Was Soll Ich Tun
ja mit Loslassen zu tun. Wenn Sie gegen die Schlaflosigkeit kämpfen, wird sie noch stärker. Wenn Sie in der Wachphase nur grübeln, sind Sie am nächsten Morgen bloß gerädert. Doch wenn Sie sich nicht ärgern über das Aufwachen, sondern es wie einen Ruf Gottes annehmen, dann können diese Zeiten des Wachens für Sie fruchtbar werden. Das nächtliche Wachen ist ja auch eine Einladung in die Stille. Stellen Sie sich vor, dass Sie mit Ihren Problemen und Ihrer Unruhe und Ihrer Schlaflosigkeit in Gottes guten Händen ruhen. Dann ist es nicht so wichtig, ob Sie wieder einschlafen. In Seinen Händen ruhend wird Ihr Leib die Erholung finden, die Sie brauchen.
SCHEITERN UND SCHULD
Das Leben geht nicht immer so glatt, wie wir uns das erhoffen. Manchmal scheitern wir mit unserem Lebensentwurf, in unserem Beruf, in unserer Ehe. Im Scheitern zerbricht das Lebensgebäude, das wir aufgebaut haben. Das kann auch eine Chance sein. Die Chance besteht darin, dass Gott die Scherben unseres Lebens neu zusammensetzt, so dass es unserem ursprünglichen und unverfälschten Bild, das Gott sich von uns gemacht hat, mehr entspricht. Viele tun sich schwer, ein Scheitern zuzugestehen. Doch wenn wir uns mit unserem Scheitern aussöhnen, ohne uns zu beschuldigen, werden wir bei allen Brüchen doch auch einen roten Faden in unserem Leben erkennen. Beides gehört zu unserem Leben: die Kontinuität und die Brüche. Die Kontinuität schenkt uns das Vertrauen, dass unser Leben nicht einfach nur aus vereinzelten Teile eines Puzzle besteht, die kein Gesamtbild ergeben und die ohne inneren Zusammenhang sind. Vielmehr erfahren wir in der Kontinuität dieses Lebens einen roten Faden, der sich durchzieht, der unserem Leben trotz aller Brüche eine Einheit verleiht. Unser Leben ist ein Ganzes, ein Kunstwerk, das durch die Brüche aufgebrochen wird für die innere Wahrheit. Die Brüche zeigen uns, dass wir das innere Bild, das Gott sich von uns gemacht hat, oft mit unseren eigenen Bildern und Erwartungen vermischt haben. Und noch die Brüche offenbaren uns das ursprüngliche Bild.
Die Kirche hat in früheren Jahrhunderten die Schuld und die Sündhaftigkeit oft in den Mittelpunkt ihrer Verkündigung gestellt. Sie hat dadurch vielenMenschen Schuldgefühle vermittelt und sie dadurch häufig verletzt. Doch heute sind wir in der anderen Gefahr: das Phänomen der Schuld überhaupt auszuklammern aus unserem Denken. Doch jeder Mensch hat das Gefühl, dass er schuldig werden und sein Leben verfehlen kann. Die Griechen sprachen in ihren Tragödien von der tragischen Schuld des Menschen. Auch andere Religionen kennen das Phänomen, dass der Mensch an sich und seiner Wahrheit vorbei lebt. Wenn wir Schuld aus der religiösen Rede ausklammern, dann werden die Menschen in der Therapiestunde von ihrer Schuld sprechen. Aber es kommt darauf an, so von Schuld zu sprechen, dass wir keine Schuldangst vermitteln, sondern einen Weg aufzeigen, mit der Wirklichkeit und der Belastung von Schuld umzugehen. Die christliche Botschaft von der Vergebung durch Gott ist ein solcher Weg. Er befreit uns von dem unbarmherzigen Richter, den wir in uns tragen und der uns immer schuldig spricht. Wir brauchen die Barmherzigkeit Gottes, um von unserer eigenen Unbarmherzigkeit frei zu werden. Daher ist die christliche Botschaft von der Vergebung der Schuld so zentral. Sie ist eine Frohe Botschaft, die uns ermöglicht, im Blick auf die bedingungslose Liebe Gottes auch uns selbst mit unseren Schattenseiten und mit unserer Schuld anzuschauen, ohne uns zu verurteilen. Vergebung wird heute von vielen Psychologen als therapeutischer Akt der Selbstreinigung verstanden und als Weg, auf dieser Welt menschlich miteinander zu leben. Die Vergebung durch Gott zeigt uns genau dies. Sie will uns befähigen, auch uns selbst zu vergeben und einander zu verzeihen.
In meiner frühen Jugend bin ich von einem etwas älteren Freund missbraucht worden. Ich habe den Kontakt zu ihm abgebrochen, er ist auch in eine andere Stadt gezogen und aus meinem Leben verschwunden. Vor kurzem hat er sich wieder gemeldet. Er will eine Aussprache, er hofft, so sagt er, auf eine neue Vertrautheit. Der Vorfall von damals berührt mich nicht mehr, aber ihm gegenüber ist in mir alles eingefroren. Ich bin ihm nicht böse, ich hasse ihn nicht mehr. Es ist aber nicht nur, dass ich das alles nicht mehr an mich heranlassen will. Er soll auch diese Bequemlichkeit nicht haben:
Ich weiß,
dass ich anders handeln sollte –
aber
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