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Was man so Liebe nennt

Was man so Liebe nennt

Titel: Was man so Liebe nennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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von Schlaflosigkeit durch seine Nacht. Er spürte jede Bewegung der Frau an seiner Seite, hörte jeden Atemzug (einmal hatte er versucht, dem entgegenzuwirken, indem er seinen Atem genau mit dem der Frau synchronisierte, aber es nutzte nichts, sie veränderte dauernd ihren Rhythmus im Schlaf). Und er konnte sich mühen, wie er wollte, es gelang ihm nicht, sich an ihre Schlafstellung anzupassen. Gleich in welcher Position sie lag, gleich wie er sie umschlungen hielt, es lief immer nach demselben Muster ab: Nach ein paar Minuten anfänglicher Bequemlichkeit, während der die Frau unweigerlich einschlief, wich ihm das Blut aus dem Arm, auf dem gerade fast ihr ganzes Gewicht lagerte. Wenn es Vic überhaupt je gelang, das dann folgende peinigende Kribbeln zu ignorieren — und er war kein Mann, dem es leichtfiel, das Geflüster seines Körpers zu übergehen, ganz zu schweigen von dessen Schreien und Rufen —, so wurde er im nächsten Moment vom ständigen Gekitzel ihres Haars auf seinem Gesicht besiegt. Dann zog er den Kopf weg und verrenkte dabei den Hals in genau dem Winkel, der den heftigsten Muskelkrampf zur Folge hatte. Sogar bei Tess war das so, mit der er sich zu allen anderen Zeiten so wohl fühlte wie mit sich selbst. Und so blieb Tess sehr selten bis zum nächsten Morgen in seiner Wohnung, weil sie wußte, daß er sie irgendwann mit seiner wilden Schlaflosigkeit aus dem Bett ins Gästezimmer vertreiben würde. Es war immer dasselbe.
    Bis er mit Emma schlief.

    An irgendeinem Punkt einer Affäre fängt einer der Partner davon zu sprechen an, welch ein Jammer es doch ist, daß man nie die ganze Nacht zusammen verbringen kann; und meistens ist das einer der Punkte, vor dem dem anderen am meisten graut. Bei Vic und Emma war es Emma, die davon anfing, und Vic, dem dabei schummrig wurde, aber weniger wegen der üblichen Schwierigkeiten hinsichtlich Zeit, Ort und Ausreden; er dachte einfach an seinen Schlaf.
    »Aber wo?«
    »Hier.«
    » Hier ? Aber bis jetzt sind wir hier ja noch nicht mal unter die Bettücher gekrochen.« Es stimmte: In der Wohnung über dem Rock Stop hatten sie sich immer auf der Bettdecke geliebt. Vic nahm seine Hand von ihrem an seine Brust geschmiegten Kopf und zupfte an dem Nylonbettuch unter der himmelblauen Wolldecke. »Ich weiß nicht, ob wir das tun sollten. Wenn wir uns unter den Dingern hier herumwälzen, dann laden sie sich so auf, daß wir bestimmt an Stromschlag sterben.«
    Emma lachte, beharrte aber: »Ich meine es ernst, Vic. Ich möchte eine ganze Nacht mit dir verbringen — daß du da bist, wenn ich aufwache. Es deprimiert mich langsam, immer nur am Dienstagnachmittag herzukommen.«
    Vic nickte und empfand plötzlich ein ganz neues Gefühl: Angst — die Angst, daß Emma vielleicht so deprimiert wurde, daß sie sich fragte, ob ihre Affäre das lohnte. Bei der Wucht, mit der das alles auf ihn einstürmte, verlor er den Boden unter den Füßen.
    Er mußte ihr Gespräch auf sicheres Terrain zurücklenken, und so legte er den Kopf zwischen ihre Schulterblätter, ließ seine Hand ihren Rücken hinunterwandern und schob damit gleichzeitig die Bettücher hinab. Emma fröstelte leicht.
    »Gehst du immer noch in dieses Bräunungsstudio?«
    Als Vic Emma kennenlernte, war sie durch eine Phase gegangen, in der sie der genetischen Anlage ihrer Haut trotzen wollte, indem sie ein Fitneßstudio mit Sonnenbänken besuchte.
    »War eine Ewigkeit nicht mehr da. Krebsauslösend, habe ich irgendwo gelesen. Warum?«
    »Es würde mir gut gefallen, wenn du braun wärst. Aber nicht überall.«
    »Warum?« Sie ließ sich eine Weile ablenken, hypnotisiert von seiner streichelnden Hand. Ihre Haut, die sofort auf das Entblößtsein reagierte, fühlte sich kalt und gläsern an. Vic hatte flüchtig das Gefühl, stilles Wasser aufzurühren.
    »Ich verstehe nicht, warum Frauen immer so wild auf Ganzkörperbräune sind. Es ist so viel sexier, wenn man die Umrisse von BH und Slip sehen kann.«
    »BH und Slip?«
    »Na, du weißt schon. Die Bikinistreifen.« Er verstummte. Seine Hand wanderte zu ihrem Po hinunter, und seine Finger riefen ihm dessen köstliches W vor Augen — wie bei einem Blinden, der wieder und wieder seine Braille-Lieblingspassage liest. Aus ihren Öffnungen spürte er die Hitze, die ihr Körper langsam und konstant freisetzte. »Ich mag es, wenn man an Frauenkörpern die Spuren von Kleidern sehen kann. Das ist — als hätten sie was Nacktes an.«
    Er betrachtete ihr Gesicht, das seitlich auf dem

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