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Wassermanns Zorn (German Edition)

Wassermanns Zorn (German Edition)

Titel: Wassermanns Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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ist, nicht wahr?»
    Sie sah ihn weiter an. Ihre getuschten Wimpern klebten zusammen. Eric entdeckte einen kleinen herzförmigen Leberfleck unter ihrem rechten Auge.
    «Was denn?»
    Diesen lauernden Unterton in ihrer Stimme mochte Eric nicht. Er enthielt entschieden zu wenig Respekt vor seiner Erfahrung und seinem Dienstrang.
    «Na, was wohl? Aus allen zwölf Seen müssen Proben gezogen und ins Labor zur Untersuchung gebracht werden. Egal ob da Camper hausen, Barsche schwimmen oder der Wasserstand dem einer Pfütze entspricht.»
    Die Sperling richtete sich auf und rückte ein Stück von ihm ab.
    Endlich.
    «Und das soll ich tun?», fragte sie. «Das ist doch eine Aufgabe, die jemand von der …»
    «Kommt gar nicht in Frage», fuhr Eric ihr über den Mund. «Dafür ist das viel zu wichtig. Sie machen das. Niemand anders. Ich muss mich darauf verlassen können, dass die Proben ordnungsgemäß gezogen und auf keinen Fall vertauscht werden.»
    Seine Stimme ließ keinen Spielraum für Diskussionen – das hoffte Eric zumindest. In der darauf folgenden Stille befürchtete er aber genau das Gegenteil und bereitete sich innerlich schon auf einen Wutausbruch seinerseits vor, um die vorlaute Göre in die Schranken zu weisen. Doch die Sperling räusperte sich nur, griff nach den Blättern und sagte: «In Ordnung.»
    «Was haben Sie da noch?», fragte Eric und legte seine Hand auf den Stapel.
    «Ich habe eine vorläufige Übersicht zu Morden an Prostituierten erstellt.»
    «Warum das denn?»
    «Na ja, ich dachte …»
    «Ist mir schon klar, was sie dachten, aber das war nicht Ihr Auftrag, oder?»
    «Nicht direkt, aber ich …»
    «Und auch nicht indirekt. Möglicherweise kümmere ich mich ja selbst darum, schon mal daran gedacht?»
    Sie sah ihn an, und endlich schien es ihr die Sprache verschlagen zu haben. Am liebsten hätte Eric gegrinst, verkniff es sich aber.
    «Und? Ist denn wenigstens etwas dabei herausgekommen?»
    Sie beugte sich wieder hinunter, schob das erste Blatt beiseite und enthüllte eine Liste.
    «Ich bin einfach mal zehn Jahre zurückgegangen. Das ist sehr interessant. In den vergangenen zehn Jahren sind allein in unserem Bundesland elf weibliche Prostituierte im Alter zwischen zwanzig und dreißig Jahren Kapitalverbrechen zum Opfer gefallen. Drei Morde konnten aufgeklärt werden, die anderen acht nicht. Zwei der acht wurden erstochen, fünf wurden auf unterschiedliche Art und Weise erdrosselt, eine tatsächlich mit einer Nylonstrumpfhose, aber nur eine einzige wurde ertränkt. Ich habe bisher nur diese Liste anfertigen können und noch keine Akteneinsicht genommen, aber wenn ich …»
    «Mal kurz Ruhe bitte», sagte Eric und zog den Zettel zu sich heran.
    Die Frau redete wirklich ohne Punkt und Komma. Ihm klingelten schon die Ohren von ihrem Dauergeplapper.
    Eric setzte seine Lesebrille auf und studierte die Liste eine Weile.
    «Ich erinnere mich», sagte Eric. «Überhaupt keine Relevanz für unseren Fall.»
    «Aber sie ist doch …»
    «Frau Sperling», unterbrach er seine Praktikantin. «Ich weiß Ihre gründliche Arbeitsweise und Ihr Engagement zu schätzen. Noch mehr wüsste ich es aber zu schätzen, wenn Sie Ihre Zeit in Zukunft für Aufträge verwendeten, die Sie von mir bekommen. Und wenn Sie mit einem Auftrag fertig sind, melden Sie sich bei mir und handeln nicht eigenmächtig oder verschwenden wertvolle Ermittlungszeit. In einem Team ist Teamwork gefragt und nicht Einzelgängertum.»
    Die Luft zwischen ihnen wurde spürbar kälter.
    Eric rückte mit seinem Stuhl ein Stück von ihr weg und sah ihr direkt ins Gesicht. Sie wirkte überrascht, vielleicht sogar eingeschüchtert. Ihre Augen zuckten unruhig hin und her.
    «Haben wir uns verstanden?»
    Sie nickte.
    «Natürlich», sagte sie und griff abermals nach der Liste.
    «Lassen Sie die ruhig hier», sagte Eric. «Aber kümmern Sie sich bitte sofort um die Wasserproben. Das hat absoluten Vorrang.»
    Sie hatte es plötzlich sehr eilig, aus seinem Büro zu kommen.
    Eric wartete, bis sie die Tür hinter sich zugezogen hatte, dann gestattete er sich endlich ein Grinsen. Besser hätte es gar nicht laufen können. Zweifellos würde sie sofort mit der Arbeit beginnen und somit das erste Briefing verpassen. In einer Stunde würde sich ein reiner Männerklub versammeln, ganz so, wie er es sich vorgestellt hatte.
    Er nahm die Liste der ermordeten Prostituierten, zerknüllte sie und warf sie in den Papierkorb.
    Sein Handy klingelte. Er sah aufs

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