Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
schlafen wollen, und um sich darauf einlassen zu können, würde sie sich vorstellen, er sei Cain. Anschließend würde er einschlafen und schnarchen, bis sie kurz davor war, ihn zu erwürgen, nur damit der Lärm aufhörte. Am Morgen würde sie ihn dann aus ihrem Bett zerren, damit sie es beide rechtzeitig zur Arbeit schafften.
Jeden Tag dieselbe Routine. Aber mit Tiger zusammen zu sein war besser, als ganz allein zu sein. Wenn sie allein war, dachte sie ununterbrochen an Cain und fuhr noch öfter zu ihm. Manchmal bellten seine Hunde, wenn sie sich näherte, aber nicht immer. Sie kannten sie. Und wenn es richtig dunkel war, warf sie ihnen ein Stück Hundekuchen zu, damit sie dicht genug ans Haus kam, um durch die Fenster spähen zu können.
„Amy, hör auf!“, schnauzte Tiger.
Sie zappelte erneut herum. Seufzend stand sie auf und ging in die Küche. Sie wusste, dass sie nichts mehr essen sollte. Sie wurde fett, was sie für Cain noch weniger anziehend machte. Aber Essen schien ihr einziger Trost zu sein. Und was machten ein paar Pfunde mehr schon aus, wenn kein anderer Mann außer Tiger sie je ansah? Er war selbst fett.
„Hast du Hunger?“, rief sie.
„Nein, aber du kannst mir ein Bier bringen.“
Noch eins? Wenn er zu betrunken wäre, würde sie sich nie einreden können, er sei Cain. Cain konnte sehr distanziert sein, aber er war kein linkischer, schlampiger Liebhaber. „Ist alle“, log sie.
„Gehst du schnell mal zum Laden?“
„Zum Teufel, nein!“, gab sie zurück, aufgebracht, weil er es überhaupt vorgeschlagen hatte. Aber dann überlegte sie es sich anders. Bei der Aussicht, Cain zu sehen, bekam sie Lust auf eine weitere Stippvisite zu seinem Haus. Sie wollte wissen, was er dort draußen mit Sheridan anstellte, wollte sehen, ob sie schon die Kondome benutzten, die sie ihm in den Truck gelegt hatte.
Bei dem Gedanken, er könnte mit Sheridan im Bett liegen, bekam sie Magenschmerzen. Sheridan war schon immer die Prinzessin gewesen, und sie hatte es immer geschafft, auf den Füßen zu landen – wie jetzt schon wieder. „Blöde Schlampe!“
„Was hast du gesagt?“, brüllte Tiger.
„Ich sagte, du hast Glück. Ich habe gerade beschlossen, loszufahren und dir ein Sixpack zu holen. Ich muss meinem Bruder noch ein paar Sachen vorbeibringen, also wird es eine Weile dauern. Du kannst ja hierbleiben und dir den Film ansehen, okay?“
„Ich gehe nirgendwo hin“, rief er zurück.
Darum machte sie sich auch keine Sorgen. Sie würde sich schon direkt vor seiner Nase ausziehen müssen, um ihn auch nur von der Couch wegzubekommen.
13. KAPITEL
„Tu’s nicht!“
Sheridan runzelte die Stirn und musterte Cain, der ihr gegenüber am Tisch saß. Dann schaute sie sich ihre Karten noch einmal an. Die Pokerpartie war ihr Vorschlag gewesen. Sie war noch nicht kräftig genug, um sich viel zu bewegen, aber sie war es leid, immer nur im Bett zu liegen, und brauchte ein wenig Abwechslung.
Sollte sie ihn ignorieren? Sie war nah davor, ihren Einsatz zu erhöhen, aber die Wachsamkeit in seiner Stimme ließ sie zögern.
Dann erweckte genau das ihren Argwohn. „Was ist denn das für ein Pokerspieler, der seinen Gegner warnt, wenn er ein gutes Blatt hat?“
„Einer mit einem Gewissen“, sagte er achselzuckend.
Sie musterte den Geldhaufen in der Mitte des Tisches. Jeder von ihnen spielte mit fünfzig Dollar Einsatz – kein Vermögen, aber sie konnte es sich nicht leisten, viel Geld zu verlieren. Bei ihrem Einkommen hatte sie überhaupt nicht viel, das sie verlieren konnte. „Du? Ein Gewissen?“, neckte sie. „Ich glaube, du bluffst nur. Wahrscheinlich hast du ein lausiges Blatt und hoffst, dass ich aussteige, damit du es nicht tun musst.“
Ein schiefes Lächeln umspielte seine Lippen, während er mit dem Zeigefinger auf dem Tisch herumtrommelte. „Willst du die Wahrheit wissen?“
„Ja.“
„Ich gebe mir allergrößte Mühe, dich nicht auszunutzen.“ „Du brauchst mich nicht zu warnen. Ich kann allein auf mich aufpassen. Für den Fall, dass du es noch nicht bemerkt hast: Ich bin inzwischen ein großes Mädchen.“
Er ließ den Blick über sie gleiten, und ihr Herz begann zu pochen. „Das ist mir aufgefallen.“
„Aber …“
Er lachte. „Aber ich habe auch gemerkt, dass du eine miserable Pokerspielerin bist.“
Verärgert murmelte sie: „Wir spielen doch erst seit fünfzehn Minuten.“
„Ich habe es nach den ersten drei Runden gewusst.“
„Das ist totaler Blödsinn.“ Sie warf
Weitere Kostenlose Bücher