Was wir unseren Kindern in der Schule antun
Schüler bewältigen, da bleibt kein Raum mehr, sich selbst zu spüren und seine Bedürfnisse wahrzunehmen. Und natürlich, auch hier versuchen Lehrer den Kindern entgegenzukommen. Die zwanzigminütige Pause dauert tatsächlich meist dreiÃig Minuten, und nachdem die Kinder wieder auf ihren Plätzen sitzen, an Stationen weiterarbeiten oder sich für den Sport umgezogen haben, hat man für die eigentliche Unterrichtsstunde nach der Pause dann nur noch fünfundzwanzig bis dreiÃig Minuten Zeit.
Als Klassenleiter kann man dieser Stundentafel ein wenig Rechnung tragen. In die fünfte und sechste Stunde legt man dann beispielsweise die musischen Fächer, die Kinder sind erschöpft, viel aufnehmen können sie zu dieser Zeit nicht mehr. Als Fachlehrer hat man jedoch das Nachsehen. Der Stoff und die Probenanforderungen ändern sich ja nicht, nur weil man in den letzten Stunden oder nach den etwas längeren Pausen unterrichten muss. Also geht es oft nur noch darum, etwas âdurchgenommenâ und einen Nachweis dafür im Heft zu haben, anstatt darum, dass alle Kinder verstanden haben und aktiv dabei sind.
Zusätzlich muss im Unterricht aber oft noch Zeit aufgebracht werden, die nirgendwo eingerechnet ist. Für Verkehrserziehung beispielsweise: In der vierten Klasse haben die Kinder hierfür knapp zehn Stunden Praxis und etwa noch einmal genauso viele Stunden Theorie, die sie auch mit einer Prüfung abschlieÃen. Im Lehrplan steht, dass die benötigte Zeit von anderen Fächern in ausgewogenem Verhältnis abgezweigt werden soll. Der Stoff für diese Fächer wird aber nicht weniger, ganz im Gegenteil. Nur die dafür vorgesehene Zeit wird immer weiter eingeschränkt â so wurden beispielsweise in den letzten Jahren neuen Fächern wie Englisch Stunden vom vorhandenen Zeitbudget zugesprochen, ohne einen entsprechenden Ausgleich dafür zu schaffen. Dabei können viele Kinder noch nicht einmal richtig Deutsch, sollen jetzt aber nach der vierten Klasse vierhundert englische Wörter beherrschen, wie in einer Lehrerkonferenz mitgeteilt wurde â Kinder sollen also die gleiche Menge Stoff wie bisher oder sogar noch mehr in immer weniger Zeit bewältigen.
In manchen Schulen wird daher nun inzwischen die âVorviertelstundeâ als Lernzeit genutzt: Kinder haben dafür möglichst schon um Viertel vor acht in der Schule zu sein und bearbeiten dann oft Lernwerkstätten oder Wochenpläne. Solange das dazu dient, den Kindern ein ruhiges Ankommen zu ermöglichen, ist das durchaus sinnvoll, doch teilweise werden hier auch schon verbindliche Aufgaben gestellt, die dann von jenen Kindern später nachzuarbeiten sind, die die Aufgabe nicht geschafft haben. Immerhin werden so pro Woche fünfundsiebzig Minuten, also fast zwei Schulstunden, gewonnen. Dabei müssen viele Kinder sowieso schon sehr früh aufstehen. Da inzwischen nämlich kleine Ortsschulen geschlossen wurden, sind die Kinder gezwungen, teilweise längere Strecken mit dem nicht selten völlig überfüllten Bus zu fahren, der sie bisweilen schon um sieben Uhr abholt. Viele Kinder müssen also bereits um sechs Uhr aufstehen, manche gar noch zeitiger. Bei Kindern dauert vieles noch etwas länger als bei Erwachsenen, etwa das Anziehen und Waschen, und auch das Frühstück soll ja in Ruhe eingenommen werden, bevor sie sich auf den Weg zur Haltestelle
machen. Auch die Rückkehr von der Schule verzögert sich durch die längeren Wege, sodass einige Kinder erst gegen vierzehn Uhr oder später zu Hause ankommen, zu Mittag essen, dann Hausaufgaben machen, ein wenig spielen und sich gegen achtzehn Uhr wieder aufs Abendessen und aufs Zubettgehen vorbereiten. Ab dem Eintritt in die fünfte Klasse kommen Kinder oft erst gegen siebzehn oder achtzehn Uhr nach Hause und müssen sich danach noch an die Hausaufgaben setzen. Teilweise werden für den Busverkehr aber keine speziellen Schulbusse eingesetzt, die Kinder müssen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, deren Fahrplan nicht auf die Unterrichtszeiten abgestimmt ist. An manchen Schulen dürfen diese Kinder daher den Unterricht ein paar Minuten vor Unterrichtsende verlassen, weil die Wartezeit auf den nächsten Bus einfach zu lang wäre. Diese nötigen Sonderreglungen stören natürlich auch wieder das gesamte Miteinander in der Klasse.
Eines der Probleme: beengtes Lernen
Könnte der
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