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Wasser-Speier

Wasser-Speier

Titel: Wasser-Speier Kostenlos Bücher Online Lesen
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erblickten wir plötzlich einen hübschen kleinen Weg vor uns, der sich durch den Wald wand. Ich blinzelte und fragte mich, wie ich ihn hatte übe r sehen können.
    Desiree wandte sich zu mir um. Sie bemerkte meine Verwirr t heit. »Wenn du einen Schritt zurücktrittst, verschwindet der Weg wieder«, meinte sie.
    Ich tat es, und tatsächlich – das Gestrüpp schloß sich, und es war weit und breit kein Weg mehr zu sehen! »Ach so, das ist ein Za u berweg«, sagte ich und begriff endlich, was Sache war.
    »Das, was wir Situationsmagie nennen«, bestätigte sie. Erwachs e ne hatten ja immer komplizierte Ausdrücke für die einfachsten Sachen bei der Hand. »Hätte ich ihn dir nicht gezeigt, hättest du ihn möglicherweise selbst dann nicht bemerkt, wenn du schon darauf gegangen wärst. Du solltest also lieber nicht der Vers u chung erliegen, irgendwelche Dauerlutscherpflanzen am Wege s rand zu pflücken. Die könnten das größte Unheil bedeuten.«
    »Ja«, stimmte ich beeindruckt zu. »Da werde ich wohl besser nicht vom Weg weggehen, als bis ich zu Hause bin.«
    »Ja, den Weg solltest du wohl besser nicht verlassen, bevor du nicht zu Hause bist«, bestätigte sie. Mir wurde klar, daß sie damit meinen Satzbau korrigierte – auf jene widerlich undurchsichtige Art, wie die Erwachsenen sie an sich hatten. Andererseits hatte sie mir etwas zu essen gegeben und mir den Weg nach Hause gezeigt; da mußte ich ihr einfach die Erwachsenenmarotten verzeihen.
    »Danke, Frau Dryade«, sagte ich also und wollte schon losgehen. »Ich bin zwar nur ein Kind, aber ich weiß deine Gefälligkeiten durchaus zu schätzen. Du bist eine nette Frau. Für eine Erwachs e ne.«
    Der merkwürdige Anflug einer Gefühlswallung huschte über ihr Gesicht. Vielleicht begriff sie ja, daß ich mir ernsthaft und ehrlich Mühe gab, mich – nach Maßstab der Erwachsenen – anständig aufzuführen. Daß ich kein schlechter Junge war, sondern nur ein ganz gewöhnliches Kind, zwar noch ein bißchen rauh an den Ka n ten, dafür aber schon im Begriff, nach und nach glattpoliert zu werden.
    »Hiatus, was versprichst du dir von der Zukunft?« erkundigte sie sich.
    »Oh, das ist leicht zu beantworten«, erwiderte ich voller Begeist e rung. »Ich werde groß und berühmt, weil ich überall und ständig große Augen und Ohren und Nasen hervorwachsen lasse, und alle, alle Leute werden staunen.«
    »Das ist ja ein interessantes Lebensziel«, meinte sie. »Aber was ist mit der Romantik?«
    »Hä? Ich wollte sagen – bitte?«
    »Normalerweise werden Jungen irgendwann erwachsen, und dann interessieren sie sich für Mädchen. Irgendwann heiraten sie und gründen eigene Familien. Hast du denn gar keine Absichten in dieser Richtung?«
    »Ach so. Na klar, ich glaube schon«, bestätigte ich, als mir klar wurde, worauf sie hinauswollte. Mädchen interessieren sich ja s o wieso immer mehr für diesen Kram als Jungen. Meine Schwester war in diesem Punkt genauso doof. »Ich werde das schönste Mä d chen in Xanth heiraten und ihr die Hausarbeit überlassen.«
    »Das ist alles?« Irgend etwas bekümmerte sie, aber ich konnte nicht erkennen, was genau es war.
    »Nö. Ich werde den ganzen Tag draußen sein und Nasen an Bäumen und anderen Dingen wachsen lassen, die ich dann zum Niesen bringe«, ergänzte ich.
    »An Bäumen!«
    »Klar. Bäume sehen mit Nasen echt komisch aus. Macht u n heimlich Spaß, ’nem Baum einen mundanischen Elefantenrüssel zu verpassen.« Ich mußte selbst über meinen Einfallsreichtum lachen.
    Aus irgendeinem Grund wirkte sie verärgert, ging aber nicht n ä her darauf ein. »Und was wird mit deiner Frau?«
    »Mit der? Keine Ahnung. Schätze, sie wird tun, was Frauen eben alle so machen. Du weißt schon, die Wäsche, das Kochen, das Nähen, das Bettenmachen, das Staubwischen, das Putzen – eben diesen ganzen langweiligen Kram, den die so mögen.«
    Desiree schien noch immer ein kleines, unterschwelliges Pro b lem zu haben. »Bist du dir ganz sicher, daß Mädchen so etwas m ö gen?«
    »Na ja, vielleicht auch nicht. Aber wen interessiert das schon? Mami beschwert sich jedenfalls nie deswegen.«
    Desiree überlegte. »Wenn ich mich recht entsinne, war deine Mutter achthundert Jahre lang ein Gespenst. Vielleicht hatte sie ja genug von der Freiheit und war froh, wieder sterblich sein zu dü r fen, auch wenn das bedeutete, öde Alltagsarbeit in Kauf nehmen zu müssen. Aber dankst du ihr denn nie für all die Arbeit, die sie für dich tut?«
    »Hä?«
    Die

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