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Waylander der Graue

Waylander der Graue

Titel: Waylander der Graue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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etwas anderes Gefühl. Stark, ja, aber nicht süß für die Sinne … Er wusste, er hatte dieses Gefühl schon einmal gespürt vor Tausenden von Jahren, als er über dieses nachtdunkle Land gewandelt war. Niarhazz konzentrierte sich jetzt auf das Gefühl, trennte es von den andern, die dem Gemetzel entsprangen.
    Dann fiel es ihm ein.
    Es war Wut. Aber nicht die kochende, überschäumende Wut eines Kämpfenden. Nein, diese hier war kalt beherrscht – und sie war nah!
    Niarhazz rührte sich nicht.
    Ein Mann war in der Nähe. Ganz nah! Er vermutete, es war der große Mann, den er bei dem kleinen Schwertkämpfer gesehen hatte. Furcht überfiel Niarhazz. Es war kein gänzlich unangenehmes Gefühl, denn es ließ ihn die Freuden der physischen Realität noch deutlicher wahrnehmen. Ganz, ganz langsam wandte er den Kopf.
    Der Mann war etwa zwanzig Schritt rechts von ihm. Er spähte in die Schatten und hatte den Kopf von Niarhazz abgewandt.
    Es war so lange her, dass Niarhazz seine Zähne durch lebendiges Fleisch geschlagen und das warme Blut in seine Kehle rinnen gefühlt hatte.
    Er behielt seinen Nachtmantel an und konzentrierte sich auf seine Macht, dann hob er die Füße vom Boden und schwebte lautlos in die Schatten. Der Mann machte ein paar Schritte auf die zerbrochene Mauer zu, dann wandte er sich wieder um. Jetzt war sein Rücken Niarhazz zugekehrt.
    Der Bezha schwebte jetzt mit ausgestreckten Armen auf den Mann zu, Klauen glitten aus seinen Fingern.
    »Zeit zu sterben«, sagte der Mann leise.
    Niarhazz hatte kaum Zeit, die Worte zu verarbeiten, als der Mann auch schon auf dem Absatz herumwirbelte, die rechte Hand vorgestreckt. Etwas Dunkles sprang aus der kleinen Waffe in seiner Hand.
    Es blieb keine Zeit, aus dem fleischlichen Gefängnis zu fliehen, nicht einmal Zeit, um gegen die grausame Ungerechtigkeit eines solchen Schicksals anzuschreien.
    Der Bolzen durchschlug seinen Schädel und drang in sein Gehirn …
     
    Der Körper verschwand unverzüglich, der schwarze Mantel schwebte einen Moment im Wind. Er schien nicht mehr Gewicht zu haben als ein Grassamen. Waylander schnappte ihn.
    In der Ruine gingen die vier Kraloth plötzlich in Flammen aus, ihre Körper schrumpften, bis sie nicht mehr waren als tanzende Funken über den Steinen. Sie flackerten noch ein paar Sekunden lang, dann waren sie verschwunden.
    Der Mantel in Waylanders Händen fühlte sich substanzlos an. Er schien sich unter seinen Fingern zu bewegen, als wäre er flüssig. Noch seltsamer war das unheimliche Gefühl, als er ihn untersuchen wollte. Sein Blick glitt davon ab und richtete sich auf die Steine oder auf seine Hände, aber konnte sich nie auf dem Kleidungsstück halten.
    »Der Nebel kommt!«, rief Chardyn.
    Waylander blickte nach Westen und sah die weiße Wand auf sie zukommen. Rasch rollte er den Mantel zusammen und stopfte ihn in seinen Gürtel, ehe er zurück zu den verängstigten Soldaten rannte, die sich zusammendrängten.
    »Bogenschützen, formiert euch!«, brüllte der Herzog, zog sein Langschwert und mischte sich unter seine Männer.
    Eldicar Manushan löste sich aus der Gruppe und kletterte auf einen vorspringenden Felsen. Der Nebel kam näher. Der Magier hob den rechten Arm, die Handfläche auf den Nebel gerichtet. Dann begann er mit klingender Stimme zu singen. Der Nebel wurde langsamer. Kysumu trat neben Waylander, das leuchtende Schwert ausgestreckt. Waylander blickte auf ihn hinunter. Der Mann schien vollkommen ruhig. Der Priester Chardyn trat hinter die beiden Männer.
    »Solltest du nicht lieber beten?«, fragte Waylander.
    Chardyn lächelte mühsam. »Irgendwie ist das nicht der Tag für Heucheleien«, sagte er.
    Die Temperatur begann zu fallen, als der Nebel näher kam. Eldicar Manushan sang weiter, seine Stimme dröhnte vor Zuversicht und großer Macht. Graf Aric hatte ebenfalls sein Schwert gezogen und stand neben dem Herzog und seinen Schwertkämpfern. Die überlebenden Schützen hatten Pfeile auf die Bogensehnen gelegt und warteten angespannt.
    Der Nebel kam unmittelbar vor dem Magier zum Süllstand und floss dann zu beiden Seiten an ihm vorbei. Trotzdem sang er weiter. Dann fuhr er plötzlich zusammen und verlor um ein Haar das Gleichgewicht auf dem Stein. Sein Gesang erstarb. Sogleich wallte der Nebel über ihn hinweg. Waylander sah eine massige Gestalt, die sich auf den Magier stürzte, ein klauenbewehrter Arm holte aus und riss Eldicar Manushan die Brust auf. Waylander sah, wie der rechte Arm des Magiers

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