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Wasser-Speier

Wasser-Speier

Titel: Wasser-Speier Kostenlos Bücher Online Lesen
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Träume, die man für dich angefertigt hat. Du brauchst sie bloß wieder zu vergessen, wenn du au f wachst.«
    »Sie vergessen? Soll das heißen, sie spielen keine Rolle?«
    »Jedenfalls keine so große, daß wir uns an sie erinnern müßten. Du kannst also getrost alles vergessen, was im Schlaf passiert. Das tun übrigens die meisten Lebewesen.«
    Was für eine Erleichterung! Gary streckte sich wieder auf seinen Kissen aus, und falls er noch einmal geträumt haben sollte, konnte er sich hinterher nicht mehr daran erinnern. Wenn man den Dreh erst einmal heraus hatte, ließ es sich auch als Fleischwesen ganz gut überleben.
     
    »Was war das denn?« fragte Gary unruhig.
    »Was war was?«
    »Dieses dahinjagende Etwas, das soeben hier vorbeigekommen ist.«
    »Ach so. Das war nur ein Zeitsprung«, erklärte Iris. »Die sind d a zu da, daß wir uns nicht die ganze Zeit in allen möglichen Einze l heiten verlieren. Genau wie die Ellipsen, nur noch stärker.«
    »Ach so.« Gary beruhigte sich wieder. Ihm wurde klar, daß er früher schon Ähnliches gesehen hatte, ohne jedoch sonderlich darauf zu achten. Jetzt aber, da sein Körper aus verletzlichem Fleisch bestand, beschäftigten ihn praktisch alle Einzelheiten, s o lange er nicht wußte, ob sie eine Gefahr darstellen oder nicht.
    Sie frühstückten und verbrauchten ein paar weitere Ellipsen; dann setzten sie den Marsch fort. Die Dämonin Mentia war ni r gends zu sehen. Offensichtlich langweilte sie sich, wenn nichts passierte, und verschwand dann einfach. Gary war es froh, sich nicht mit ihr befassen zu müssen, nun, da sie einem gesicherten Weg folgen konnten.
    Sie stießen auf einen weiteren Pfad, der nach Norden führte, und folgten ihm bis zu der unsichtbaren Brücke über die Spalte. Iris betrat die Brücke ohne jedes Zögern, und so tat Gary es ihr gleich, obwohl die Brücke aussah wie das absolute Nichts. Schließlich gelangten sie auf die andere Seite des gähnenden Abgrunds. Gary reagierte zuerst erstaunt; dann aber kam er darauf, daß ja auch die Spalte Langeweile empfinden und schläfrig werden könnte, falls nicht allzuviel los war, so daß ihm das Gähnen des Abgrunds plötzlich nicht weiter verwunderlich erschien.
    Endlich erreichten sie das Keulenhaus des Golems. Die Keule lag allerdings umgestürzt am Boden. Die Familie schien erst kür z lich in eine etwas üblichere Behausung umgezogen zu sein. Und da war sie auch schon: eine kleine Fabrikhütte. Sie sah aus wie eine Kreuzung zwischen dem Fabrikbaum, den Gary ja schon kenne n gelernt hatte, und einem großen Käse.
    Gary trat an den Baumstamm und klopfte an die Tür. Kurz da r auf öffnete eine winzige Frau mit außerordentlich langen Haaren. »Wir möchten ja nicht unfreundlich sein, Fremder, aber diese G e gend hier ist nichts für Besucher«, sagte sie mit vergrämter Miene.
    »Ich bin Gary Wasserspeier in Menschgestalt«, antwortete Gary. »Und das hier ist die Zauberin Iris in Jugendgestalt. Der Gute M a gier hat uns geschickt, um Überraschung zu unterweisen.«
    »Ach, du bist das!« rief die kleine Frau. »Wie wunderbar! Wir kommen einfach nicht mehr mit ihr zurecht. Sie ist völlig außer Rand und Band geraten. Ich bin ihre Mutter, Rapunzel. Ah, da ist sie ja.« Sie griff ins Innere des Baumes und holte ein kleines Bü n del hervor.
    »Aber…« Doch Garys Einwand verstummte abrupt, denn plöt z lich hielt er das Bündel in den Händen. Es schien ein wirklich wi n ziges, kleines Mädchen zu sein. Und die Haustür war plötzlich verschlossen.
    »Aber sie ist doch noch so klein«, meinte Iris, der die Sache o f fenbar ebenso merkwürdig vorkam wie Gary.
    »Überraschung!« rief das Kleine. Die winzigen Augen begannen zu schielen. Plötzlich war sie ein ganz normales, sechsjähriges Mädchen, das linkisch in Garys Armen lag. Sie küßte ihn auf die Wange. »Magst du mich?«
    »Hm, ich weiß noch nicht so recht«, erwiderte Gary, als er sie vorsichtig absetzte. »Bist du denn zum Mögen?«
    »Klar, wenn ich will. Willst du lieber interessant sein oder lan g weilig?«
    »Keine Ahnung.«
    »Das ist ja interessant«, erwiderte Überraschung. »Gehen wir.«
    »Aber wir können dich doch nicht einfach deiner Familie we g nehmen«, protestierte Gary. »Zuerst müssen wir mit deinen Eltern sprechen.« Da bemerkte er, daß Überraschung gar nicht mehr vor ihm stand. »Wo bist du denn?«
    Irgendwo ertönte ein Kichern. Gary schaute sich um. Iris tat es ihm gleich. Doch sie konnten den Ursprung des Kicherns

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