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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Urplaneten ebensolche kristallklaren Flüsse und Bäche geflossen, bis sie die Zeit von den heilsamen Erzen abtrennte und die lebendigen Quellen austrocknete.«
    »Wie werden wir denn vorgehen?«
    »Wir werden einen Artikel in einer Zeitschrift veröffentlichen. Vielleicht mehrere Artikel, unterzeichnet mit erfundenen Namen.«
    »Es müssen echte Namen sein. Ich werde helfen.«
    »Hältst du das für wichtig und für notwendig?«
    »Ich weiß nicht. Wenn ihr euch nicht geirrt habt …«
    »Ich möchte aber wissen, was du denkst. Verstehst du?«
    Kaum hatte er sich der Illusion hingegeben, sich überzeugt, daß sie aufrichtig mehr als alles andere auf der Welt nur seine Meinung wissen wollte und danach fragte – sie ihn! –, da begriff Erto plötzlich: sie wollte immer nur Interesse wecken, ihn heranführen an das, was hier, auf der Erde, mit ihren Händen und denen seiner und ihrer Freunde vollführt wurde. Ebenso jetzt. Und er begriff plötzlich, daß er dieser fernen, bis zur Wunderlichkeit realen, faszinierenden Welt, der Übereinstimmung mit ihren heutigen Idealen, ihrer Akzeptierung bereits näher war, als dem Streben, sie nach dem Muster des Rationalen und unter Zuflüstern fertiger Pläne der anderen ähnlich zu machen.
    Klar, ruhig und scharf waren die Züge ihres Gesichtes. Die stark gewölbten Lippen und die leicht eingefallenen Wangen verkörperten eine erstarrte Schönheit. Das rief aus irgendeinem Grund nun eine leichte Feindseligkeit in ihm hervor … Weltas Gesicht glich einer Maske. So als hätte ein unbekannter Meister die feinen Züge von einem anderen, lebendigen Gesicht, vom Gesicht Valentinas kopiert, deren Augen, so schien es, selbst die Farbe wechselten und deren Lippen vor Glück, Verlangen und Scham bebten und sich zusammenpreßten, wenn goldene Sternfunken vor dem Fenster in ihren Pupillen unterzutauchen schienen …
    Ein Schmetterling flog plötzlich durchs Fenster, schlug die Flügel zusammen und hängte sich gleichsam in einer schattigen Ecke an die Wand.
    »Ein Nesselfalter«, bemerkte Welta leidenschaftslos. »Bei euch wird bald ein Gewitter niedergehen. Diesen Sommer gibt es hier mehr Gewitter als üblich.«
     
    Erto warf sich den Regenmantel über, holte den Lift, fuhr ins Parterre hinunter, lief, als hätte er sich an etwas erinnert, zu Fuß zu den Postkästen hinauf, schaltete die Infrarotlampe ein und sah die Korrespondenz des Professors durch. Im Postkasten lagen zwei Tageszeitungen, die Broschüre einer abonnierten Serie Probleme der Erforschung des Kosmos, zwei Briefe von gleichartigen Hochschulen und eine Einladung zu einer Konferenz.
    Erto trat auf die Straße hinaus. Er wurde von einer Unschlüssigkeit beherrscht: vielleicht sollte er zu Welta fahren und mit ihr über seine Angelegenheit sprechen, darüber sprechen, was er bislang verheimlichte, oder vielleicht sollte er es besser nicht tun. Später, dachte er, noch ist Zeit. Die Abreise des Professors zur Konferenz wäre eine angenehme Überraschung: die Bücher stünden Erto dann ganz zur Verfügung. Er könnte sich einige Fahrten in die Stadt- und Zentralbibliothek ersparen, da er nun auch abends würde arbeiten können. Wenn bloß irgendwann eine neue Methode des Lesens aus der Entfernung gefunden würde … aber leider, die Buchseiten schmiegten sich so fest aneinander, daß Geräte die Texte aufeinanderfolgender Blätter nicht auseinanderhalten konnten. Leicht lesbar waren nur Überschriften von Büchern und Aufschriften auf Titelblättern. Und die Klagen über die Unvollkommenheit der Technik waren durchaus gerechtfertigt: die Zeilen von drei oder sogar fünf Seiten lagen aufeinandergedrückt, und es war weitaus angenehmer, eine Exkursion in den Lesesaal zu unternehmen, als die wunderlichen Bilderrätsel zu entwirren …
    Auf der Straße war es frisch. Er ging auf die Chaussee hinaus und bog dann zu einem kleinen Restaurant ab, in dem viele Tische frei waren, weil noch nicht Mittagszeit war. Nachdem er eine halbe Stunde auf den Kellner gewartet hatte, schaltete er den Strahl ein und lugte in die Küche hinaus. Die Küche schien menschenleer. Er suchte einen Salat, ein Fleischgericht und Kaffee aus und stellte den Null-Transport ein. (Eigentlich wurde dies nicht empfohlen, doch in Ausnahmefällen nahmen die Kosmonauten manchmal kleine Privilegien in Anspruch.) Zwei Teller und ein Glas Kaffee erschienen auf dem Tisch, er aß und ging, das Geld hinterlassend, in die Bibliothek. Nun mußte er gewissenhaft arbeiten, er

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