Wasser-Speier
erkundigte sie sich.
»Ach, laß das, Mentia«, antwortete Gary. »Du hast mich in diese Lage gebracht. Da mußt du mir jetzt auch helfen, die Sache durc h zustehen.«
Die Wolke verdichtete sich zu der inzwischen vertrauten Gestalt der leicht verrückten Dämonin. »Ja, weißt du den überhaupt, in was du mich gebracht hast? In Wurmeingeweide! War ganz intere s sant. Ich bin noch nie verdaut worden.«
»Kennen wir uns von irgendwoher?« fragte Iris.
»Das bezweifle ich. Ich existiere erst knapp anderthalb Jahre als halb getrenntes Wesen, und außerdem erkenne ich dein Gesicht nicht wieder.«
»Ich bin die Zauberin Iris.«
»Das bezweifle ich ebenfalls. Iris ist eine alte, gebrechliche Vettel, die sich kaum noch darum kümmert, was in der Außenwelt pa s siert.«
»Durch Verjüngung auf stramme dreiundzwanzig Jahre zurüc k geführt«, ergänzte Iris. »Und so habe ich vorher ausgesehen.« Plötzlich nahm sie wieder das Aussehen der uralten Frau an.
»Oh, ja, diese alte Vettel würde ich immer wiedererkennen! Aber so hast du eigentlich nie ausgesehen.«
»Weil ich meine Illusion dazu verwendet habe, um eher so wie jetzt zu erscheinen«, bemerkte Iris gelassen und nahm wieder ihr wirkliches Aussehen an. »Aber das brauche ich jetzt nicht mehr. Ich genieße meine neugewonnene Jugendlichkeit. Also, zeigst du uns nun den Weg zur Wohnung Grundy Golem?«
Mentia überlegte. »Warum sollte ich?«
»Weil das mit Sicherheit interessanter werden wird«, antwortete Gary.
»Ein guter Einwand. Also schön, dann folgt mir.« Die Dämonin hielt sich in ungefährer westlicher Richtung und trat dabei durch einen Baum.
»Ach, großartig«, meinte Iris säuerlich.
»Sie ist ein bißchen verrückt«, erklärte Gary. Dann rief er der Dämonin zu: »Mentia, wenn du möchtest, daß wir interessant sind, mußt du uns schon einen Weg zeigen, den wir auch tatsächlich nehmen können.«
Wieder erschien die Dämonin, diesmal ganz dicht neben ihnen. »Ach so.« Sie stellte die Füße auf den Boden und ging um den Baum herum. Dahinter lag ein nur schwach erkennbarer Weg. Dem folgten sie in Richtung Westen, an unauffälligen Bäumen und Sträuchern vorbei. Gary entdeckte einen Brotfruchtbaum und b e kam plötzlich ein merkwürdiges Gefühl. Es war eine Art Zerren, ein Stück unterhalb seiner neuen Körpermitte. Seine fleischigen Eingeweide blubberten.
»Du mußt hungrig sein«, bemerkte Iris.
»Hungrig?«
»Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?«
»Wasserspeier essen nicht. Schließlich bestehen wir ja aus Stein.«
»Du jetzt nicht mehr.« Iris trat vom Weg und pflückte einen Laib Brot vom Baum. Dann machte sie einen weiteren Schritt und zup f te eine Butternuß von einem Butternußstrauch. »Brot und Butter. Versuch es mal.«
Doch er zögerte, weil er nicht wußte, was er mit den Gegenstä n den anfangen sollte, die sie ihm da gebracht hatte. »Ach, herrje«, sagte sie. »Offensichtlich muß ich dir sogar noch beibringen, wie man ißt, stimmt’s?«
»Ja.«
Sie nahm eine Scheibe Brot aus dem Laib und zerquetschte die Butternuß, bis die Butter sich über die Oberfläche verteilte. Dann hob sie die Kante der Scheibe an den Mund und biß hinein. Sie rümpfte die Nase. »Da fehlt noch was«, entschied sie. Sie schaute sich um, bis sie am Boden ein orangefarbenes Ei erspähte. »Gut – ein Marmeladenei.« Sie nahm das Ei auf und quetschte etwas d a von auf die gebutterte Brotscheibe. Dann nahm sie einen zweiten Bissen. »Ja, so ist es besser.«
Nun bereitete sie für Gary eine ähnliche Scheibe zu. »Einfach nur hineinbeißen und dann kauen«, sagte sie.
Gary tat, wie ihm geheißen. Zu seiner Überraschung schmeckte die merkwürdige Kombination tatsächlich recht gut. Er kaute, schluckte und nahm einen weiteren Happen. Ja, das Essen war ganz in Ordnung.
Bald darauf hatten sie den Brotlaib, die Butternuß und das Ma r meladenei verzehrt. »Ich vergesse immer, wie hungrig junge, g e sunde Leute werden können«, meinte Iris und fuhr sich mit dem Handrücken übers Gesicht.
»Und ich habe nie gewußt, wie hungrig Leute aus Fleisch und Blut werden können«, unterstrich Gary.
Sie beendeten ihr Mahl mit etwas Flüssigkeit von einem hera b hängenden Bierfaßbaum. Irgend jemand hatte ihn dankenswerte r weise mit einem Zapfhahn versehen, und in der Nähe wuchsen einige Bechersträucher, die ihnen hübsche Trinkgefäße spendeten. Das Gebräu war dunkel und schäumte, schmeckte aber gut, und Gary leerte gleich mehrere Becher
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