Watermind
Schlussfolgerungen unbrauchbar. Tut mir leid, ich glaube nicht an Sumpfmonster. Ziel ist Neutralisierung. Machen Sie sich an die Arbeit.«
Sumpfmonster! Diesmal sagte sie es nicht laut, weil sie nicht wollte, dass Peter sich über sie lustig machte. Mit grimmiger Wut knallte sie ihren Laptop zu, stopfte ihn in ihre Tasche und verließ das Labor. Sumpfmonster! Schlussfolgerungen unbrauchbar! Das war genau das, was Harry gesagt hätte. Wie konnte er sie nur so abblitzen lassen? Sie brauchte diesen verdammten Job nicht. Sie marschierte durch den Haupteingang, überquerte den Parkplatz und stieg in ihren Rover.
Die Luft draußen war kaum wärmer als im klimatisierten Gebäude. Während sie sich den Laborkittel herunterriss, überlegte sie sich ein paar Bemerkungen, die sie Roman Sacony hätte mailen sollen. Sie schlug auf das Lenkrad. Dann wickelte sie drei Streifen Kirschkaugummi aus, steckte sie sich in den Mund und kaute.
28
Samstag, 12. März, 9.42 Uhr
Systemadministratorin Rayette Batiste saß in einer klimatisierten Arbeitskabine in Haus 2 und überwachte die Firmenserver von Quimicron. Sie mochte die Ruhe am Samstagmorgen. Allein in ihrem Kabuff und ohne den störenden Lärm ihrer Kollegen, tauchte sie in das beruhigende Brummen ihrer übereinandergetürmten Server ein. Vier Bildschirme leuchteten auf ihrem Schreibtisch, ein Update wurde gerade installiert. In der klimatisierten Kälte knöpfte sie ihre Strickjacke bis zum Kinn zu, nippte heißen Tee und beobachtete den Update-Vorgang. Zwischendurch warf sie einen Blick auf die E-Mails der Mitarbeiter.
Die gewissenhafte Rayette hatte eine Mission: Quimicrons lokales Netzwerk zu verteidigen. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, jede Art von Phish, Virus, Spam, Porno oder Obszönität, die in die Firmenserver unter ihrer Verantwortung eindrangen, zu enttarnen und auszumerzen.
Dünn, eigenbrötlerisch, mit strohfarbenem Haar und himmelblauen Augen, hielt sie sich nicht für schüchtern. Sie hatte viel Spaß am E-Mail-Tratsch, der über ihren Bildschirm scrollte. Sie fühlte sich dem sozialen Netz der Firma zugehörig. Und obwohl sie selten mit jemandem persönlich sprach, führte sie ein aktives anonymes Leben in einem Diskussionsforum, das von der Holy-Trinity-Kirche unterstützt wurde. Wenn Roman Sacony, ihr Oberboss, ihre Gemeinde besuchte, achtete Rayette besonders auf E-Mails, die über ihren Zuständigkeitsbereich liefen.
Rayette wusste sämtliche Einzelheiten über die Aktion, die im Sumpf stattfand. Sie wusste von den Spundwänden, die Roman angefordert hatte, um den Kanaleingang abzusperren. Sie wusste vom drohenden Gerichtsverfahren, der Mediensperre, dem Wissenschaftlerteam. Sie hatte jedes Wort von CJ Reillys Bericht gelesen – dreimal. Doch im Gegensatz zu Roman Sacony glaubte Rayette an Sumpfmonster.
In der Regel hielt sie sich von Fenstern fern, die auf den unheilvollen Sumpf hinausgingen. Sie mochte die Aussicht nicht. Seit sie von diesem Ding wusste, das Manuel de Silva getötet hatte, hatte sie sich verängstigt und allein in ihrer Kammer versteckt und sich darüber den Kopf zermartert, was sie mit ihrem schrecklichen Wissen anfangen sollte. Drohendes Unheil schien wie eine riesige Wolke über ihrem Arbeitsplatz zu hängen. Bestand ihre Pflicht darin, zu reden oder Stillschweigen zu wahren?
Sie öffnete einen Browser und ging in das Diskussionsforum von Holy Trinity. Vielleicht war Jeremiah online. Rayette verließ sich immer auf Jeremiahs Rat. Während die Seite geladen wurde, betete sie um Führung und schlug ihre eselsohrige King-James-Bibel auf. Die Seiten öffneten sich beim Buch Hiob.
»Siehe da den Behemot … Er liegt unter Lotosbüschen, im Rohr und im Schlamm verborgen. Lotosbüsche bedecken ihn mit Schatten, und die Bachweiden umgeben ihn. Siehe, der Strom schwillt gewaltig an, er dünkt sich sicher, auch wenn ihm der Jordan ins Maul dringt.«
Rayette schloss das Buch, und ihre Lippen begannen zu zittern. Das Wort des Herrn war manchmal unnachsichtig, aber immer eindeutig. Er ließ ihr eine Warnung zukommen. Er wollte, dass sie redete. Mit zitternden Fingern drückte sie die Tasten, um CJs vertraulichen Bericht über das Sumpfungeheuer aufzurufen. Mit stockendem Atem stellte sie den Bericht online.
29
Samstag, 12. März, 12.45 Uhr
Rick Jarmonds Stimme tönte durch das Telefon: »Über welchen Zeitraum sprechen wir hier? Ein paar Stunden?«
Roman konnte ihn kauen und schlucken hören. Seine Stimme klang jung. Er schien
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