Was sie nicht weiss

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Autoren: Simone van Der Vlugt

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Erinnerung.
    Sie hat mit Daniela gesprochen … genau, Daniela war vorbeigekommen, aufgebracht und zornig, weil sie von dem Mord an Julian erfahren hatte. Sie forderte, dass sie – Maaike – sich der Polizei stellt, und wollte notfalls selbst hingehen.
    In diesem kritischen Moment muss Tamara auf den Plan getreten sein, wie oft, wenn Maaike unter Druck gerät. Wahrscheinlich hat sie Daniela die Tür gewiesen und in aller Eile ein paar Sachen gepackt, weil sie fürchtete, demnächst festgenommen zu werden.
    Maaike fährt hoch. Ob Daniela ihre Drohung wahrgemacht und die Polizei informiert hat?
    Sie holt das Handy aus ihrer Tasche, schaltet es ein, wählt Danielas Nummer und wartet nervös. Als die Voicemail anspringt, drückt sie die Aus-Taste. Wie sie Daniela kennt, wird sie zurückrufen, sobald sie die Meldung »Anruf in Abwesenheit« liest.

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    »Mann, wie siehst du denn aus?«, sagt Nick mit vollem Mund, als Lois um halb acht das Büro betritt. Vor ihm liegt eine Tüte Croissants. »Hast du durchgefeiert?«
    »Wenn du dein Gebiss ordentlich einsetzt, versteh ich dich vielleicht«, kontert Lois, stellt ihre Tasche ab und ignoriert Jessicas Kichern. Dass sie total übernächtigt aussieht, ist kein Wunder, hat sie doch am Abend, statt gleich zu schlafen, noch stundenlang in Onnos Büchern gelesen.
    »Gibt’s was Neues?«, fragt sie routinemäßig.
    »Maaike hat gestern spätabends bei ihrer Freundin angerufen.«
    »Wie bitte?!« Ruckartig fährt sie herum. »Hat sie eine Nachricht hinterlassen?«
    »Nein, sie hat aufgelegt, als niemand dranging. Aber dass sie bei einer Frau anruft, die sie kurz vorher umgebracht hat, finde ich ein starkes Stück.«
    »Nicht wenn sie an dieser Identitätsstörung leidet. Im Grunde ist ihr Anruf der beste Beweis dafür.«
    »Du glaubst diesen Humbug doch nicht etwa?«, fragt Nick. »Das Weib ist gemeingefährlich. Bringt zwei Männer um und schneidet ihnen auch noch den Pimmel ab. Sie muss blutbespritzt gewesen sein, von oben bis unten, so wie die Leichen aussehen, und wird trotzdem behaupten, dass sie sich an nichts erinnern kann.«
    »Jetzt mal langsam. Wahrscheinlich hat Tamara, ihre andere Persönlichkeit, die Spuren gleich getilgt. Wenn es so war, dann fehlt Maaike einfach nur ein Stück Zeit, und sie hat wirklich keine Ahnung, was passiert ist. Ich habe gestern noch mit einem Psychiater darüber gesprochen. Er hat mir versichert, dass das möglich ist. Wo ist Ramon?«
    »Hier.« Ramon kommt gerade ins Zimmer. Sein Stoppelbart und das knittrige Hemd lassen vermuten, dass er die Nacht durchgearbeitet hat. Lois kann sich das gut vorstellen. Wenn Stress ist, hat sie ihren Chef schon öfter morgens schlafend am Schreibtisch vorgefunden.
    »Um halb neun treffen wir uns im Besprechungsraum. Lois, du berichtest dann, was dieser Psychiater gesagt hat. Und dann sehen wir mal, was mit dem IMSI -Catcher-Verfahren zu erreichen ist.«
    »Was für ein Verfahren?« Jessica macht ein fragendes Gesicht.
    »Damit kann man sehen , welche Nummern die Frau anruft und in welchem Netzbereich sie sich aufhält.«
    »Ist doch super«, sagt Jessica. »Dann haben wir sie in null Komma nichts geortet.«
    »So einfach ist es auch wieder nicht«, mischt Nick sich ein. »In großen Städten lässt sich der Standort des Anrufers oft nicht genau ausmachen, weil die dichte Bebauung das Signal blockieren kann.«
    »So ist es«, sagt Ramon. »Uns wäre schon geholfen, wenn wir ihren ungefähren Aufenthaltsort wüssten. Lois, kommst du bitte kurz mit? Ich wüsste gern vorab, was der Psychiater gesagt hat.«
    Sie folgt ihm in sein Büro und fasst Onnos Ausführungen kurz zusammen.
    Nachdenklich klopft Ramon mit seinem Kugelschreiber auf die Schreibtischkante. »Wenn ich recht verstehe, hat die Scholten also die Morde begangen, aber nicht bewusst. Hmmm, ich weiß echt nicht, was ich davon halten soll … Dass Angeklagte ein Blackout – oder wie immer man’s nennen will – vorschieben, hat bisher selten einen Richter überzeugt.«
    »Bei einer psychiatrischen Untersuchung wird sich herausstellen, ob sie wirklich krank ist oder nur so tut.«
    »Du hast anscheinend keine Zweifel?«
    »Nein.«
    »Erinnerst du dich noch an den Fall Anita Lijbrand?«
    Sie nickt. Anita Lijbrand stand unter Verdacht, ihren Ehe mann und die drei gemeinsamen Kinder getötet zu haben. Vor Gericht behauptete sie, Stimmen im Kopf hätten ihr die grausame Tat befohlen. Als sie eingehend untersucht wurde, ergab sich, dass sie völlig gesund