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Was Sie schon immer über 6 wissen wollten

Was Sie schon immer über 6 wissen wollten

Titel: Was Sie schon immer über 6 wissen wollten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holm Friebe
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misst der normale Mensch auf der Straße durchschnittlich allenfalls 7 bis 7,5 Kopflängen. Die Achtel-Teilung wirkt aufgrund des kleinen Kopfes bereits „heldenhaft“ idealisiert, weshalb auch Leonardos Vitruv-Mensch leicht übernatürlich erscheint. Sehr anschaulich illustriert Christopher Hart das Prinzip in seiner Anleitung Comiczeichnen leicht gemacht. Helden und Schurken : „Die Proportionen von Comic-Helden sollten extrem übertrieben werden. Üblicherweise werden sie ‚acht Kopf hoch‘ gezeichnet, denn je kleiner der Kopf ist, desto kraftstrotzender wirkt der Körper.“ Zu einer Superhelden-Figur, bei der der Kopf nur ein Neuntel der Körperhöhe ausmacht, heißt es: „Dank dieser Proportionen sieht die Figur massig und unrealistisch aus. Solche Eigenschaften sind für Comic-Helden allerdings durchaus wünschenswert. Manche Monster werden nicht weniger als 15 oder sogar 20 Kopf hoch gezeichnet – das sind dann jedoch schon Proportionen, die äußerst hochstilisiert wirken.“

    Wie die angeblichen weiblichen Idealmaße der Sexbombe (90-60-90), so sind auch die männlichen Proportionen des Superhelden (Kopf = ⅛ Körper) in der Realität die seltene Ausnahme. Das heißt nicht, dass sie in der Natur gar nicht vorkämen.
    Generell verändert sich der menschliche Körper gerade in einem naturgeschichtlich ungekannten Ausmaß. Medizin, Ernährung und Epigenetik lassen die These, die menschliche Evolution sei zumindest in Hinblick auf die physische Grundausstattung abgeschlossen, erneut fragwürdig erscheinen. Die Auswirkungen betreffen nicht nurKörperumfänge, sondern auch durchschnittliche Körpergrößen und deren Verteilung.
    Während US-Amerikaner seit den 1950er Jahren in ihrem Größenwachstum stagnieren, werden Europäer in den letzten Jahrzehnten immer größer. Das fand der Wirtschaftshistoriker John Komlos heraus, indem er Daten von mehr als 250.000 Personen aus den letzten 200 Jahren verglichen hat. Spitzenreiter sind die Niederländer, die in diesem Zeitraum um 15 Zentimeter zugelegt haben. Der durchschnittliche männliche Niederländer überragt heute den stabil um die 1,76 Meter großen Durchnittsamerikaner um ganze sechs Zentimeter. Sicherlich spielen dabei Ernährung und Lebensgewohnheiten die Hauptrolle – Komlos hat den in Europa besser ausgebauten Sozialstaat im Verdacht. Trotzdem sind die Ursachen dieses Auseinanderdriftens nicht restlos geklärt. Beim Breiten- und Gewichtswachstum sind die Amerikaner dagegen ungeschlagen, wobei sich auch hier die Schere spreizt und das Spektrum sich verbreitert. Ebenso wie die Bilder fettleibiger Provinz-Amerikaner erreichen uns aus Kalifornien die Hochglanzfotos abgemagerter Models und Schauspielerinnen, für die die Fashion-Industrie eigens die „Size Zero“ erfunden hat, weil sie aus den gängigen Rastern amerikanischer Kleidergrößen nach unten herausfallen.
    Die Size 0 – mittlerweile gibt es sogar Size 00 – wurde aber auch erforderlich, weil mit dem Breitenwachstum der Bevölkerung eine schleichende Drift der Kleidergrößen einherging. Hersteller wollten sich die Gunst ihrer Stammklientel sichern, indem sie ihnen mit schmeichelhaften Größen von der Stange entgegenkamen, weshalb diese Praxis im Amerikanischen auch „vanity sizing“ genannt wird. Insgesamt führte das lediglich zu einer Verschiebung der Maßstäbe im international ohnehin fragmentierten Gefüge der diversen Kleidergrößen-Nomenklaturen. Im Verbund mit den sich wandelnden Körperproprotionen hat diese Inflation zu einem derartigen Kleidergrößenchaos geführt, dass die Zahlen und Buchstaben nur mehr vage Anhaltspunkte für die Passform liefern und die Hersteller selbst die Übersicht verloren haben, was sie in welcher Größe und mit welchen Maßen in welcher Stückzahl produzieren sollen.
    Um diesem Missstand zu begegnen, basteln die für Standards zuständigen Kommissare in Brüssel seit Jahren an der EU-Norm 13402 zur europaweiten Vereinheitlichung, die bislang allerdings nurein Sammelsurium komplizierter Sonderregelungen ist. In Deutschland orientierten sich die Hersteller lange Zeit an den Körpermaßtabellen des deutschen Modeverbandes, die noch aus der Nachkriegszeit stammten und mit den Maßen der Realbevölkerung nicht mehr viel zu tun hatten. Deshalb schlossen sich 2007 80 Unternehmen zur groß angelegten Reihenmessung SizeGERMANY zusammen. Unter den Initiatoren waren nicht nur Firmen aus der Bekleidungsindustrie, sondern auch Discounter, Internethändler

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