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Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanbine Czerny
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Schwierigkeiten von der Benotung freigestellt werden. Selbst wenn ein Kind aus dem Ausland neu zuzieht, wird eine Befreiung meist nur für wenige Monate von der Lehrerkonferenz beschlossen. Kindern, die schon länger in Deutschland leben, wird diese Sonderregelung oft nicht mehr zugestanden. In der Regel gilt die Befreiung zudem auch nur für das Fach Deutsch. Dabei haben Feinheiten der deutschen Sprache auch in allen anderen Fächern entscheidenden Einfluss. Kinder, die die deutsche Sprache nicht sehr gut beherrschen, haben große Nachteile in unserem Schulsystem. Nicht im Unterricht, aber in den Prüfungen. Das gilt auch für deutsche Kinder. Die Lese- und Schreibkompetenz ist in allen Fächern ein entscheidendes Kriterium, dabei ist Deutsch bekannt als eine sehr schwer zu erlernende Sprache, mit großem Wortschatz und zahlreichen komplexen grammatikalischen Strukturen. Man denke nur daran, dass Artikel, Adjektive, ebenso wie Personalpronomen je nach Kasus und Geschlecht verändert werden, im Englischen beispielsweise bleibt diese Form immer gleich.
    In unseren Schulen wird der komplexen Struktur unserer Muttersprache jedoch absolut nicht Rechnung getragen. Statt Kindern ausreichend Zeit und Gelegenheit zu geben, sich im Unterricht umfassend mit Sprache auseinanderzusetzen und sich in dieses System einzufühlen, wird das Beherrschen der Sprache weitestgehend vorausgesetzt und zum wesentlichen Kriterium für die weitere Schullaufbahn.

Schulalltag — der Irrsinn hat Methode
    Bürokraten handeln aufgrund starrer Regeln, die auf statistischen
Daten basieren, nicht in spontaner Reaktion auf die vor ihnen stehenden
Personen. (…) Der Bürokrat fürchtet persönliche Verantwortung und sucht
hinter seinen Vorschriften Zuflucht. Was ihm Sicherheit und Stolz gibt,
ist seine Loyalität gegenüber den Gesetzen, nicht seine
Loyalität gegenüber den Geboten der Menschlichkeit.
    Erich Fromm
    Kinder haben keine Lobby
    â€žSchule ist für die Kinder da“, müsste keine leere Worthülse bleiben, wenn man individuelle Lösungen möglich machen würde — für die Kinder, für die Lehrer, aber auch für ganze Schulen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Gerechtigkeit wird zur Gleichmacherei degradiert, Vorschriften müssen starr eingehalten werden, und am allerwichtigsten im Schulalltag scheint inzwischen die Absicherung vor eventuellen Klagen zu sein, wofür viele Nachteile in Kauf genommen werden. Am meisten leiden darunter unsere Kinder. Kinder, die Freiraum und Vertrauen benötigen und stattdessen Kontrolle, Zwang und Enge erhalten. An falscher Stelle spart man, um das Geld bei besser „vorzeigbaren“ Themen teilweise völlig unnötig auszugeben. Manchmal erhält man den Eindruck, dass Kinder, aber auch Lehrer, nur noch als „Nummern“ gesehen werden, die verwaltet werden und sich in die vorgegebenen Raster und Vorgaben einfügen müssen. Ref. 2
    Das beginnt schon bei ganz grundlegenden Dingen, der Stundentafel beispielsweise: Während es für die Studenten an der Uni meist zwischen zwei neunzigminütigen Seminaren eine halbe Stunde Pause gibt, haben die Kinder in der Schule in der Regel neunzig Minuten Unterricht und dann lediglich zwanzig Minuten Pause, danach wieder neunzig Minuten Unterricht, zehn Minuten Pause und dann noch einmal neunzig Minuten Unterricht.

    Teilweise geht es danach noch weiter, Sport-, Förder- und Ethikunterricht, aber auch Arbeitsgemeinschaften finden selbst schon in der Grundschule am Nachmittag statt. Dazwischen haben die Kinder immerhin eine Stunde Pause, in der das Mittagessen eingenommen werden kann, falls es die Kinder schaffen, in dieser Zeit nach Hause zu gehen, schnell zu essen, um dann wieder in der Schule zu erscheinen. Die Zehn-Minuten-Pause am Vormittag ist zu kurz, um an die frische Luft zu gehen, und selbst von der Zwanzig-Minuten-Pause bleiben nur wenige Minuten. Der Rest der Pausenzeit vergeht beim An-und Ausziehen und für die Wege. Wie viele Mütter klagen, dass ihre Kinder während des gesamten Schultages nichts gegessen oder getrunken haben. Kein Wunder, die Kinder wollen wenigstens einmal laufen, sich bewegen, spielen! Da vergessen viele die Brotzeit, manche vergessen sogar, auf die Toilette zu gehen. Ich hatte einmal ein Kind in der Klasse, das sogar „groß“ in die Hose gemacht hatte, ohne es zu bemerken. Viel zu viel müssen die

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