Was will man mehr (German Edition)
schon drin habe.»
Ich huste kurz und trocken.
«Alles in Ordnung?», fragt sie.
Ich nicke.
«Du hast gestern geraucht wie ein Schlot», sagt sie.
«Ich weiß», erwidere ich matt.
«Möchtest du was frühstücken?»
«Ja. Warum nicht?»
Elisabeth greift zum Hörer, zieht ihre Brille aus dem Morgenmantel, setzt sie auf und sucht nach dem Knopf für den Zimmerservice.
«Möchtest du lieber Tee oder Kaffee?», fragt sie.
Angesichts unseres Dialoges habe ich gerade für einen Moment die Befürchtung, ich könnte gestern nicht nur mit Elisabeth von Beuten geschlafen, sondern sie obendrein auch noch geheiratet haben.
«Was ist denn eigentlich passiert?», frage ich unbehaglich.
Sie will gerade wählen, hält jedoch inne. «Das weißt du nicht mehr?», fragt sie mit ernster Miene.
«Nein», erwidere ich und setze mich auf. Das hilft ein wenig gegen die Kopfschmerzen, stelle ich fest.
«Ich könnte jetzt sagen, dass ich mit dir den besten Sex meines Lebens hatte und dass du mir damit ein wundervolles Geburtstagsgeschenk gemacht hast», sagt Elisabeth mit ernster Miene. «Aber das wäre gelogen.»
Ich sinke wieder ein wenig in die Kissen. Was kommt denn jetzt? Haben wir etwa miteinander geschlafen, und ich war eine Enttäuschung? Bleibt mir denn überhaupt nichts erspart?
«Wie war es denn dann?», frage ich verunsichert.
Elisabeth lacht. «Ich hatte mir schon überlegt, dich eine Weile damit aufzuziehen. Aber dann dachte ich, du hast sicher genug Probleme. Da brauchst du nicht auch noch eine Affäre mit mir.»
Ich stehe immer noch auf dem Schlauch. Ist wohl der Restalkohol.
«Und das heißt?», frage ich und komme mir wie ein Dorftrottel vor.
«Das heißt, es ist rein gar nichts passiert», erwidert Elisabeth dezidiert.
«Ach? Nichts?», frage ich ebenso erleichtert wie verblüfft.
«Rein gar nichts», bestätigt Elisabeth. «Abgesehen vielleicht von einem unfreiwilligen Striptease. Du dachtest nämlich, ich wäre schon im Bad, als du dich ausgezogen hast.»
«Oh. Tut mir leid», nuschele ich schuldbewusst.
«Kein Problem. Du bist nicht der erste nackte Mann in meinem Leben. Außerdem habe ich mich sehr über dein Geburtstagsständchen gefreut. Danach hattest du quasi einen Ausrutscher frei.» Sie nimmt wieder den Hörer ans Ohr. «Also, Tee oder Kaffee?»
«Kaffee», erwidere ich bester Laune. Während Elisabeth die Bestellung aufgibt, freue ich mich wie ein Schneekönig, dass der Abend glimpflich verlaufen ist, und schwöre gleichzeitig, Alkohol künftig nur noch in Maßen zu trinken. Ich weiß selbst, dass ich diesen Schwur schon öfter getan habe, aber diesmal meine ich es ernst. Offenbar muss man mit fortschreitendem Alter entweder immer einen klaren Kopf bewahren oder sich bei Besäufnissen an der Bar festketten, damit man keinen Blödsinn anstellt. Glücklicherweise bekommt man ja in späteren Jahren Zivildienstleistende zugeteilt, die beim Saufen auf einen aufpassen können.
Elisabeth reißt mich aus meinen Überlegungen. «Paul, ich würde gerne noch etwas mit dir besprechen.» Sie setzt sich auf die Bettkante. «Ich finde es eigentlich überhaupt nicht schlimm, wenn zwei erwachsene Menschen sich zuerst betrinken und dann ein Zimmer teilen. Angesichts unseres familiären Verhältnisses ist es aber vielleicht eine gute Idee, wenn das hier unter uns bleibt. Auch wenn nichts passiert ist, was wir uns vorwerfen müssten.» Sie lächelt kurz. «Was hältst du davon?»
Was soll ich davon halten? Großartige Idee. Wenn Elisabeth sie nicht aufs Tapet gebracht hätte, hätte ich es getan.
«Ich finde auch, dass wir die Sache nicht an die große Glocke hängen sollten», gebe ich professionell zu Protokoll. «Außerdem gibt es in der Tat wichtigere Dinge.»
«Es freut mich, dass du das auch so siehst», erwidert Elisabeth erleichtert.
Es klopft.
«Oh! Das ging aber schnell», sagt sie verblüfft und ruft: «Herein!»
Man hört, dass sich die Tür öffnet, sie liegt hinterm Bad am Ende eines kleinen Flures. Gleich müsste ein Servierwagen mit dampfenden Getränken und frischen Backwaren um die Ecke kommen.
Zunächst hört man jedoch eine Stimme sagen: «Gott, ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht. Du kannst dir gar nicht vorstellen …»
Dann verstummt die Stimme abrupt, und Melissa steht im Raum. Sie sieht mich mit nacktem Oberkörper im Bett ihrer Mutter, die gerade entspannt auf der Bettkante sitzt und augenscheinlich mit ihrem Geliebten plaudert.
Gleich hinter Melissa taucht nun
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