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Wassermanns Zorn (German Edition)

Wassermanns Zorn (German Edition)

Titel: Wassermanns Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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zurückgelassen hatte.
    «Wo ist sie?!», schrie sie, aber er reagierte nicht.
    Also tauchte sie.
    Das Wasser war trüb, sie konnte nicht viel sehen, vielleicht nur einen Meter weit. Ihre Kleidung wurde schnell schwer, und sie hatte das Gefühl, überhaupt nicht vorwärtszukommen. Schon nach zwanzig Sekunden musste sie wieder auftauchen. Gierig sog sie die Luft ein. Da tauchte nur einige Meter voraus der Kopf der Frau auf.
    Sie schrie nicht mehr, versuchte nur noch, sich über Wasser zu halten.
    Für einen Moment trafen sich ihre Blicke.
    Dann verschwand sie mit einem jähen Ruck.
    Manuela holte tief Luft, tauchte ab und schwamm los. Sie hatte die Augen der Frau erkannt, und sie war sich bewusst, dass sie hier ebenfalls ertrinken konnte. Wer oder was auch immer die Frau nach unten zog, es konnte auch sie angreifen. Dennoch, sie musste weitermachen. Schon nach vier Schwimmzügen sah sie etwas unter sich: den Kopf der Frau, umgeben von ihrem langen, blonden, aufgefächerten Haar. Manuela tauchte hinterher, und als plötzlich eine Hand neben dem Kopf erschien, griff sie zu. Sie bekam die Finger zu fassen, doch eine immense Kraft riss die Frau nach unten, so als gäbe es dort am Grund des Sees ein allesverschlingendes schwarzes Loch.
    Die Finger entglitten ihr.
    Angsterfüllte, geweitete Augen starrten zu ihr hinauf. Hand, Kopf und Haar verschwanden langsam in der Dunkelheit.
    Luft, sie brauchte Luft. Ein paar Sekunden nur noch, dann würde der Atemreflex einsetzen, und sie wäre verloren. Schon wurde ihr schwarz vor Augen. Manuela drängte mit wilden, panischen Bewegungen nach oben. Kurz bevor ihr Kopf die Wasseroberfläche durchbrach, zwang eine unwiderstehliche Kraft in ihrem Inneren sie dazu, den Mund zu öffnen. Sie schluckte kaltes Wasser und spürte augenblicklich einen schmerzhaften Krampf in ihrem Brustkorb. Dann war sie über Wasser, hustete, paddelte wie ein Hund und verlor völlig die Orientierung.
    Das Ufer. Wo war das Ufer?
    Schwarze Tiefe lauerte unter ihr. Sie schien an ihr zu zerren, so wie sie an der Frau gezerrt hatte, die jetzt ihren sicheren Tod fand.
    Manuela wollte schreien, konnte aber nicht, weil sie immer noch Wasser würgte. Jetzt sah sie das Ufer, sah Stiffler, der dort telefonierte. Sie hatte ein Ziel, sie musste die Panik unter Kontrolle bekommen. Also schwamm sie.
    Sie war vielleicht noch fünfzehn Meter vom Ufer entfernt, da spürte Manuela es.
    Etwas glitt an ihren Beinen entlang.
    Viel zu groß für einen Fisch, schoss es ihr durch den Kopf.
    Dann schwamm sie um ihr Leben.

27
    «Da ist der Täter!»
    Die hohe, kreischende Stimme bohrte sich schmerzhaft in sein Hirn, und er verzog das Gesicht. Drei Männer, kräftige Kerle mit zu viel Gewicht und zu viel Bier intus, mit dem sie das Grillfleisch hinuntergespült hatten, hatten sich auf ihn gestürzt wie eine Horde Wikinger auf Raubzug. Die Blutergüsse an seinen Armen und Beinen würden in zwei Tagen in den schönsten Regenbogenfarben leuchten. An die Schmerzen mochte er gar nicht denken. Außerdem war seine rechte Wange aufgeschürft, weil sie ihn mit vereinten Kräften auf den Gehweg geworfen hatten.
    Dort lag Frank immer noch, zwei Knie und gefühlte dreihundert Kilo im Rücken, als endlich die Polizeistreife eintraf. Er war noch nie so froh gewesen, Uniformen zu sehen. Er sah schwarze Schuhe auf sich zueilen, darüber schwarzer Stoff, der um Schienbeine flatterte.
    «Lassen Sie den Mann los!», fuhr einer der beiden Polizisten den schwergewichtigen Grillmeister an, der auf Frank saß.
    Es tat noch ein bisschen mehr weh, als der sich mit den Knien von seinem Rücken abstieß, aber dann war das Gewicht endlich verschwunden, und Frank konnte wieder atmen. Viel hätte nicht gefehlt, dann wäre er erstickt, und er hoffte, dass seine Rippen nichts abbekommen hatten.
    Er blieb noch einen Moment liegen. Bis die Polizei gekommen war, waren etwa zehn bis fünfzehn Minuten vergangen, und die hatte er auf den Boden gepresst verbracht. Auch ohne das Gewicht im Rücken fühlte Frank sich wie eine Gehwegplatte.
    «Fünf Einbrüche in den letzten zwei Jahren, aber jetzt haben wir den Täter endlich. Und zwar ohne die Hilfe von euch Bullen», keifte die Frauenstimme.
    Alles, was er von der Wortführerin seiner Feinde gesehen hatte, waren fleischige, verhornte Füße in breiten Biolatschen.
    «Passen Sie auf, was Sie sagen», warnte ein Polizist. Der andere half Frank vom Boden auf.
    «Brauchen Sie einen Arzt? Sind Sie verletzt?», fragte er.
    Frank

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