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Was scheren mich die Schafe: Unter Neuseeländern. Eine Verwandlung

Was scheren mich die Schafe: Unter Neuseeländern. Eine Verwandlung

Titel: Was scheren mich die Schafe: Unter Neuseeländern. Eine Verwandlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Richter
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erlebt.
    »Wie gefällt Ihnen Neuseeland?«, frage ich in typischer Kiwi-Manier. So schnell wechselt man die Seiten.
    »Ach, so viele flippige Typen überall, ganz toll!«, ruft Windfurch aus. Fast so toll wie sein Sohn, der in Harvard studiert hat und jetzt für die Bill-Clinton-Stiftung arbeitet, was rein gar nichts mit dem Drehort und dem Fernsehfilm zu tun hat, aber vom Regisseur dringend erwähnt werden muss – schließlich hat man ja nicht immer die Weltpresse dabei. Überhaupt, dieses Neuseeland: Nichts zu meckern hat er daran. Auch oben im Norden, beim Dreh in Waitangi, lief fast alles wie am Schnürchen. Da durfte das Filmteam eine Begrüßungszeremonie am historisch bedeutungsvollsten Ort der Ureinwohner aufnehmen. Es muss eine langwierige Abstimmung gewesen sein, vermute ich. So ohne Weiteres lässt sich dieser Ablauf, den ich schon auf dem Marae erlebt habe, wohl nicht in einer Seifenoper verwursten.
    »Die Ma-ooris, die haben alles für uns gemacht, getanzt und so, und dann diesen, diesen«, er streckt die Zunge raus, »na, den Haka!« Er sprüht. »Mit denen muss man ein bisschen umgehen wie mit Kindern. An die Hand nehmen, einfach lachen.« Er macht es vor, nimmt meine Hand, schwenkt sie etwas umher und lacht dabei. Ich verkrieche mich tiefer in meine Daunenjacke.
    »Wenn man denen was gesagt hat, dann haben sie einfach weitergesungen. Was die Musik angeht«, er rümpft die Nase, zieht die Augenbrauen hoch, »– na ja, Hawaii lässt grüßen.«
    Dann sei da noch »so ein exotischer Priester« gewesen, erzählt er mir. »Der hat den Platz eingeweiht in dieser unverständlichen Sprache. Das sind Momente, in denen man nachdenklich wird.«
    Der Priester fuhr auf einer Harley Davidson davon, und das machte den Regisseur noch nachdenklicher.
    »Ein echter Maori-Rocker. War wohl ein Hell’s Angel.«
    Es gab weitere Ungereimtheiten. Die Ureinwohner wollten nicht, dass die traditionelle Begrüßungszeremonie von den findigen Fernsehfritzen flugs zur ›Maori-Hochzeit‹ umdeklariert wurde, nur weil die Serienstars laut Drehbuch irgendwo Ringe tauschen mussten. Das Fernsehpublikum wird das schon nicht so eng sehen wie die Ureinwohner, dachte sich der Regisseur. Ein kleiner Schönheitsfehler, mehr nicht. Die Verstimmung kann er sich ganz einfach erklären.
    »Da ist jede Gruppierung eifersüchtig auf die andere. Die helfen sich nicht gegenseitig. Sind ja alles eigene Stämme.«
    Scharf beobachtet, und das nach nur zehn Tagen im Lande. Ich wünschte, Haki Waiomio könnte diesen Maoriologen hören.
    »Etwas düpiert« sei er lediglich gewesen, dass die singenden Stammesbrüder – halb Kinder, halb Rocker – einer Jazzband aus Auckland den Auftritt auf ihrem heiligen Platz erlaubten, aber sich beim Alptraumschiff aus Deutschland so anstellten.
    »Schade, dass die nicht auf uns zukommen mit ihrer Kultur. Wir zeigen das ja einem großen Publikum.«
    Ansonsten hätten sie ihm alle geholfen auf der Irrfahrt ins Glück. Selbst die Schafe spielten mit. Mit seinem Moonboot kickt der Regisseur schwungvoll ein paar Schafköttel Richtung Abhang.
    »Nur die japanischen Touristen«, jetzt lacht er wieder auf, »die gingen uns nie aus dem Weg!«
    Bevor der Mann zu einer Analyse der asiatischen Wesensart ansetzen kann, schaue ich mich Hilfe suchend nach Face 2000 um. Der läuft bereits mit Sonja Halverstamm und den anderen zum Kleinbus am Ende der Wiese. Eine Ausflugstour steht an. Die Darsteller haben für heute abgedreht und wollen auf den größten Abenteuerspielplatz der Welt. Unter ›Spielen‹ versteht man in Queenstown, sich in Gurte, Seile oder Schwimmwesten verschnüren, kräftig durchschütteln und von einem spiegelbebrillten Jungmann mit Testosteronüberschuss und einer noch höheren Toleranzschwelle für Touristengekreische pausenlos ›mate‹ nennen zu lassen.
    An der Pier legen stündlich Jetboote zur Schlingerfahrt über den See ab. Dort steht Sonja Halverstamm in hellem Schaffellmantel und mit blonder Lockenpracht neben Dietmar Sägel und sinniert über das Panorama. Sonja Halverstamm ist der Star von ›Irrfahrt ins Glück‹. Einst hat sie ›Benjamin-Blümchen-TV ‹ moderiert, in ›Manta, Manta 2‹ debütiert, war 245 Tage mit einem Golflehrer verheiratet und zog sich nackt für TV aus. Trotz dieser Eckdaten ist sie erstaunlich natürlich, was sicher daran liegt, dass sie an Feng Shui glaubt und Gedichte schreibt.
    »Neuseeland – das ist so, als ob Kanada und Irland ein Kind bekommen haben«,

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