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Was sie nicht weiss

Was sie nicht weiss

Titel: Was sie nicht weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone van Der Vlugt
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waren einfach zu alt, und sie selbst war zu geschädigt.
    Immerhin kehrten so zunächst wieder Ruhe und Regelmäßigkeit in ihr Leben ein. Das erste Weihnachten, an dem sie nicht in die Kirche musste und am zweiten Feiertag mit Oma und Opa einen Vergnügungspark besuchen durfte, zählt zu ihren schönsten Erinnerungen.
    Dieses Jahr verbringt sie die Weihnachtstage allein. Daniela hatte sie eingeladen, sie zu ihren Eltern zu begleiten, aber dazu hatte sie keine Lust. Das Alleinsein macht ihr auch nichts aus. Ihr Menü am ersten Feiertag bestand aus einer aufgewärmten Fertigmahlzeit, und heute, am zweiten Feiertag, macht sie es sich noch einfacher: Obwohl es erst halb vier ist, zündet sie Kerzen an, öffnet eine Flasche Rotwein und stellt eine fertig gekaufte Käseplatte dazu – das ideale Weihnachtsessen in ihren Augen.
    Als Nachtisch hat sie Chipolatapudding im Kühlschrank, den ihre Oma immer selbst zubereitete, ihrer aber ist aus dem Supermarkt. Der Pudding soll sie an früher erinnern, doch je mehr Wein sie trinkt, desto mehr verdüstert sich ihre Stimmung.
    Wieder nach Alkmaar zu ziehen war ein großer Fehler. Die vertraute Umgebung hat einen Strom unguter Gefühle hochkommen lassen, mit denen sie glaubte, abgeschlossen zu haben. Angstvorstellungen spuken ihr durch den Kopf und verdichten sich zu einer Abwärtsspirale, aus der sie sich nicht mehr befreien kann.
    Maaike trinkt einen Schluck Wein und schließt die Augen. Dass es auch nach vielen Jahren kein Vergessen gibt, hat sie akzeptiert. Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, dass die Erinnerungen und Panikgefühle wieder mit solcher Wucht auf sie einstürmen würden. Sie wünscht sich nichts anderes, als ein normales Leben zu führen, befreit von der Vergangenheit. Doch da ist jemand, der das anders sieht, der Rache will. Rache für sie beide.
    Dass sie Tamara der Polizei gegenüber erwähnt hat, bereut sie inzwischen. Sie hätte sie um jeden Preis schützen müssen, so viel wie sie ihr zu verdanken hat. Unter normalen Umständen hätte es kein »Gespann« Maaike und Tamara gegeben, erst das gemeinsame Trauma hat sie zusammengebracht.
    Was wird jetzt wohl passieren? Wer weiß, wenn Tamara sich nun bedeckt hält, wird vielleicht doch noch alles gut …
    Am frühen Abend wacht Maaike auf dem Sofa auf. Es ist noch nicht spät, aber jetzt im Dezember umgibt die Dunkelheit sie schon wie ein drohender Schleier. Halb benommen setzt sie sich auf. Ihr ist kalt, wahrscheinlich ist sie davon wach geworden. Auf dem Couchtisch steht ein Teller mit angebissenen Käsestücken – ihr vorgezogenes Abendessen.
    Maaike steht auf, knipst ein paar Lampen an und geht dann ans Ende des Speichers, wo sich hinter einem zweiten Paravent das behelfsmäßige Bad befindet. Sie trinkt Wasser aus dem Hahn, dann schaut sie in den Spiegel. Ein verquollenes Gesicht, stechende Augen – es ist das Gesicht einer anderen.

24
    »Und hier haben wir den neuen Ford Fiesta«, sagt er. »Kom pakt, schnell, gute Motorleistung – das ideale Stadtauto. Mit Halogenprojektionsscheinwerfern und elektronisch einklappbaren Seitenspiegeln mit integrierten Blinkern.« Julian van Schaik zählt die Vorteile des Wagens so stolz auf, als hätte er ihn selbst entworfen. Weil der Absatz in letzter Zeit in der gesamten Branche schleppend war, hat er sich entschlossen, am zweiten Weihnachtsfeiertag einen Tag der offenen Tür abzuhalten und mit einer speziellen Rabattaktion Kunden zu locken.
    Es waren auch viele Leute da, nur leider niemand, der sofort kaufen wollte. Vielleicht lässt sich der eine oder andere das Angebot ja durch den Kopf gehen und kommt morgen wieder, um eine Probefahrt zu machen.
    Er wollte gerade abschließen, als plötzlich noch eine Frau hereinkam. Mit professionellem Lächeln war er auf sie zugegangen und hatte begonnen, das Auto, neben dem sie stehen geblieben war, anzupreisen.
    Großes Interesse zeigt sie jedoch nicht. Sie wirkt leicht abwesend, so als wäre sie spontan hereingekommen und frage sich nun, was um alles in der Welt sie hier in diesem Autohaus soll.
    »Der Fiesta ist verbrauchsarm und umweltfreundlich«, fährt Julian dennoch fort. »Das heißt, niedrige Spritkosten, kombiniert mit geringem CO 2 -Ausstoß.«
    Die Frau geht um das Modell herum und streicht mit den Fingern über den glänzenden roten Lack. Bisher hat sie noch kein Wort gesagt.
    »Sehr praktisch ist auch das Keyless-Entry-System. Damit brauchen Sie keinen Autoschlüssel mehr. Sie betätigen einfach den

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