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Way Out

Way Out

Titel: Way Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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angegriffen.«
    Reacher nickte.
    »Hol tief Luft«, sagte er.
    Er bremste ein gutes Stück vor der kleinen ebenen Brücke. Bog langsam und weit ausholend ab. Ließ den zweiten Gang eingelegt. Kleiner Wagen, geringes Tempo. Nicht bedrohlich. Das hoffte er zumindest.
    Die Zufahrt war lang und wies zwei Kurven auf. Vielleicht umging sie bei Regen schlammige Stellen. Der festgewalzte Boden war weicher und weniger eben, als er aus einiger Entfernung ausgesehen hatte. Der Mini Cooper holperte und schwankte. Die Giebelwand des Farmhauses war gänzlich ungegliedert. Keine Fenster. Die aus dem Kamin aufsteigende Rauchsäule war jetzt dicker und gerader. Weniger Wind. Reacher öffnete sein Fenster und hörte nichts außer dem Motorengeräusch und dem Knirschen der Reifen auf Kies und Schotter.
    »Wo sind sie alle?«, fragte Pauling. »Hacken sie noch Unkraut?«
    »Man kann nicht sieben Stunden lang hacken«, meinte Reacher. »Da würde man sich den Rücken brechen.«
    Dreißig Meter vor dem Haus gabelte sich die Einfahrt. Ihr breiter westlicher Arm bildete die offizielle Zufahrt zum Hauseingang. Nach Osten führte eine schlechtere Fahrspur zu der Stelle, wo der Land Rover gestanden hatte, und den Scheunen dahinter. Reacher nahm die östliche Gabel. Der Land Rover war nicht mehr da. Die Scheunentore waren alle geschlossen. Überall herrschte Stille. Nirgends eine Bewegung.
    Reacher bremste sanft und stieß zurück. Folgte dem breiteren Arm nach Westen. Vor der Haustür ein mit Kies aufgeschütteter Kreis, in dessen Mitte eine kümmerliche Esche aufragte. Sie war von einer runden, für ihren dünnen Stamm viel zu großen Bank umgeben. Der Baum musste eine Ersatzpflanzung sein – oder der Zimmerer hatte hundert Jahre vorausgedacht. Nach englischer Manier fuhr Reacher im Uhrzeigersinn um den Kreis. Hielt drei Meter von der Haustür entfernt. Sie war geschlossen. Außer der langsam aus dem Kamin aufsteigenden Rauchsäule bewegte sich nichts.
    »Was nun?«, fragte Pauling.
    »Wir klopfen an«, antwortete Reacher. »Wir bewegen uns ganz ruhig und achten darauf, dass unsere Hände sichtbar sind.«
    »Glaubst du, dass sie uns beobachten?«
    »Irgendjemand tut’s. Todsicher. Das spüre ich.«
    Er stellte den Motor ab und blieb noch einen Augenblick sitzen. Dann öffnete er die Fahrertür. Stieg langsam aus und blieb mit leicht abgespreizten Händen neben dem Wagen stehen. Zwei Meter von ihm entfernt tat Pauling das Gleiche. Dann gingen sie miteinander zur Tür. Die massive alte Eichentür war im Lauf der Jahre kohlschwarz geworden. Ihre eisernen Bänder und Angeln wiesen Rostnarben auf, die aber frisch überstrichen waren. Der Türklopfer bestand aus einem leicht schiefen Ring in einem Löwenmaul, der auf einen Nagelkopf von der Größe eines Apfels schlug. Reacher klopfte damit zweimal kräftig an die alte Tür. Sie hallte wie eine Basstrommel.
    Keine Reaktion.
    »Hallo?«, rief Reacher.
    Keine Antwort.
    Er rief: »Taylor? Graham Taylor?«
    Keine Antwort.
    »Taylor? Sind Sie da?«
    Keine Antwort.
    Er versuchte es erneut mit dem Türklopfer, klopfte zweimal an.
    Noch immer keine Reaktion.
    Nicht das geringste Geräusch.
    Bis auf das Schlurfen eines kleinen Fußes in zehn Metern Entfernung. Das Zurückziehen einer dünnen Sohle auf einem Stein. Reacher drehte sich herum und sah nach links. Konnte noch erkennen, wie ein nacktes kleines Knie um die entfernte Hausecke zurückgezogen wurde.
    »Ich hab dich gesehen!«, rief Reacher.
    Keine Antwort.
    »Du kannst jetzt rauskommen«, rief er. »Das ist in Ordnung.«
    Keine Reaktion. »Sieh dir unser Auto an«, rief Reacher. »Der hübscheste Wagen, den du je gesehen hast.«
    Nichts passierte.
    »Er ist rot«, rief Reacher. »Wie ein Feuerwehrauto.«
    Keine Antwort.
    »Ich habe eine Lady mitgebracht«, rief Reacher. »Sie ist auch hübsch.«
    Er blieb reglos neben Pauling stehen und entdeckte einen oder zwei Augenblicke später einen dunkelhaarigen Kinderkopf um die Hausecke spähen. Ein kleines Gesicht, blasse Haut, große grüne Augen. Ein ernster Mund. Ein kleines Mädchen, ungefähr acht Jahre alt.
    »Hallo«, rief Pauling. »Wie heißt du?«
    »Melody Jackson«, sagte Jade Lane.

66
     
    Auch nach der keineswegs perfekten Laserkopie, die Reacher im Schlafzimmer von Lanes Apartment auf dem Schreibtisch gesehen hatte, erkannte Reacher die Kleine sofort. Sie war jetzt etwa ein Jahr älter, hatte aber immer noch dasselbe lange dunkle Haar, leicht gewellt, fein wie Seide, dieselben grünen

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