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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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mich verlassen hatte, versammelte ich sie um mich. »Der neue Mitspieler«, erklärte ich ihnen, »nennt sich Kleronomas. Ich möchte wissen, wer er ist, was er ist und was er zu gewinnen hofft. Findet es für mich heraus!«
    Ich spürte ihren Eifer und ihre Angst. Die Apostel sind nützliche Werkzeuge, aber Loyalität ist nicht ihre Stärke. Ich habe zwölf Judas Ischariots um mich geschart, die alle nach dem berühmten Kuß lechzen.
    »Ich laß ein vollständiges Raster von ihm erstellen«, schlug Doktor Lügmann vor, die blassen schwachen Augen sahen mich an, ein schmeichlerisches Lächeln umspielte seinen Mund.
    »Kann man eine Interface-Verbindung mit ihm herstellen?« fragte Gottesgrün-9, mein persönlicher Cyberling. Seine rechte Hand mit dem sonnenverbrannten rotschwarzen Fleisch war zur Faust geballt, während seine linke eine Silberkugel war, die aufplatzte und aus der ein Gewirr von sich windenden Metallranken schoß. Unter seiner stark gewölbten Stirn, wo die Augen hätten sein sollen, war ein nahtloser Streifen von Spiegelglas in seinen Schädel eingelassen. Seine Zähne waren verchromt. Er konnte überaus strahlend lächeln.
    »Wir werden es herausfinden«, sagte ich.
    Sebastian Cayle schwebte in einem Tank, ein verkrüppelter Embryo mit einem monströsen Kopf, unkontrolliert paddelnden Flossen, riesigen blinden Augen, die mich durch eine zähe grünliche Flüssigkeit hindurch angafften, während rund um seinen blassen nackten Körper Blasen aufstiegen. Er ist ein Lügner empfing ich die von ihm ausgesandte Botschaft im Kopf. Ich werde die Wahrheit für dich herausfinden, Weisheit.
    »Gut«, lobte ich ihn.
    Tr’k’nn’r, mein Seelenmutant von Fyndii, äußerte sich singend mit seiner hohen, schrillen Stimme, in einer Tonlage, die sich an der Grenze der menschlichen Wahrnehmbarkeit bewegte. Er überragte alle anderen wie ein Strichmännchen in einer ungeschickten Kinderzeichnung, ein Strichmännchen von drei Metern Höhe, übertrieben gegliedert, das sich an den unmöglichen Stellen im unmöglichsten Winkel abknickte, zusammengesetzt aus alten Knochen, die grau wie die Asche eines in Urzeiten erloschenen Feuers geworden waren. Aber aus den kristallinen Augen unter dem Stirnknochen sprach während seines Gesangs eine gewisse Leidenschaft, und süß duftende Flüssigkeit tropfte unten aus seinem lippenlosen senkrechten Mund. Sein Lied handelte von Schmerzen und Wehklagen und brennenden Nervenenden, von verratenen Geheimnissen, von der Wahrheit, die dampfend und roh aus all ihren versteckten Ritzen gezerrt würde.
    »Nein«, belehrte ich ihn. »Er ist ein Cyborg. Wenn er Schmerz empfindet, dann nur, weil er es will. Er würde einfach seinen Empfänger ausschalten und damit dich ausschalten, Einling, und dein Gesang würde ungehört verhallen.«
    Die Neurohure Shayalla Loethen lächelte resigniert. »Dann gibt es für mich wohl auch nichts zu tun, Weisheit?«
    »Da bin ich nicht ganz so sicher«, gab ich zu. »Er hat zwar keine sichtbaren Genitalien, aber wenn noch irgend etwas Organisches in ihm steckt, könnte sein Lustzentrum ja intakt sein. Er behauptet, männlich gewesen zu sein. Die Instinkte schlummern vielleicht noch in ihm. Finde es heraus!«
    Sie nickte. Ihr Körper war weich und weiß wie Schnee, manchmal kalt, wenn ihr nach kalt zumute war, und manchmal glühendheiß, wenn ihr danach der Sinn stand. Ihre Lippen, die sich in diesem Moment in Vorfreude nach oben kräuselten, waren karmesinrot und voller Leben. Die Gewänder, die sie umwallten, verwandelten sich ständig in Form und Farbe, sogar während ich zusah, und Funken umspielten ihre Fingerspitzen und bildeten Bogen von einem ihrer langen, spitzen Fingernägel zum anderen.
    »Drogen?« fragte Braje, Biomedizinerin, Geningenieurin und Giftexpertin. Sie saß nachdenklich da und kaute auf einem von ihr selbst zusammengemischten Beruhigungsmittel, ihr aufgedunsener Körper war so feucht und weich wie der Sumpf draußen. »Wahrheitswässerchen? Agonin? Wunschwecker?«
    »Ich bezweifle es«, sagte ich.
    »Krankheit?« bot sie an. »Karbunkel oder Wundbrand. Die schleichende Pest, und wir haben das Heilmittel dafür?« Sie kicherte.
    »Nein«, sagte ich schroff.
    Und so ging es mit den anderen weiter. Sie alle hatten Vorschläge und ihre speziellen Methoden, um die Dinge herauszufinden, die ich wissen wollte, um sich für mich nützlich zu machen und meine Dankbarkeit zu erringen. So sind meine Apostel. Ich hörte ihnen zu, ließ mich von dem

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