Watersong - Sternenlied (German Edition)
Nathalie.
» Regeln gibt es überall « , versuchte Gemma ihr zu erklären. » Du darfst nirgendwo alles tun, was du willst. Niemand darf das. «
» Aber das nervt. « Ihre Mutter schaute sich angewidert in ihrem Zimmer um und trat mit dem Fuß gegen den Teddybären, den Gemma ihr zum Muttertag gekauft hatte.
» Hör mal, Mom, kann ich mit dir reden? « , fragte Gemma.
» Na gut. « Nathalie seufzte und ließ sich auf ihr Bett plumpsen. » Wenn ich nicht wegkann, können wir uns ebenso gut unterhalten. «
» Danke. « Gemma setzte sich neben sie. » Ich brauche deinen Rat. «
» Weshalb? « Neugierig sah Nathalie auf. Es kam nicht oft vor, dass jemand ihre Hilfe benötigte.
» Im Moment ist bei mir ziemlich viel los und es ist alles ganz schön verrückt. « Gemma kaute an ihrer Unterlippe und sah dann Nathalie an. » Glaubst du an Monster? «
» Du meinst, echte Monster? « Nathalies Augen wurden groß und sie rückte näher zu Gemma. » Ja, natürlich tue ich das. Warum? Hast du eins gesehen? Wie sah es aus? «
» Das weiß ich leider nicht genau. « Gemma schüttelte den Kopf. » Auf den ersten Blick ist es wunderschön, aber ich weiß, dass da was nicht stimmt. «
» Sag schon, wie sieht das Monster aus? « , fragte Nathalie und setzte sich im Schneidersitz vor Gemma hin.
» Wie eine Art Meerjungfrau. «
» Eine Meerjungfrau? « , staunte Nathalie, und ihre Augen wurden noch größer. » Oh Mann, Gemma, das ist ja so cool! «
» Ich weiß, aber … « Das Mädchen wand sich. » Sie wollen, dass ich mit ihnen gehe und auch eine Meerjungfrau werde … «
» Oh, Gemma, das musst du unbedingt machen! « , unterbrach Nathalie sie, bevor Gemma ihren Satz beenden konnte. » Du musst unbedingt eine Meerjungfrau werden! Das ist doch das Tollste auf der Welt! Du könntest auf immer und ewig im Meer herumschwimmen! Und keiner kann dir Vorschriften machen. «
» Aber … « Gemma schluckte schwer und betrachtete die Sonnenbrille in ihren Händen. » Aber ich glaube, sie tun schlimme Dinge. Sie tun Leuten weh. «
» Die Meerjungfrauen tun anderen weh? « , fragte Nathalie. » Wie denn? Und warum? «
» Keine Ahnung. Aber ich weiß, dass es so ist. Ich glaube, tief in ihrem Innern sind sie ganz furchtbar böse. «
» Oh nein. « Nathalie kaute an ihrem Daumennagel und dachte ernsthaft über die Geschichte ihrer Tochter nach.
» Und ich fürchte, wenn ich mit ihnen gehe, muss ich vielleicht auch Leuten wehtun. « Gemma schaute ihre Mutter an und versuchte, ihre Tränen zurückzuhalten.
» Dann geh eben nicht mit ihnen. Du willst doch niemandem wehtun, oder? «
» Nein « , gab Gemma zu. » Das will ich nicht. Aber … es gibt da diesen Jungen. «
» Einen Jungen? « Nathalie strahlte und griff nach Gemmas Arm. » Ist er süß? Hast du ihn geküsst? Sieht er aus wie Justin? «
» Er ist wirklich süß. « Gemma musste lächeln, als ihre Mutter sie ganz aufgeregt anschaute. » Und wir haben uns geküsst. « Nathalie kreischte entzückt. » Ich glaube, wir mögen uns. So richtig. «
» Das ist ja wunderbar! « Nathalie klatschte in die Hände.
» Ja, aber wenn ich mit den Meerjungfrauen gehe, müsste ich ihn zurücklassen. Und dich könnte ich auch nicht mehr besuchen kommen. Ich müsste für immer von hier weg. «
» Oh. « Ihre Mutter runzelte die Stirn. » Hm. Und was passiert, wenn du bleibst? Wenn du nicht mit den Meerjungfrauen gehst? «
» Ich weiß es nicht genau. Aber ich glaube … « Gemma holte tief Luft. Sie wollte ihrer Mutter nicht erzählen, dass sie sterben würde, weil sie keine Ahnung hatte, wie Nathalie mit dieser Information umgehen würde. » Dann würde mir etwas Schlimmes passieren. «
» Also … « Nathalie verzog verwirrt das Gesicht, während sie versuchte, das alles zu begreifen, und kaute an einer ihrer langen Haarsträhnen. » Wenn du mit den Meerjungfrauen gehst, kannst du für immer schwimmen, aber du könntest mich nicht mehr besuchen und musst vielleicht schlimme Dinge tun. «
» Genau. «
» Aber wenn du nicht mit ihnen gehst, wird dir etwas Schlimmes passieren? « , fragte Nathalie, und Gemma nickte. » Wenn du bleibst, kannst du mich dann immer noch besuchen und dich mit diesem Jungen treffen, den du magst? «
» Ich weiß es nicht. « Gemma schüttelte den Kopf. » Ich glaube nicht. «
» Tja, dann weißt du ja, was du zu tun hast. «
» Ja? «
» Ja. « Nathalie nickte. » Du musst mit ihnen gehen. «
» Aber ich würde vielleicht anderen Menschen wehtun «
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