Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
Irgendwann müssen wir damit ja anfangen. Willst du es nicht auch mal versuchen?“
Sie nahm den Ring aus der gepolsterten Schachtel und schob ihn auf ihren Finger.
„Passt er?“
„Perfekt.“ Das Gewicht fühlte sich so befriedigend, so richtig an.
„Gefällt er dir?“
„Ich liebe ihn.“ Es war derselbe Ring, den sie einmal im Schaufenster eines Juweliers bewundert hatte, als sie in Kentucky gewesen waren. Wie aufmerksam von ihm, deswegen noch einmal zurückzufahren. „Und … wo werden wir leben?“
„In meinem Haus natürlich. Du wohnst doch nur zur Miete.“
Aber bei ihm lebte sein fünfundzwanzigjähriger Sohn im Hinterhof. Karen glaubte nicht, dass sie Robert so nah um sich haben konnte. Allerdings hatten sie gerade vereinbart, nicht über Robert zu reden. Oder über Cain. Und sie wollte diesen Augenblick nicht zerstören. „Wann wollen wir es tun?“, fragte sie.
„Ich fand schon immer, Weihnachten sei eine schöne Zeit zum Heiraten.“
Weihnachten! Damit würde die Verlobungszeit ziemlich lange dauern. Bestimmt würde sie innerhalb von sechs Monaten irgendetwas herausfinden. Vielleicht verlor derjenige, der für die Nachrichten verantwortlich war, die Lust und kümmerte sich wieder um seine eigenen Angelegenheiten. Oder er oder sie entschied sich bewusst dafür, die Sache nicht weiter zu verfolgen. Diesen … Vorfall ans Tageslicht zu bringen diente keinem guten Zweck und würde unweigerlich auch andere Menschen außer ihr verletzen. „Also gut, Weihnachten“, flüsterte sie.
Er hob ihr Kinn an. „Ist das ein Ja?“
„Das ist ein Ja“, erwiderte sie mit mehr Überzeugungskraft. Aber sie wusste, dass bis dahin noch eine Menge geschehen musste. Wenn sie nicht herausfand, wer sie schikanierte, würde sie John erzählen müssen, was sie getan hatte. Andernfalls könnte diese Person es ihm erzählen, und das wäre noch viel schlimmer.
Ich werde Sie bloßstellen. Passen Sie bloß auf!
Als Karen sich vorstellte, sie würde John alles gestehen, bekam sie vor Angst Herzrasen. Möglicherweise würde John sie überraschen und ihr vergeben. Bisweilen war er so freundlich, so großzügig. In dieser Situation jedoch war es wahrscheinlicher, dass die Wahrheit immer zwischen ihnen stehen würde, selbst wenn sie anschließend versuchen würden weiterzumachen. Und falls John rachsüchtig genug sein sollte, um das, was sie ihm anvertraute, der Polizei zu erzählen, wäre ihr Leben ruiniert.
Konnte sie ihm so sehr vertrauen?
Sie hätte es geglaubt, wenn sie ihren Fehltritt nicht ausgerechnet mit Cain begangen hätte.
Den größten Teil der letzten beiden Tage hatte Cain auf der Suche nach Beweisen mit seinen Hunden im Wald verbracht. Er hatte einen Fußabdruck entdeckt, der zu denen passte, auf die er in der Nacht, in der Sheridan angegriffen worden war, am Bach gestoßen war. Ned war damals hergekommen und hatte einen Gipsabdruck davon gemacht. Es sah aus, als handle es sich um einen Tennisschuh in Größe 44, der an den Außenseiten bereits abgelaufen war.
Solange das Tageslicht anhielt, hatte er genug zu tun, um Sheridan nicht zu vermissen. Die Nächte hingegen waren lang, und das Haus fühlte sich leer an ohne sie.
Aber das lag sicher nur daran, weil er sich um sie sorgte. Robert hatte bestätigt, dass sie wieder in dem Haus wohnte, in dem sie überfallen worden war.
Er schaltete den Fernseher ein und wechselte zu einem neuen Sender. Ihr wird nichts passieren. Ihre Freundin Skye hatte eine Pistole und wusste offensichtlich auch, wie sie zu benutzen war. Aber für denjenigen, der Sheridan nachstellte, wäre es ein Leichtes, sie durch das Fenster zu erschießen, ehe irgendjemand es kommen sah. In der belebten Nachbarschaft war viel los. Woher sollte man da wissen, ob jemand dort hingehörte oder nicht? War Skye wirklich in der Lage, sie zu beschützen?
Cain hatte Ned gebeten, jemanden dort im Gebiet patrouillieren zu lassen, und Ned hatte so getan, als hätte er es bereits selbst geplant. Er wollte Amys Mörder finden, und er glaubte, dass Amys Mörder auch Sheridan verletzt hatte. Aus diesem Grund wusste Cain, dass er das Haus auch tatsächlich im Auge behalten würde. Doch ein Streifenwagen, der ab und zu durch ihre Straße fuhr, war keine Garantie für Sheridans Sicherheit.
Er schleuderte die Fernbedienung beiseite, sprang auf und wanderte mehrere Minuten auf und ab. Je mehr er daran dachte, wie verletzlich Sheridan war, desto größer wurde seine Sorge, dass es ein Fehler gewesen war,
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