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Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanbine Czerny
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Schulen zu Recht vorgeworfen wird, nur Mittelmaß, dafür aber zahlreiche Risikoschüler zu produzieren, findet seine Ursache in dieser Leistungsbeurteilung.
    Zum einen werden Lehrer zur Gleichmacherei und zum Gleichschritt genötigt, um gleiche und gerechte Ergebnisse zu erzeugen, statt ihre individuellen Talente einbringen und aus den ihnen anvertrauten Kindern das Beste herausholen zu können. Zum anderen liegt dem ganzen Schulsystem eine Leistungsbeurteilung zugrunde, die allein aufgrund der Vorgaben Mittelmaß und Verlierer produzieren muss .
    Wir dürfen in der Folge nicht unterschätzen, was es mit Kindern und ihrer Erwartungshaltung an sich selbst macht, wenn sie von Anfang an nur das Prädikat bekommen, mittelmäßig oder sogar schlecht zu sein. Man kann bei genauer Beobachtung etwas sehr gut Nachvollziehbares erkennen. Diese Kinder
erleben nie, wie es ist, etwas perfekt zu tun. Eine Aufgabe wirklich vollständig und richtig gelöst zu haben. Sie erfahren nie, wie es sich anfühlt, alles richtig zu machen und alles richtig zu haben. Sie erleben nicht, wie es sich anfühlt, etwas ganz genau zu machen. Sie erleben auch nicht, dass ihre Umwelt so lange mit ihnen an einer Sache dranbleibt, bis sie hervorragend ist. Von Kindern wird gefordert, Höchstleistungen zu erbringen, aber es wird ihnen nicht ermöglicht. Nur die wenigen Einserschüler erfahren das und wissen fortan, worum sie sich bemühen müssen. Kinder aber lernen nicht, indem man ihnen etwas sagt oder etwas von ihnen fordert, Kinder müssen die Qualität einer Situation spüren und erleben können, um weiter danach zu streben. „Was brauchst du, damit …?” ist die Frage, die hier gestellt werden sollte (siehe auch Seite 231). Damit Kinder einen hohen Anspruch an sich stellen und diesen auch erfüllen können, müssen sie erst einmal erlebt haben, wie es ist, erfolgreich zu sein und höchsten Ansprüchen zu genügen. Das müsste für jedes Kind durch individuell gestellte Anforderungen bedingt werden, dann würde sich die Anstrengungsbereitschaft der Kinder von allein einstellen. So aber erleben Kinder sich selbst immer nur als mittelmäßig. Sie können gar keinen anderen Anspruch an sich entwickeln, weil sie nichts anderes erfahren haben. Gerade Kinder aus sozial benachteiligten Familien haben oftmals auch von zu Hause aus keine entsprechende Ausrichtung erfahren oder werden dazu nicht angehalten. Nicht selten genügt es in diesen Elternhäusern, etwas „irgendwie“ zu tun. Dabei ist gerade diese innere Haltung, die innere Ausrichtung darauf, etwas wirklich gut zu machen, der entscheidende Aspekt im erfolgreichen Wirken.
    Und auch die Schule gibt sich mit dem Mittelmaß zufrieden, anstatt so lange weiter mit einem Kind zu arbeiten, bis es ebenfalls Höchstleistungen bringt, wenn vielleicht auch zwei Wochen später als die anderen Kinder. Aber die Probennote wird eingetragen und die Inhalte werden nicht so lange geübt, bis auch dieses Kind volle Punktzahl — also die Inhalte wirklich begriffen — hat. Dabei wäre das so wichtig! Jedes Kind muss erleben, wie es sich anfühlt, höchste Leistungen zu erzielen. Wie
es sich anfühlt, an einer Sache dranzubleiben, bis der Erfolg sich einstellt. In einer ersten Klasse, in der Kinder noch sinnhaft und nicht probenorientiert lernen, ist wunderbar zu beobachten, wie alle Kinder danach streben, Bestleistungen zu erzielen, wenn sie dabei unterstützt werden. In den Folgejahren verhindern wir aber durch unsere Art der Leistungsbeurteilung, dass Kinder höchste Leistungen erzielen, und machen sie hinterher dafür verantwortlich, dass sie überhaupt nicht mehr nach Höchstleistungen streben, sondern sich mit weniger zufriedengeben oder sogar ganz resignieren.
    Dazu kommt noch die Erwartungshaltung des Lehrers. Viele Kinder spüren, dass der Lehrer von ihnen gar nichts Besseres erwartet, ja aufgrund der Erwartungshaltung in der Notengebung gar nichts Besseres von ihnen erwarten kann und darf. Dabei reagieren Kinder sehr stark darauf, was in ihnen gesehen wird. Schon bei Goethe ist zu lesen: „Wenn wir die Menschen nur nehmen, wie sie sind, so machen wir sie schlechter; wenn wir sie behandeln, als wären sie, was sie sein sollten, so bringen wir sie dahin, wohin sie zu bringen sind.” 7 Man kann das ausprobieren. Man nehme einen nicht so guten Schüler und gebe ihm eine gute

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