine Kugel, dann hat sie gewonnen.«
    Der Hütchenspieler schweigt einen Moment. Er hält die zwei Hundertmarkscheine in der Hand, die er von der Blonden bekommen hat. Das Geld bereits einzustecken, bevor das Spiel zu Ende ist, wäre zu auffällig. Die Freundlichkeit ist aus seiner Stimme gewichen, als er sagt: »Nimmst du Fuß weg, und wir vergessen ganze Geschichte. Dann spielst du.«
    »Ich möchte nicht spielen. Es ist ganz einfach. Sie soll die linke Schachtel aufdecken.«
    Doch anstatt die linke Schachtel umzudrehen und damit ihre Chance zu wahren, ihr Geld zurückzubekommen, streicht die Blonde sich unentschlossen eine Haarsträhne ausdem Gesicht. Sie legt den Kopf in den Nacken und sieht den Hütchenspieler an. Ihr Blick ist fast zärtlich. Sie möchte von ihm geliebt und nicht betrogen werden. Dieser Wunsch ist stärker als die Stimme der Vernunft, die ihr sagt, dass er ihr Feind ist.
    Der Hütchenspieler spürt, dass sie nicht bereit ist, sich dem Fremden anzuvertrauen. Er spürt die Macht, die er über sie hat. In der Welt, aus der er stammt, ist er es gewohnt, dass Frauen sich seinem Willen beugen. Dass für Frauen zu lieben bedeutet zu gehorchen.
    Er sagt: »Ist ihr Spiel, sie muss entscheiden, du musst akzeptieren.«
    »Drehen Sie die linke Schachtel um«, sagt er zu ihr.
    »Warum denn?«, sagt sie abweisend. »Ich habe mich für die rechte entschieden.«
    »An Ihrer Entscheidung ändert sich ja nichts«, versucht er sie von seinem Vorschlag zu überzeugen.
    Sie sagt: »Wenn die Kugel links liegt, habe ich verloren.«
    »Dann läge rechts keine, und Sie hätten bei Ihrer Entscheidung für die rechte Schachtel ebenfalls verloren.«
    Die Haltung, in der er dasteht, einen Fuß angehoben, ist unbequem. Er denkt darüber nach, die Sache abzukürzen, indem er sich selbst hinunterbeugt und das linke Schächtelchen aufdeckt. Aber das würde bedeuten, ihren Willen zu ignorieren und sie letztlich nicht anders zu behandeln als der Hütchenspieler. Das möchte er nicht. Er möchte es nicht einfach nur besser wissen als sie. Er möchte nicht, dass sie gehorcht, sondern sie davon überzeugen, dass er auf ihrer Seite ist. Wie kann er das?
    Vielleicht steht ihr der Hütchenspieler mit seiner zugleich werbenden und brutalen Art näher. Vielleicht ist sie es nicht gewohnt, respektiert zu werden. Vielleicht macht Respekt sie misstrauisch. Vielleicht will sie gar nicht frei sein.
    Zoe steht neben ihm. Sie hat aufgehört, an ihrer Zigarette zu ziehen. Er spürt die Intensität, mit der sie ihn und die Situation jetzt beobachtet. Er startet noch einen Versuch, die Blonde von der Logik seiner Überlegungen zu überzeugen: »Es ist mehr als wahrscheinlich, dass weder rechts noch links eine Kugel liegt. Sie werden Ihr Geld also verlieren, ganz gleich, welche Schachtel Sie aufheben. Es sei denn, Sie machen es so, wie ich es sage. Heben Sie die linke Schachtel auf, um zu beweisen, dass die Kugel unter der rechten liegt. Nur so können Sie ihn zwingen, Ihnen das Geld wiederzugeben. Er kann nicht vor uns allen zugeben, dass er die Kugel hat verschwinden lassen und dass weder links noch rechts eine liegt.«
    Er setzt die Blonde zu sehr unter Druck. Ihre Augen werden feucht, und die Ablehnung, mit der sie ihn ansieht, verwandelt sich in Wut und Verzweiflung: »Warum mischen Sie sich ein!«
    »Du sagst, ich bin Betrüger?!«, fährt der Hütchenspieler ihn an und wendet sich ihm frontal zu. Man spürt jetzt die Gefahr, die darin liegt, sich mit ihm anzulegen. Er tänzelt wieder. Die Grenze seiner Bereitschaft, eine Auseinandersetzung verbal zu führen, ist erreicht. Die Kehrseite der warmherzigen Art, mit der er um Kundschaft

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