Weber David - Schwerter des Zorns - 2
Teil der Stadt bewachten, nahe
zu unüberwindlich. Nur ein wahrhaft Verzweifelter hätte auch nur
erwogen, freiwillig gegen Zwerge unter der Erde zu kämpfen. Und
selbst wenn jemand verrückt genug gewesen wäre, es hier zu versu
chen, hätte er schon einen gewaltigen Blutzoll gezahlt, um allein den
äußeren Verteidigungsring zu durchbrechen. Bahzell hielt zwar
nicht viel davon, unter der Erde zu leben, doch bot es sichtlich ge
wisse Vorteile.
Kilthandahknarthas' Kurier war natürlich ein Blutsverwandter des
Handelsbarons, auch wenn nicht einmal Kaeritha herausfinden
konnte, in welcher verwandtschaftlichen Beziehung der junge
Mann, der sich als Tharanalalknarthas vorstellte, genau zu ihm
stand. Es hatte etwas mit drei Ehen, einem Stiefsohn und zwei On
keln zu tun, so viel erfuhr Bahzell. Allerdings spielte das keine
große Rolle. Zwerge waren an die Unfähigkeit von Fremden ge
wöhnt, die feinen Verwandtschaftsgrade zu begreifen, und als höfli
che Alternative erkannten sie den Begriff »Blutsverwandter« gern
an.
Wie auch immer jedoch sein Verwandtschaftsgrad zu Kilthan sein
mochte, Tharanal wies jedenfalls eine erstaunliche Ähnlichkeit zu
seinem Clanpatriarchen auf. Es schien fast, als eiferte er auch äußer
lich seinem Vorbild Kilthan nach. Trotz seines jugendlichen Alters
verlor er bereits sein Haar, was die Ähnlichkeit verstärkte, und Bah
zell und Brandark ließen sich schnell von seinem einnehmenden
Wesen gewinnen. Zudem genoss er offensichtlich Kilthans Vertrau
en und brachte sie rasch auf den neuesten Stand. In Norfressa konn
te sich nichts Wichtiges ereignen, ohne dass Kilthandahknarthas da
von erfuhr, meist früher als später, doch Tharanals Wissen beein
druckte Bahzell dennoch, vor allem seine detaillierten Kenntnisse
über die Beziehungen zwischen Hurgrum und Navahk.
»Sie rennen in den letzten sechs Monaten ständig aufs Töpfchen«,
erklärte Tharanal und spähte zu den Wolken hinauf, während sein
Pony neben Brandarks Pferd dahintrottete. Die Straßen Zwergen
heims befanden sich in einem noch besseren Zustand als die des
restlichen Reiches, und trotz des feuchten, kalten Nachmittags, der
frischen Schnee versprach, waren die Straßen jetzt noch geräumt, so
dass die Reisenden schnell vorankamen.
»Eigentlich«, fuhr Tharanal fort und grinste Bahzell grimmig an,
»könnte man sagen, dass ihre Verdauungsprobleme angefangen ha
ben, seit Ihr und Euer Freund beschlossen habt, Euch auf die Reise
zu machen, Prinz Bahzell.«
Die beiden Hradani sahen sich ernst an. Sie wussten zwar, dass ein
Krieg zwischen ihren Clans unausweichlich war und betrachteten
ihn sogar als den einzigen Weg, die Zukunft und das Leben ihres
ganzen Volkes zu verbessern, doch es war eine ganz andere Sache
zu hören, wie Tharanal ihre Befürchtung mittelbar bestätigte. Sie
dachten beide an all die Männer, die sie kannten, an Freunde und
Familienangehörige – und auch an ihre Feinde. Sie alle würden sehr
bald versuchen, sich in der Schlacht gegenseitig zu massakrieren.
»Ich will nicht behaupten, der Hauptgrund dafür wäre, dass Ihr
diesen Mistkerl Harnak beinahe totgeprügelt habt, missversteht
mich bitte nicht«, fuhr Tharanal fort. »Torframos weiß, dass beide
Seiten lange genug umeinander herumgeschlichen sind und ihre
Chance suchten. Aber Ihr habt sozusagen den Kienspan an das Rei
sig gehalten, so viel ist klar. Und an diesem Feuerchen dürfte sich
Navahk mächtig die Finger verbrennen.«
»Wieso?« Bahzell spitzte fragend die Ohren.
»Sagen wir, Arvahl von Sondur fühlte sich ohnehin schon ein we
nig unwohl. Den Berichten zufolge bereitete ihm vor allem Kopf
schmerzen, dass dieses so genannte Straßennetz der Blutklingen sei
ne Stadt zu einem ganz natürlichen Brennpunkt bei einem Angriff
quer über Land von Mazgau und Gorchcan macht. Aber Arvahl hat
wohl auch den Schilderungen der Barden von den Vorfällen zwi
schen Euch und Harnak geglaubt.«
»Wollt Ihr damit sagen, dass Arvahl zu Hurgrum übergelaufen
ist?« erkundigte sich Brandark schockiert.
»Das ist er«, erwiderte Tharanal mit offensichtlichem Vergnügen.
Dann schien ihm einzufallen, dass er mit einem Navahkaner sprach,
und seine Miene wurde ausdruckslos. Er schaute zwischen Bahzell
und seinem Freund hin und her.
»Bei Phrobus!« sagte Brandark, schüttelte sich und grinste Bahzell
an. »Ich wusste ja, dass Arvahl nicht viel von Churnazh hält. Aber
du hast wirklich einen mächtigen Funken geschlagen, wenn der
gute Prinz seine Adligen und Hauptleute
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