Was sich kusst das liebt sich
drei Stufen hinunter, ohne eine Antwort abzuwarten. Wo zum Geier steckte Max?
Er stand noch genau dort, wo sie ihn zuletzt gesehen hatte– an der Bar, und das freundliche, unbeschwerte Lächeln, das er seinen Gesprächspartnern soeben schenkte, gab ihr das Gefühl, als wäre sie nach einem Schneesturm in ihre kuschelig warme Wohnung zurückgekehrt.
Sie machte sich auf den Weg durch die Menschenmassen, setzte dabei sogar die Ellbogen ein, wenn es sein musste, und legte sich im Geiste bereits die Tirade zurecht, die sie gleich vom Stapel lassen würde. Sie dachte ja nicht daran, den morgigen Tag mit Mandys fiesen Freundinnen zu verbringen. Kein Training, kein Wellness, kein gar nichts. Niemals. Nur über ihre Leiche. Und wenn Max dafür einen Arzt auftreiben musste, der ihr per Attest bescheinigte, dass sie krankheitsbedingt nicht dazu in der Lage war. Jawohl. Doch als sie näher kam, stellte sie fest, dass er sich noch immer mit Mandys Eltern unterhielt. Jean hatte sich bei ihm untergehakt und lauschte ihm andächtig, mit schief gelegtem Kopf, und als Max geendet hatte, klopfte ihm Bill auf den Rücken, eine Spur zu fest offenbar, denn Max ging leicht in die Knie. Die kurze Szene versetzte Neve einen Stich.
Vielleicht ging ja ihre Fantasie mit ihr durch, wie ihre Mutter ihr das oft attestierte, aber Max schien in Jean und Bill tatsächlich eine Art Ersatzeltern gefunden zu haben. Das hier war nicht nur ein Publicity-Event für ihn. Er war von Menschen eingeladen worden, die ihn mochten, und sie wollte nicht, dass diese Menschen am Montagmorgen nach Hause fuhren und sagten: » War ja ganz schön, Max mal wiedergesehen zu haben, aber seine Freundin ist echt zum Vergessen. Ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter.«
Sie würde wohl oder übel ihre Wut hinunterschlucken, die Zähne zusammenbeißen und den morgigen Tag einfach über sich ergehen lassen müssen. Hoffentlich kamen diese Biester nicht auf die Idee, irgendwelche giftigen Substanzen in ihr Enthaarungswachs zu mischen. Zuzutrauen wäre es ihnen. Aber es war ja nur ein Tag; ein Tag ihres Lebens. Das sagten doch auch diese Furcht einflößenden PR -Leute aus LA immer zu Max, wenn er einen Star für ein Fotoshooting zu gewinnen versuchte.
Jetzt hatte Max sie erspäht und winkte ihr zu. Er sagte etwas zu Bill und Jean, die beiden lächelten, und Neve blieb nichts anderes übrig, als ein Grinsen aufzusetzen und sich zu ihnen zu gesellen.
Kapitel 27
» Diesen Gesichtsausdruck kenne ich. So guckt Keith aus der Wäsche, wenn ich ihn zum Tierarzt bringe«, bemerkte Max, als er vor dem Alderley Edge Country Club vorfuhr. Das Klubhaus war ein hässliches viktorianisches Gebäude, das einem völlig überladenen Lebkuchenhaus glich. » Ich dachte, du magst Sport.« Er stellte den Motor ab.
» Tu ich ja auch.« Neve versuchte, sich ihr Unbehagen nicht anmerken zu lassen. Sie hatte vergeblich gebetet, dass Max irgendwo an der A34 einen Unfall bauen würde. Natürlich keinen, bei dem es Tote gab; mit einem gebrochenen Bein wäre ihr schon gedient gewesen. » Ich bin bloß müde.«
» Ah, das ist es also«, sagte er in vielsagendem Tonfall und stieß sie mit dem Ellbogen an. » Ich mach’s heute Nacht wieder gut, versprochen.«
» Was?… Ach, darum geht es nicht.« Sie seufzte, als sie begriffen hatte, was er meinte. » Ich erwarte nicht, dass wir das jede Nacht tun.«
Sie hatte Max am Vorabend in der Hotelbar zurückgelassen, weil er sich » noch ein Gläschen für den Nachhauseweg« genehmigen wollte. Zwei Stunden später war er dann endlich in ihr Zimmer– und über seine Reisetasche– gestolpert und geradewegs zum Bett getaumelt, um etwas zu beginnen, das er nicht beenden konnte, weil er viel zu betrunken war. Er hatte es nicht einmal geschafft, sich allein auszuziehen. Neve hatte ihn hochgezerrt, aus den Kleidern geschält und ihm dabei geholfen, sich die Zähne zu putzen, dann hatte sie ihn sich selbst überlassen, mit dem Ergebnis, dass er die Nacht auf dem Sofa verbracht hatte, denn der Weg zurück zum Bett war einfach zu weit gewesen.
Max legte eine Hand an ihr Kinn und drehte ihren Kopf zu sich. » Was ist dann los? Wovor hast du solche Angst?«
» Ich habe keine Angst«, widersprach sie mit zitternder Stimme.
» Das kannst du mir nicht weismachen. Dafür kenne ich dich inzwischen viel zu gut.« In seinen Tonfall hatte sich ein Spritzer Zitronensaft gemischt. » Ich weiß, Mandys Freundinnen sind ein bisschen… naja… Ihr habt nicht viel gemeinsam,
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