Wassermelone: Roman (German Edition)
wo’s ihm wehtut.«
»Dagegen ist nichts einzuwenden«, sagte sie erleichtert. »Er ist es nicht wert, dass du für ihn in den Knast gehst.«
»Danke für deinen vernünftigen Rat«, sagte ich. »Du hast recht. Er ist ein langweiliger Scheißkerl, was?«
»Reinsten Wassers«, sagte sie voll Überzeugung.
»Ich meld mich bald wieder«, sagte ich. »Alles Gute. Bis dann.«
Und jetzt? Es war wohl klüger zu warten, bis James mich anrief. Aber ich war nicht mehr unsicher. Ich hatte eine Stinkwut auf James und fand, dass es nur recht und billig war, ihm das mitzuteilen. Persönlich.
James rief kurz darauf zurück. Er schien hocherfreut, dass ich angerufen hatte. Mein Zorn drohte mich zu übermannen, sodass ich es kaum fertigbrachte, höflich mit ihm zu sprechen.
»Wie schön, dich zu hören«, sagte er.
»Was machst du heute Abend, James?«, fragte ich unvermittelt.
»Äh, eigentlich nichts«, sagte er. Ich bilde mir ein, dass ihn mein abrupter Ton ein wenig aufgeschreckt hat.
»Gut«, sagte ich. »Sieh doch bitte zu, dass du gegen acht zu Hause bist. Ich muss mit dir sprechen.«
»Äh, worüber denn?«, fragte er. Es klang ein wenig besorgt.
»Das wirst du schon sehen«, sagte ich ausweichend.
»Nein, sag’s mir jetzt«, sagte er, deutlich besorgt.
»Nein, James, du musst schon bis heute Abend warten«, sagte ich freundlich, aber unerbittlich.
Er schwieg.
»Dann also bis acht«, sagte ich abschließend.
»In Ordnung«, murmelte er. Ich legte auf.
Ich dachte über all das nach, was ich soeben erfahren hatte. Mir war klar gewesen, dass ich nicht so schlecht war, wie mich James hingestellt hatte. Das hing keineswegs damit zusammen, dass ich nicht bereit war einzusehen, dass ich nicht weiß wie gut war, andererseits wollte ich natürlich nicht glauben, dass ich ein besonders schlechter Mensch wäre … nun, Sie wissen schon, was ich meine. Ich hatte den Verdacht gehabt, dass mich James belog oder zumindest stark übertrieb, als er mir zu verstehen gab, ich hätte mich während unserer ganzen Ehe wie ein schreckliches, kindisches, egoistisches und rücksichtsloses Weib aufgeführt.
Aber ich hatte nicht verstanden, welchen Grund er hatte, mich deswegen zu belügen.
Offensichtlich hatte er versucht, mich zurechtzustutzen – zumindest auf eine Größe, die ihm passte –, als er mir klargemacht hatte, dass ich ein solcher Mensch gewesen sei.
Ihm hatte meine Selbstsicherheit nicht gepasst. Da er Angst davor hatte, beschloss er in hässlicher und zynischer Weise, mein Selbstbewusstsein vollständig zu untergraben, damit ich von ihm abhängig würde. So ein Mistkerl! Ich glaube, ich hatte ihn weniger gehasst, als ich dahintergekommen war, dass er mit Denise ins Bett ging. Das hier war eine üblere Art von Verrat.
»Mum«, rief ich die Treppe hinab.
»Was?«, rief sie aus der Küche.
»Ich brauch dich.«
»Wozu?«
»Ich möchte, dass du mich zum Flughafen fährst und dich eine Weile um Kate kümmerst.«
»Wovon zum Kuckuck redest du?«
»Ich flieg nach London. Du musst dich um Kate kümmern«, sagte ich in durchaus vernünftigem Ton.
»Ist schon Dienstag?«, fragte sie verwirrt.
»Nein, Freitag. Ich flieg aber trotzdem nach London.«
»Und am Dienstag wieder?«, fragte sie und sah mich ein wenig erstaunt an.
»Möglich«, sagte ich. Ich konnte ihr darauf keine Antwort geben. Ich wusste es selbst noch nicht.
»Was soll das alles?«, fragte sie misstrauisch.
»Ich muss verschiedenes mit James klären«, sagte ich.
»Ich dachte, das hättest du schon getan«, sagte sie. Von ihrem Standpunkt aus war das ganz vernünftig.
»Hab ich auch«, sagte ich betrübt. »Aber in der letzten Stunde sind weitere, wie soll ich sagen, Hinweise ans Licht gekommen, und ich muss hin und mit ihm sprechen.«
»Wann kommst du wieder?«, fragte sie.
»Bald«, versprach ich. »Bitte, Mum, das ist wichtig. Ich brauch deine Hilfe.«
»Schon gut«, sagte sie. Es klang etwas entgegenkommender. »Bleib, solange es nötig ist.«
»Höchstens einen oder zwei Tage«, sagte ich.
»Gut.«
»Du müsstest mir auch Geld leihen.«
»Übertreib es nicht.«
»Bitte.«
»Wie viel?«
»Nicht viel. Den Flug rechne ich über die Kreditkarte ab. Aber ich brauch Bargeld für kleinere Ausgaben. Du weißt schon, U-Bahn-Fahrkarten, Schlagringe und so weiter.«
»Wenn ich es nächste Woche zurückkriege, kann ich dir fünfzig geben.«
»Fünfzig sind reichlich«, sagte ich. Ich hoffte es jedenfalls. Ich hatte keine Ahnung, wo ich die
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