Was sie nicht weiss
hektischen Zeiten stets an den häuslichen Esstisch.
»Ich kaufe doch nicht extra mageres Fleisch, um es dann wegzuwerfen!«, hatte sie sich am Telefon so laut entrüstet, dass Lois es hören konnte.
»Frier es ein«, hatte Fred lakonisch vorgeschlagen.
»Nein, du kommst nach Hause! Zeit zum Essen muss sein, schon gleich, wenn es heute wieder spät wird. Am besten fährst du sofort los. Und bring Lois mit.«
»Na gut, du hast gewonnen. Und Lois schleppe ich mit, ob sie will oder nicht.« Er grinste sie an, und sie reckte den Daumen hoch. Nanda ist eine begnadete Köchin, und die Aussicht, mal etwas anderes zwischen die Zähne zu bekommen als immer nur Pizza vom Bringdienst, lockte Lois durchaus.
Fred und Nanda wohnen im Frieseweg, in einem Einfamilienhaus aus den Dreißigerjahren mit einem Garten voller alter Bäume. Nanda, die vor Kurzem sechzig geworden ist, legt Wert auf ihr Äußeres. Das kastanienbraun gefärbte Haar trägt die schlanke, elegante Frau modisch kurz, und sie kleidet sich, anders als viele in ihrem Alter, weder zu jugend lich noch zu altbacken. Lois mag sie gern, nicht zuletzt weil sie herzlich und immer gastfreundlich ist.
»Na, kommt ihr voran mit eurem Fall?«, fragt Nanda. Als langjährige Polizistengattin weiß sie natürlich, dass ihr Mann keine Details verraten darf, dennoch interessiert sie sich für seine Arbeit.
»Vergiss es«, brummt Fred.
»Wie? Etwa gar nicht?«
»Es ist noch vieles unklar«, mischt Lois sich ein. »Wir erhoffen uns Aufschluss von der DNA -Untersuchung, aber das kann noch dauern.«
»Unfassbar, dass jemand abends mit seinem Hund rausgeht und einfach so totgeschlagen wird!« Kopfschüttelnd holt Nanda ein herrlich duftendes Brathähnchen aus dem Ofen. Sie hat die Zeitungsmeldungen verfolgt, in denen allerdings nicht erwähnt war, in welchem Zustand David Hoogland aufgefunden wurde.
»Einfach so ist es wohl nicht passiert, aber das macht die Sache nicht besser«, sagt Lois. »Der Mann war erst achtundzwanzig.«
»Hoffentlich erwischt ihr den Mörder bald, man traut sich ja bei Dunkelheit kaum mehr auf die Straße.« Nanda stellt das Hähnchen auf den Tisch, legt die Ofenhandschuhe beiseite und holt zwei Schüsseln mit Gemüse und Reis. »Dann mal her mit den Tellern! Und guten Appetit!«
Lois lässt sich auftun. »Sieht wunderbar aus, Nanda. Endlich mal was anderes als fettige Pizza.«
»Das sage ich auch immer zu Fred.« Nanda nickt zufrieden. »Ich weiß ja, wie es ist, wenn ihr mitten in den Ermittlungen steckt. Wer gut isst, hält besser durch.«
»Du hast völlig recht«, sagt Lois.
»Wir haben aber nicht viel Zeit«, nuschelt Fred mit vollem Mund. »Sobald wir aufgegessen haben, müssen wir wieder los.«
»Iss langsam, sonst bekommst du bloß wieder Magendrücken«, rät Nanda und wendet sich dann an Lois: »Sag mal, was machst du eigentlich an den Feiertagen?«
»Ich bin bei meiner Schwester eingeladen«, sagt Lois ohne große Begeisterung.
»Ich glaube, du würdest lieber durcharbeiten als die Familie zu besuchen, was?«, bemerkt Fred zwischen zwei Bissen.
»Freihaben will ich an Weihnachten schon, aber ich kann mir tatsächlich Besseres vorstellen, als bei meiner Schwester und meinem Schwager zu dinieren.«
»Warum versuchst du nicht mal rauszufinden, was aus deinem Vater geworden ist?«, fragt Fred unvermittelt. »So schwer kann das doch nicht sein.«
»Nein«, kontert Lois sofort. »Er hat uns verlassen und sich nie mehr gemeldet. Wenn er anscheinend kein Bedürfnis nach Kontakt hat, warum sollte ich mich darum bemühen?«
»Weil er nun mal dein Vater ist, darum. Ich an deiner Stelle würde wissen wollen, wo er abgeblieben ist, ob er noch mal geheiratet und Kinder bekommen hat. Stell dir vor, du hast vielleicht Halbgeschwister! Interessiert dich das denn gar nicht?«, sagt Nanda.
»Nein, tut es nicht!«
Aus dem Augenwinkel sieht Lois, dass Fred seiner Frau ein Zeichen macht, das Thema zu wechseln, was Nanda zwar macht, aber unwillkürlich wieder auf schwierigem Terrain landet.
»Du hast dich doch hoffentlich nicht mit Tessa gestritten, weil du an Weihnachten nicht gern hinwillst? Ich dachte immer, ihr zwei versteht euch so gut«, sagt sie besorgt.
»Aber nein, wir haben keinen Streit. Wäre ja auch dumm, zumal wir nur noch einander haben. Meine Schwester hat sich einfach sehr verändert, seit sie mit Guido verheiratet ist.«
»Die beiden wohnen wirklich traumhaft schön. Fred und ich sind letzten Sommer mal mit dem Rad durch Bergen
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