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Was sich kusst das liebt sich

Was sich kusst das liebt sich

Titel: Was sich kusst das liebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manning Sarra
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dass ich abnehmen muss, und zwar nicht bloß ein paar Pfund. Aber es hat trotzdem furchtbar wehgetan.«
    » Du hast deine Großmutter väterlicherseits nie kennengelernt, weil sie lange vor deiner Geburt starb. Wie dem auch sei, sie war ziemlich dick.« Ihre Mutter biss sich auf die Unterlippe, sprach aber weiter. » Dein Dad redet nicht gern darüber, aber ich finde, du solltest es wissen. Sie hatte Herzprobleme, und dann hat sie sich mit Diabetes infiziert…«
    » Mit Diabetes infiziert man sich nicht, Mum«, sagte Neve. Sie konnte einfach nicht anders, wenn jemand ein Verb falsch verwendete.
    » Also, sie bekam Diabetes, aber sie wollte ihre Ernährung partout nicht umstellen, und dann wurde sie auf einem Auge blind und hatte riesige Probleme mit den Zähnen und den Füßen… Man musste ihr zwei Zehen amputieren, und als sie starb, war sie gerade mal einundfünfzig und hinterließ drei minderjährige Kinder, die danach auf sich selbst gestellt waren. Das ist kein Alter um zu sterben, Neve. Und deine Tante Susan ist auf dem besten Weg, ihrem Beispiel zu folgen. So ist das eben in der Familie deines Vaters. Sie neigen zu Fettleibigkeit.«
    Gustav hatte Neve vor der Ausarbeitung ihres Trainingsprogramms zum Arzt geschickt, damit sie ihre Blutwerte testen ließ, und zu ihrem Entsetzen war ihr Blutzuckerspiegel deutlich erhöht gewesen. Inzwischen lag der Wert konstant bei akzeptablen 90Milligramm pro Deziliter. Ja, Typ-2-Diabetes war ihr bereits zu der Zeit, als sie noch 160Kilo gewogen hatte, ein Begriff gewesen, aber das Wissen allein hatte sie nie davon abgehalten, sich noch einen Schokoriegel einzuverleiben.
    » Inzwischen bin ich geradezu unfassbar fit, Mum«, versicherte Neve ihrer Mutter. » Ich bin zwar noch immer zu schwer, aber gesund; mein Körper ist gut in Schuss. Ich schnaufe nicht mehr wie eine Dampflok, es sei denn, Gustav zwingt mich zu einer Intensiv-Trainingseinheit ohne Pause.«
    » Ich weiß ja nicht, wie so eine Intensiv-Trainingseinheit aussieht, aber dein Vater und ich sind sehr stolz auf dich. Er sagt oft, dass du genauso aussiehst wie seine Mutter, als sie jünger war. Letztes Jahr zu Weihnachten hat er gedacht, er sieht ein Gespenst, als du zur Tür hereinspaziert bist.« Sie tätschelte Neves Arm. » Es würde ihm unendlich viel bedeuten, wenn du ihn wieder etwas mehr an deinem Leben teilhaben lässt. Was ist denn schon dabei, wenn er dir mal einen tropfenden Wasserhahn repariert?«
    » Ich überleg’s mir.« Neve legte den Kopf noch einmal an ihrer Schulter ab. » Danke, dass du mir von Grandma Slater erzählt hast. Zumindest verstehe ich jetzt, warum Dad das damals gesagt hat.«
    » Dein Vater findet ja, ich rede zu viel, aber es ist auch nicht einfach, mit einem Mann verheiratet zu sein, der stundenlang nichts weiter sagt als ›Soll ich Teewasser aufstellen, Schatz?‹«
    » Aber du würdest ihn nicht anders haben wollen, stimmt’s?«, fragte Neve.
    Ihre Mutter verzog das Gesicht und ließ sich für Neves Geschmack etwas zu lange mit der Antwort Zeit. » Tja, ich hätte nichts dagegen, wenn er Pierce Brosnan ein bisschen ähnlicher sähe, aber ich mag ihn auch so«, schnaubte sie und brach dann in hyänenartiges Gelächter aus.

Kapitel 24
    An dem Tag, an dem Max aus LA zurückkommen sollte, wartete ein Brief von William auf Neve.
    Normalerweise versetzte sie der Anblick des blauen Luftpostumschlags in Hochstimmung, doch an diesem Morgen bescherte er ihr einen regelrechten Schock. Fast so, als hätte jemand ein paar Hundeköttel durch den Briefkastenschlitz gesteckt. Sie schnappte sich das Kuvert und steckte es in ihre Tasche, und erst in der Mittagspause brachte sie den Mut auf, den Brief zu lesen.
    Hinterher bereute sie es beinahe, denn es war im Grunde genommen der Brief, von dem sie immer geträumt hatte.
    Liebste Neve,
    ich wollte dich anrufen. Ich hätte anrufen sollen, aber manchmal finde ich es einfacher, meine Gedanken und Gefühle zu Papier zu bringen, denn wenn ich sie ausspreche, finde ich manchmal nicht die passenden Worte.
    Mir ist klar geworden, dass ich mich dir gegenüber in den vergangenen Wochen richtig mies verhalten habe. Ich schäme mich und bitte dich, mir den unverzeihlich griesgrämigen Tonfall meines letzten Briefes nachzusehen. Mit » Brief« meine ich die paar Zeilen, in denen ich dich um Tee und Kekse gebeten habe. Ich kann zu meiner Verteidigung nur vorbringen, dass ich damals einen grauenhaften Tag hatte, der in einer Auseinandersetzung mit einem

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