Was sich liebt, das küsst sich - Gibson, R: Was sich liebt, das küsst sich - Nothing but Trouble
leeres Nichts .
Vor dem Unfall hatte er sich Gedanken über seinen Rückzug aus dem Sport gemacht. Klar hatte er das. Er hatte genug Kohle, um für den Rest seines Lebens nicht mehr arbeiten zu müssen, aber er hatte keineswegs vorgehabt, nichts zu tun. Er hatte geplant, irgendwo als Offensiv-Coach zu arbeiten. Das entsprach seinen Fähigkeiten. Im Geiste Spielzüge vorauszusehen, noch bevor sie ausgeführt wurden, das war seine Stärke. Gassen durchs Gemenge zu finden und Tore zu schießen war sein Talent gewesen, das ihn zu einem der zehn besten Torjäger der letzten sechs Jahre gemacht hatte und das er an seine Mannschaftskameraden hatte weitergeben wollen. Aber um Offensiv-Coach zu sein, und im Grunde auch Defensiv-Coach, musste man Schlittschuhlaufen können. Da führte kein Weg dran vorbei, und Mark konnte nicht mal dreißig Meter ohne Schmerzen gehen.
Er aß noch ein paar Lakritzspiralen und warf die Tüte auf den Tisch neben der Chaiselongue. Als ein Burger-King-Werbespot über den Bildschirm flimmerte, schloss Mark die Augen, und bevor Dr. Phil weiterlief, sank er, die Fernbedienung
noch in der Hand, mit Hilfe seiner Schmerzmittel in einen friedlichen Schlaf. Wie meist in seinen Träumen war er wieder in der Key Arena und focht in den Ecken Zweikämpfe aus. Wie immer hörte er das Geschrei der Zuschauer, den Aufprall der Graphitschläger auf dem Eis und das Schsch messerscharfer Kufen. Er roch Schweiß und Leder und den einzigartigen Duft des Eises. Der kalte Fahrtwind strich ihm über Hals und Wangen, während Tausende von Augenpaaren ihn beobachteten. Die gespannte Erwartung und Begeisterung in den Gesichtern der Zuschauer nahm er nur verschwommen wahr, während er vorbeisauste. Adrenalin brannte in seiner Kehle, während sein Herz heftig pumpte und seine Beine über das Eis hämmerten. Er schaute auf den Puck auf der Schaufel seines Schlägers, und als er wieder hochblickte, sah er sie. Ein klar erkennbares Gesicht in einer schemenhaften Menge. Ihre großen blauen Augen erwiderten seinen Blick, ihr zweifarbiges Haar reflektierte das Licht, und er drehte die Schlittschuhe abrupt zur Seite und stoppte. Alles um ihn herum schwand, während er sie weiter durch die Plexiglas-Einfriedung fixierte.
»Warum sind Sie hier?«, fragte er, mehr als nur verärgert, dass sie aufgekreuzt war und das Spiel zum Erliegen gebracht hatte.
Sie lächelte – das Verziehen ihrer vollen Lippen, das er schon nach einem Tag in ihrer Nähe so gut kannte –, antwortete aber nicht. Er glitt näher zur Plexiglas-Bande und ließ den Schläger fallen. »Was wollen Sie?«
»Dir geben, was du brauchst.«
Es gab so viel, was er brauchte. So viel. Beginnend mit dem Wunsch, etwas anderes zu spüren als den ständigen dumpfen Schmerz und die Leere in seinem Leben.
»Du Glückspilz«, flüsterte sie.
Mark riss die Augen auf und schnappte nach Luft. Er setzte sich so ruckartig auf, dass die Fernbedienung zu Boden fiel. Ihm drehte sich alles, als er unten links auf dem Fernsehbildschirm die Uhrzeit ablas. Er hatte eine Stunde geschlafen. Herrgott, sie hatte schon von seinem Leben Besitz ergriffen. Und jetzt auch noch von seinen Träumen. Warum war in der gesichtslosen Menge ausgerechnet sie ganz klar zu erkennen gewesen?
Er hob seinen Stock vom Boden auf. Gott sei Dank war es kein erotischer Traum gewesen. Er wollte nicht mal dran denken, wegen seiner Assistentin einen Steifen zu kriegen. Nicht mal im Traum.
Die Aluminiumschiene an seiner Hand juckte. Er riss den Klettverschluss auf und warf das Ding beiseite. Dann stand er langsam auf und verließ den Raum. Warum ausgerechnet sie ? Süß war sie schon, seine kleine Assistentin. Und bei Gott, sie hatte einen Körper, der den Verkehr zum Erliegen bringen konnte. Aber verdammt nervtötend war sie auch. Die Gummispitze seines Stocks klopfte auf dem Steinboden, während seine Flip-Flops gegen seine Fersen klatschten. Da er sich ausgeruht hatte und seine Schmerzen ein wenig betäubt waren, lief er jetzt relativ mühelos.
Auf der Granitinsel in der Küche lag die Bartell-Tüte mit den Kondomen, dem Gleitgel und dem Vibrationsring. Er wusste nicht, was zum Henker er mit dem Zeug anstellen sollte. Schließlich sah es nicht so aus, als würde er es in unmittelbarer Zukunft benutzen. Er zog eine Schublade auf und verstaute die Sachen darin.
Was er mit seiner Assistentin anstellen sollte, wusste er genauso wenig. Jammerschade, dass er sie nicht auch in einer
Schublade verstauen und darin
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