Was sich kusst das liebt sich
Frau, in einen Ballsaal mit Schwingboden geführt, der bei jeder von Neves Bewegungen knarzte. Normalerweise mochte sie Pilates, aber es war schwierig, sich auf Atmung und Tiefenmuskulatur zu konzentrieren, wenn einem so viel durch den Kopf ging.
Am Ende der Stunde ging ein kollektives Aufatmen durch den Saal. Während sich die anderen Mädchen um die Trainerin versammelten, die sie mit eiserner Disziplin beaufsichtigt und weder Gejammer noch Gemecker toleriert hatte, hastete Neve hinaus und zur Treppe, bog jedoch irgendwo falsch ab und irrte eine Weile durch die labyrinthartig verzweigten Gänge, ehe sie die Garderobe fand. Als Mandy und ihre Freundinnen hereinkamen, kramte sie in ihrer Tasche nach ihrem Handy.
Das » Team McIntyre« wirkte nach den Strapazen reichlich mitgenommen und nur noch halb so einschüchternd wie zuvor– struppige Pferdeschwänze statt glänzender Mähnen, die Schminke verlaufen, die rosa Jogginganzüge strotzend vor Dreck. Chelsy legte Neve lächelnd eine Hand auf den Arm. » Danke für deine Hilfe vorhin«, sagte sie und öffnete ihren Spind. » Wir setzen uns jetzt ein bisschen ins Dampfbad, zum Entgiften.«
» Ach, ich glaube, ich gehe gleich duschen«, murmelte Neve und senkte den Blick, als reihum die Klamotten abgelegt wurden. Das Duschen und Umziehen nach dem Sport erledigte sie auch sonst stets zu Hause, um ihren schwabbeligen, pummeligen, von Dehnungsstreifen übersäten Körper nicht vor Publikum entblößen zu müssen, und sie dachte nicht im Traum daran, sich vor sechs praktisch wildfremden Menschen auszuziehen, die sie noch nicht einmal besonders gut leiden konnten.
Sie würde duschen, während die anderen im Dampfbad saßen, und bis sie rauskamen, wäre sie längst wieder in Jeans und Tunika geschlüpft. Mit dem iPhone in der Hand ließ sie sich auf einer der gepolsterten Bänke nieder, die an den Wänden entlang standen, und sah nach, ob sich Max gemeldet hatte. Hatte er nicht. Kein Anruf, keine SMS .
» Komm schon, Neve, wir sind doch unter uns«, rief Emma von der anderen Seite der Umkleide. » Wenn ich mit meinem Fettarsch mich vor allen ausziehe, solltest du auch kein Problem haben.«
» Ja, meine Cellulitedellen haben schon das Cover von heat geziert«, fügte Mandy fröhlich hinzu und betrachtete ihren Hintern im Spiegel. » Findet ihr, dass es seit letzter Woche besser geworden ist?«
» Das nennst du Cellulitedellen? Dann sieh dir mal mich an! Orangenhaut bis zum Hals!«
Neve starrte auf ihre Turnschuhe und stellte auf Durchzug. Sie hatte derlei Gewäsch schon von unzähligen Frauen gehört; Frauen mit Figuren, für die sie alles geben würde. Es war bloß ein Ritual, um Nähe zu schaffen, genau wie bei Männern die Debatten über Fußball.
» Neve! Raus aus den Klamotten und ab ins Dampfbad!«, befahl Emma. Neve schluckte, als ihre rosa lackierten Zehennägel in Neves Blickfeld erschienen.
» Nein, danke, ehrlich«, blökte sie, während sich zwei weitere nackte Fußpaare zu ihr gesellten, und wie sie so dasaß, umringt von Spielerfrauen, hatte sie plötzlich ein Horror-Déjà-vu. Sie würden sie in die Sauna sperren und ihre Kleider verstecken, genau wie früher nach der Turnstunde in der Schule. Nein, das würde Mandy nicht zulassen.
In diesem Augenblick murmelte Mandy etwas von wegen Besprechung mit ihrer Hochzeitsplanerin, zog sich einen Bademantel über und verschwand.
Neve starrte verzweifelt auf den Fußboden.
Dann ließ sich Tasha neben ihr auf die Bank plumpsen. Sie war wenigstens noch angezogen. » Hör mal, ich weiß, wir waren nicht gerade nett zu dir, aber wir kannten dich ja überhaupt nicht. Und Mandy ist doch unsere Freundin.«
» Ich weiß«, murmelte Neve. Hatten sie etwa befürchtet, sie würde Mandy entführen, oder was? » Und Mandy war auch echt nett zu mir, aber…«
» Mandy ist echt nett«, pflichtete Tasha ihr bei. » Sie hätte eine richtig eingebildete Kuh werden können, nach allem, was sie in den vergangenen drei Jahren erlebt hat, aber sie ist noch genau wie früher. Aber viele Leute versuchen, sie auszunutzen, und wir versuchen, das zu verhindern, weil wir ihre Freundinnen sind.«
» Ich würde Mandy niemals ausnutzen!«, rief Neve empört. Sie hob nun doch den Kopf und sah sich mit reichlich gebräunter Haut und nackten Brüsten konfrontiert. » Ich bin ein netter Mensch. Ich geb mir jedenfalls Mühe.«
» Ja, du scheinst ganz in Ordnung zu sein«, stellte Kelly fest und erntete damit zustimmendes Gemurmel. Es klang
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