Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanbine Czerny
Vom Netzwerk:
Unterricht etwas freier gestaltet werden, würde das wohl nicht so auffallen. Doch dagegen sprechen vielfach schon die Räumlichkeiten: Die Klassenzimmer sind zu klein, sie sind dafür konzipiert, dass dreißig oder mehr Kinder in Reihen sitzen, aber nicht, dass sie sich auch bewegen. Große Klassen sind immer noch häufig. Dabei wäre es gerade bei den jüngeren Kindern wichtig, in kleineren Gruppen zu arbeiten, damit sich der Lehrer intensiver um einzelne Kinder kümmern kann. Gerade jüngere Kinder brauchen einen vertrauten Menschen, der sich um sie kümmert. Doch die Realität sieht anders aus: Beim Lesenlernen in der Klasse könnte wohl jedes Kind in einer Schulstunde gerade mal einen Satz lesen. Wenn Kinder im Morgenkreis erzählen, vergeht schnell eine Stunde. Mit einem Kind auch mal allein arbeiten — Fehlanzeige. Nach meiner Erfahrung ist eine Klassenstärke von vierundzwanzig Kindern die absolute Obergrenze, um in den vorhandenen Räumen noch einigermaßen gut arbeiten und die Kinder adäquat betreuen zu können. Deutlich besser wären kleine Klassen mit sechzehn bis achtzehn Kindern. Wenn nur frontal über die Köpfe der Kinder
hinweg unterrichtet würde, wäre die Anzahl der Kinder wohl relativ gleichgültig — abgesehen von den Korrekturen, bei denen man den zusätzlich notwendigen Zeitaufwand mit jedem Schüler mehr deutlich spürt. Möchte man sich aber um die Kinder gut kümmern, individuelle Lernarrangements betreuen und jedem Schüler weiterführende persönliche Rückmeldungen geben, braucht man einfach Zeit für jedes Kind. Sind mehr als vierundzwanzig Kinder in der Klasse, merkt man das allein schon durch den zusätzlichen Tisch, der eine weitere Reihe notwendig macht. Kinder an Gruppentischen sitzen zu lassen oder in Hufeisenform traut man sich immer seltener, sofort kommt dann Kritik der Eltern, ihr Kind würde Haltungsschäden bekommen oder sei benachteiligt beim Blick auf die Tafel. Stellt man die Reihen enger zusammen, kann man vielleicht gerade noch Platz für einen Sitzkreis oder gar einen Gruppentisch herausschinden. An die im Lehrplan geforderten Forschertische zu den einzelnen Fächern mit den unterschiedlichsten Forschermaterialien ist jedoch gar nicht zu denken.
    Stark einschränkend wirkt die Raum— und Ausstattungsnot in vielerlei Hinsicht, beispielsweise auch im Kunstunterricht: Eine Stunde Kunstunterricht gibt es pro Woche. Können Kinder in der wenigen Zeit, die ihnen nach dem Herrichten der Maluntensilien bleibt, die innere Muße finden und sich aufs Malen einlassen, wenn sie schon bald dazu aufgefordert werden, mit dem Aufräumen zu beginnen? Es müssen ja alle neunundzwanzig Kinder vor dem Gong schaffen, ihre Malsachen an dem einzigen kleinen Waschbecken zu reinigen, das im Klassenzimmer zur Verfügung steht. Unter solchen und ähnlichen Bedingungen lassen sich die gewünschten Lernziele in den verschiedenen Fächern nicht erfolgreich umsetzen.
    Dafür müssen jetzt mindestens zwei Computer in jedem Klassenzimmer stehen, auch in einer ersten Klasse. Dabei interessiert es wenig, dass für die Computertische der für die Zusammenarbeit der Kinder so wertvolle Gruppentisch weichen musste. Keine Frage: Medienerziehung ist in der heutigen Zeit sehr wichtig. Aber im Stundenplan ist dafür keine einzige Stunde vorgesehen. Fernsehen, Computer, Internet — mit all dem
sollen die Kinder ja umgehen können, auch wenn sie noch gar nicht lesen, geschweige denn tippen können. Zwei Computer: Wenn jedes Kind nur fünf Minuten daran arbeitet, vergehen schon etwa sechzig Minuten. Mit der Zeit, die für die Erklärungen zwischendurch, für diverse Platzwechsel und Ähnliches nötig ist, sind das ohne weiteres zwei Schulstunden. Auch das Anmeldesystem schluckt Zeit, denn dabei muss sich jedes Kind mit einem eigenen Kennwort einloggen — Datenschutz persönlicher Schriftstücke bereits in der ersten Klasse. Das Kennwort soll dabei bestimmten Kriterien genügen und aus Buchstaben, Zeichen und Zahlen zusammengesetzt sein. Die meiste Zeit verbringe ich als Lehrer damit, den Kindern beim Einloggen zu helfen oder falsch eingegebene Passwörter zurückzusetzen. Wie viel ein Kind wohl in gerade mal fünf Minuten am Computer lernen kann?
    Auf dem Computer gibt es natürlich auch eine Kindersicherung, an sich eine durchaus sinnvolle Einrichtung. Wenn

Weitere Kostenlose Bücher