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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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sich bei mir bedankt.
    »Das wäre geschafft«, sagt August, als wir die Menagerie
verlassen. Er klopft mir auf die Schulter. »Trink einen Schluck mit mir, mein
Junge. Marlena hat Limonade in ihrem Garderobenzelt, und zwar nicht dieses
Gesöff vom Saftstand. Wir schütten einen Tropfen Whiskey dazu, hm?«
    »Ich komme gleich nach«, sage ich. »Erst muss ich nach der anderen
Menagerie sehen.« Wegen des besonderen Status der Arbeitstiere von Fox Brothers
– deren Anzahl im Laufe des Nachmittags stetig abgenommen hat – habe ich selbst
dafür gesorgt, dass sie Futter und Wasser haben. Ihre Exoten und Dressurpferde
aber muss ich mir erst noch anschauen.
    »Nein«, sagt August mit Nachdruck. »Du kommst jetzt gleich mit.«
    Sein Ton überrascht mich. »Na gut. Wie du meinst«, sage ich. »Weißt
du, ob sie Futter und Wasser bekommen haben?«
    »Das bekommen sie schon noch. Später.«
    »Was?«
    »Sie bekommen schon noch Futter und Wasser. Nur später.«
    »Verdammt, August, wir haben über dreißig Grad. Wir können sie doch
nicht einfach ohne Wasser da stehen lassen.«
    »Das können wir, und das werden wir. So macht Onkel Al Geschäfte. Er
und der Bürgermeister pokern ein Weilchen, wer die besseren Nerven hat, und dem
Bürgermeister geht irgendwann auf, dass er keinen Schimmer hat, was er mit
Giraffen und Zebras und Löwen anfangen soll, er geht mit dem Preis runter, und
dann – und erst dann – kümmern wir uns um sie.«
    »Tut mir leid, aber das kann ich nicht«, sage ich, drehe mich um und
will gehen.
    Er hält mich am Arm fest. Er stellt sich vor mich und beugt sich bis
auf wenige Zentimeter zu mir. Dann legt er mir einen Finger an die Wange.
»Doch, du kannst. Wir kümmern uns um sie. Nur jetzt noch nicht. So läuft das
nun mal.«
    »So ein Schwachsinn.«
    »Onkel Al hat echtes Talent dabei bewiesen, diesen Zirkus
aufzubauen. Nur deshalb sind wir heute das, was wir sind. Wer zum Teufel weiß
denn, was in dem Zelt ist? Wenn er nichts davon will, na prima. Wen kümmert’s?
Aber wenn er etwas davon will, und du pfuschst ihm ins Handwerk, und er muss
deinetwegen mehr bezahlen, dann kannst du sicher sein, dass Al mit dir
abrechnet. Hast du verstanden?« Er spricht durch zusammengebissene Zähne. »Hast
… du … verstanden?«, wiederholt er Wort für Wort.
    Ich erwidere sein unverwandtes Starren. »Vollkommen.«
    »Gut«, sagt er. Er nimmt den Finger von meinem Gesicht und tritt
einen Schritt zurück.
    »Gut«, sagt er noch einmal, nickt und blickt entspannter drein. Dann
lacht er gezwungen. »Ich sag dir was, der Whiskey wird uns jetzt gut tun.«
    »Ich glaube, ich passe.«
    Nach einem langen Blick zuckt er mit den Schultern. »Wie du meinst«,
sagt er.
    Aus einiger Entfernung beobachte ich das Zelt, in dem die
herrenlosen Tiere untergebracht sind, und werde immer verzweifelter. Die
Seitenwand wird von einem Windstoß nach innen gedrückt. Die Luft kann nicht
einmal durchziehen. Nie habe ich deutlicher gespürt, wie mir die Hitze auf den
Schädel knallt oder wie trocken meine Kehle ist. Ich nehme meinen Hut ab und
wische mir mit dem verdreckten Arm über die Stirn.
    Als die orangeblaue Fahne über dem Küchenbau zum Abendessen
ruft, reihen sich ein paar neue Benzini-Mitarbeiter ein; man kann sie an den
roten Essensmarken erkennen, die sie fest in der Hand halten. Der dicke Mann
hatte Glück, ebenso die bärtige Dame und eine Handvoll Zwerge. Onkel Al hat nur
Artisten und Abnormitäten genommen, allerdings stand ein Unglücksrabe nach
wenigen Minuten wieder ohne Job da, weil August mitbekommen hat, wie er beim
Verlassen des Direktionswagens Marlena etwas zu wohlwollend angesehen hat.
    Ein paar andere wollen sich in die Schlange schmuggeln, aber keiner
von ihnen kommt an Ezra vorbei. Seine einzige Aufgabe ist es, jeden aus der
Show zu kennen, und darin ist er verdammt gut. Wenn er auf einen bedauernswerten
Menschen zeigt, kümmert Blackie sich um ihn. Einem oder zwei der Abgewiesenen
gelingt es, eine Handvoll Essen hinunterzuschlingen, bevor sie kopfüber aus dem
Küchenbau fliegen.
    Überall auf dem Gelände lungern abgerissene, stumme Männer herum, denen
der Hunger ins Gesicht geschrieben steht. Einer von ihnen spricht Marlena an,
als sie vom warmen Buffet kommt. Er ist groß, hager und hat tiefe Wangenfalten.
Unter anderen Umständen könnte er als gut aussehend gelten.
    »Miss? He, Miss. Hätten Sie was übrig? Ein Stück Brot vielleicht?«
    Marlena bleibt stehen und sieht ihn an. Sein Gesicht

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