Was wir unseren Kindern in der Schule antun
tatsächlich interessant sind. BloÃe Begriffe und Definitionen interessieren und begeistern Kinder herzlich wenig. Doch die Rahmenbedingungen zwingen mich zu einem völlig anderen Verhalten. Immerhin habe ich nach einem derartigen Unterricht fast die Garantie, dass es schlechte Noten geben wird: Ich muss einfach nur Fragen aus dem Heft und dem Buch stellen und werde dennoch genug Arbeiten von den Kindern erhalten, die nicht die volle Punktzahl bekommen.
Gute Ideen im falschen System
Gleichwohl wollen unsere Schulen fortschrittlich sein. Es soll nach den modernsten Methoden unterrichtet werden. Hanebüchen ist es, was dann teilweise abläuft: Viele der entsprechenden Anweisungen, die wir Lehrer umsetzen sollen, sind einfach nicht gründlich durchdacht. Zum einen wird das Kontroll-,
Leistungsmessungs- und Absicherungsnetz immer beengender und arbeitsintensiver, zum anderen schaut man sich bei alternativen Schulkonzepten lediglich Begrifflichkeiten und Teilkonzepte ab, die dann halbherzig auf die Regelschule übertragen werden. Dabei müsste man von den Schulen, die beweisen, dass alle Kinder gut lernen können, das Wesentliche übernehmen â nämlich dass Kinder dann am besten lernen, wenn sie angst- und stressfrei sind, eine gesunde Beziehung zu ihrem Lehrer und den anderen Schülern haben, Raum und Zeit bekommen, sich zu entwickeln, und der Lehrer nicht die Rolle des Beurteilers innehat, sondern kraft- und freudvoll als authentischer, sie liebevoll begleitender Mensch bei ihnen steht. Entscheidend wäre, schnellstmöglich die grundlegenden Bedingungen so zu verändern, dass individuelles und nachhaltiges Lernen wahrhaft möglich ist.
Doch was geschieht tatsächlich? Die behindernden Strukturen werden beibehalten und es wird versucht, in diesem nicht passenden Rahmen Teilaspekte zu verwirklichen. âFreiarbeitâ ist solch ein Schlagwort, oder auch âWerkstatt- und Wochenplanarbeitâ. Diese Methoden stehen für die Geheimnisse eines guten Unterrichts an den Alternativschulen und sollten deshalb von den Lehrern an der Regelschule auch übernommen werden. Man ist ja fortschrittlich. Frontalunterricht ist out. Dass die Bedingungen an den Regelschulen vielfach gar nicht in der Form gegeben sind, um diese an sich so wertvollen und wunderbaren Arbeitsformen sinnvoll umzusetzen, sondern eventuell sogar noch zu gröÃerem Nachteil dienen und diese Methoden damit zum Scheitern verurteilt sind, darüber scheint sich niemand Gedanken zu machen.
Damit Kinder wirklich frei arbeiten können, ist eine gut ausgestattete Lernumgebung nötig, die die Kinder anregt und sie einlädt, die Welt zu erforschen. AuÃerdem muss die Zeit dafür da sein, dass jedes Kind für sich selbst seinen Weg findet. An den Regelschulen mit all ihrem Geldmangel führt das dazu, dass Lehrer, teilweise unterstützt von ihren Familien, stunden- und tagelang dasitzen und Freiarbeitsmaterial herstellen, liebevoll Bilder ausmalen, alles laminieren, ausschneiden â in
den allermeisten Fällen auch noch von ihrem eigenen Geld. Freiarbeitsmaterial bedeutet dann trotzdem oft lediglich, dass die Kinder mit Papierkarten arbeiten, bei denen beispielsweise jeweils auf der Vorderseite eine Aufgabe, auf der Rückseite die Lösung zu finden ist, sodass die Kinder sich selbst kontrollieren können. Mehr erwarten die Schulräte dann auch schon fast gar nicht bei ihren Besuchen in Klassenzimmern vorzufinden. Dass nur wenige Lehrer so viel privates Geld opfern können, wie für den im Lehrplan angedachten Forschertisch mit Materialien, Büchern und Geräten für jedes der vielen Themen nötig wäre, scheint selbst ihnen klar zu sein. Manchmal liegen auch stapelweise Arbeitsblätter aus, die die Kinder selbstständig bearbeiten können. Wie lange haben Kinder wohl Freude an so einer Arbeit? Wie viel hat das alles noch mit einem Unterricht zu tun, in dem Kinder frei die Welt entdecken und sich aus eigenem Interesse mit Inhalten beschäftigen?
De facto ist es so, dass dennoch nach wenigen Wochen die Probe folgt, die ein ganz bestimmtes Wissen objektiv und juristisch einwandfrei abprüfen wird. Das dafür notwendige Wissen müssten sich die Kinder bis dahin selbst erarbeitet haben. Viele Kinder sind damit einfach überfordert, allein schon mit den ganzen organisatorischen Dingen. Der Grundgedanke von Freiarbeit ist: âIch lasse dir Zeit für deine
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