Wassergeld
gesperrt ist.«
»Ich kann euch beruhigen, wir suchen nur die Katze des Bürgermeisters.« Mit diesen Worten gab ich Gas.
Noch nie in meinem Leben war ich so schnell über die Rheinbrücke gedonnert wie heute. Eine Radarfalle gab es nicht zu befürchten. Auf dem Rhein konnte ich einen Frachter erkennen. Demzufolge hatte das Hochwasser noch nicht die kritische Marke erreicht und die Schifffahrt war nach wie vor gestattet, trotz der potenziellen Brückensprengung, was ich als etwas seltsam empfand. In Mannheim, auf der anderen Rheinseite, erwartete mich das gleiche Spiel: Straßensperre und Stau. Die Beamten mokierten zuerst, dass ich als Pfälzer in Baden-Württemberg keine Ermittlungsrechte besitzen würde; meinen Hinweis auf ›Gefahr im Verzug‹ und dass sich Verbrecher nur selten an Bundeslandgrenzen hielten, akzeptierten sie aber schließlich. Wahrscheinlich waren sie froh, keine zusätzliche Arbeit mit mir zu haben. Den Stau konnten weder die badischen Kollegen noch ich wegzaubern. Nun war es Zeit, mich näher mit dem Navi zu beschäftigen. Bisher hatte ich die Stimme aufgrund des Sondersignals nicht hören können. Mit ausgeschaltetem Signal würde ich aber sofort wieder im Stau stehen. Die optische Anzeige gab mir zumindest grobe Anhaltspunkte, in welche Himmelsrichtung ich fahren musste. Nachdem ich eine der Neckarbrücken überquert hatte, wurden die Straßen etwas freier. Ich entschied mich, auf das taub machende Sondersignal zu verzichten. An der folgenden Querstraße machten mich die Stimme und auch der Bildschirm darauf aufmerksam, links abbiegen zu müssen. Dummerweise war genau dieser Teil wegen einer Baustelle gesperrt, sodass ich zwangsläufig rechts abbog. Sofort plärrte das Navi: »Bitte wenden Sie!«. Darüber musste ich lächeln. Zum Glück besaßen die heutzutage erhältlichen Geräte noch keine menschliche Intelligenz, sondern arbeiteten streng nach Schema beziehungsweise Programmierung. Mir kam ein Gedanke: Ein intelligentes Navi müsste erkennen, wenn eine Frau am Steuer saß, um dann in diesem speziellen Fall nicht den Kommentar ›bitte wenden‹ zu empfehlen, sondern ein ›nein, liebe Autofahrerin, ich meinte das andere links‹ anzubieten. Die Idee war gut, das musste ich bei Gelegenheit unbedingt Gerhard erzählen. Selbstverständlich nur, wenn Jutta nicht dabei stand, ich war ja nicht lebensmüde.
Bevor ich in die Zielstraße einbog, hielt ich an und warf das Blaulicht in den Fußraum, um mich nicht sofort als Polizeibeamter zu outen. Die gesuchte Adresse in der Straße ›Frohe Arbeit‹ war ein kleines Siedlungshäuschen mit neuerem Anbau. Auf dem Nachbargrundstück sah ich eine ältere Dame mit ihrem Rollator aus der Eingangstür kommen. Das war eine gute Gelegenheit, die Lage vorzusondieren.
Mit einem »Guten Tag« stellte ich mich der kleinen und zierlichen Frau in den Weg, als diese den Gehweg erreicht hatte. Sie schaute zu mir hoch und versuchte offenbar, sich an mich zu erinnern.
»Kennen wir uns, junger Mann?«
Das lief mir runter wie Öl.
»Sie müssen wissen, mein Gedächtnis ist nicht mehr das Beste. Ich bin ja auch schon 86 Jahre alt. Oder sind es bereits 87? Da darf man sich den einen oder anderen Makel leisten, junger Mann. Sind Sie der neue Zivi von ›Essen auf Rädern‹?«
Das war der reinste Balsam für meine Seele.
»Es ist heute zum Verrücktwerden. Ich habe meine Brille verlegt und kann sie einfach nicht mehr finden. Und ausgerechnet jetzt habe ich einen wichtigen Arzttermin.«
Ihre verschusselte Brille brachte mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
»Tut mir leid, Sie verwechseln mich. Ich möchte eigentlich zu Ihrem Nachbarn, Herrn Francesco Monato. Leider scheint er nicht da zu sein.«
Die grauhaarige Dame begann zu strahlen. »Ach, der liebe Francesco! Das ist mein Liebling in der ganzen Siedlung. Früher ist er regelmäßig für mich einkaufen gegangen. Er war freundlich und hatte immer einen Witz auf den Lippen, der Gute.« Sie bekam einen wehmütigen Blick. »Seit seine Mutter gestorben ist, ist er leider nur noch selten zu Hause. Sein Vater hat mir vor einer Weile stolz erzählt, Francesco sei jetzt als Kapitän auf allen Weltmeeren unterwegs.«
»Sie wissen nicht, wo er sich zurzeit aufhält? Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«
Zum Glück wurde sie nicht misstrauisch, sondern schien froh zu sein, sich mit jemandem unterhalten zu können.
»Da müssen Sie seinen Vater fragen, der ist um diese Zeit aber arbeiten. In
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