Was wir unseren Kindern in der Schule antun
Gewünschtes ausführen kann? Ein weiteres Mal änderte sich mein Unterricht entscheidend.
Man urteilt und verurteilt nicht mehr so schnell, sobald man die Möglichkeit einräumt, dass in einer Wand eine Tür versteckt sein könnte. Wenn man einmal von der Existenz einer Tür überzeugt ist, sucht man nach ihr. Man sucht nach einer Lösung. Diese kann in verschiedenen Bereichen liegen, im Emotionalen, im Mentalen, im Körperlichen, aber auch im Zusammenhang mit Rahmenbedingungen und individuellen Haltungen und Vorstellungen. Es gibt inzwischen zahlreiche Bücher, Internetseiten und auch Fortbildungen, die mögliche zugrunde liegende
Probleme und die verschiedensten Lösungsansätze schildern. Wenn man weiÃ, dass die Rechenfähigkeit eng mit der Auge-Hand-Koordination zusammenhängt, spielt man mit den Kindern viel Ball. Wenn man weiÃ, dass Rhythmusgefühl ebenfalls einen Beitrag dazu leistet, schenkt man dem Kind eher ein Springseil zu Weihnachten und eben kein Computerspiel. Den Hinweis, ausländische Eltern möchten zu Hause Deutsch mit ihrem Kind sprechen, lässt man schnell fallen, wenn man begriffen hat, dass das Beherrschen der Muttersprache eine notwendige Voraussetzung zum Erlernen einer Fremdsprache ist und Kinder so nur ein völlig falsches Deutsch lernen würden. Stattdessen empfiehlt man, solange die Eltern nicht auch einwandfrei Deutsch sprechen, in der Muttersprache miteinander zu reden, den Kindern jedoch gleichzeitig viel Kontakt zu deutschen Kindern zu ermöglichen und das Sprachenlernen auÃerdem mit deutschsprachigen Hörkassetten zu unterstützen. Hat man verstanden, dass Legasthenie sich häufig aufgrund der für dieses Kind falsch gewählten Leselernmethode entwickelt, bietet man ein breites Spektrum an Zugängen an, um jedes Kind zu erreichen.
Teilweise liegen Lernstörungen auch organische Störungen zugrunde. Oft genügt eine Untersuchung der Sinnesorgane, manchmal liegt die Ursache eines Problems in einem Mangel an einem bestimmten Vitamin oder Mineralstoff. Man kann nachlesen, welche Wirkung Farben auf das Gehirn haben, wie man die Zusammenarbeit der beiden Gehirnhälften unterstützen und somit die Lernleistung ganz organisch erhöhen kann. Das Gehirnforschungsinstitut Haffelder in Stuttgart beschäftigt sich intensiv mit der Ursache für Lernstörungen und hat beispielsweise herausgefunden, dass die trainierâ und damit auch behebbare sogenannte Störung der Ordnungsschwelle im Gehirn absteigend vom Gymnasium bis hin zur Förderschule bei zunehmend mehr Kindern gefunden werden kann. 1
Es gibt also nicht ein Patentrezept für alle Kinder, aber für jedes Kind gibt es Hilfe und Unterstützung bei individuellen Schwierigkeiten. Für so ziemlich jedes Problem gibt es inzwischen genug Material und zum Teil auch wirklich sehr gute
Diagnosemöglichkeiten, beispielsweise Lesekompetenztests, die eine klare Aussage über erworbene Kompetenzen und Defizite geben und darüber hinaus Unterstützungsmöglichkeiten vorstellen. Lernen kann so gestaltet werden, dass Kinder es als leicht empfinden â wenn die Zusammenhänge bekannt sind. Eine der wichtigsten Erkenntnisse: Der ganze Mensch, sein Körper und seine Gefühle, sind am Lernen beteiligt, nicht nur der Kopf. Wenn man Kindern mit Lernproblemen helfen will, muss man ihre gesamte Lebenssituation miteinbeziehen und ganzheitliche Ansätze finden.
Ãberzeugungen, die uns tragen oder hemmen
Sehr hilfreich bei der weiteren Suche nach Ursachen für Lernschwierigkeiten war für mich eine Darstellung von Dietrich Klinghardt 2 , einem deutschen Allgemeinmediziner mit dem Schwerpunkt Schmerzbehandlung, der in den USA lehrt und praktiziert. In seinem Fünf-Ebenen-Modell versucht er, eine Vorstellung zu entwickeln, wo und wie Krankheit entstehen kann. Ich horchte auf, als er über die dritte Ebene, das mentale Feld, sprach. Auf dieser Ebene sind ihm zufolge alle Erlebnisse, alle Erfahrungen und alle gewonnenen Ãberzeugungen eines Menschen gespeichert und formen sein Weltbild. Diese Ãberzeugungen haben eine durchdringende Kraft â in gewisser Hinsicht fatal, da sie meist unbewusst wirken.
In den folgenden Wochen konnte ich gar nicht anders, als meine Kinder hinsichtlich ihrer Ãberzeugungen zu beobachten. Mir waren früher Sätze wie âMathe kann ich eh nichtâ, âIch kapiere das nieâ,
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