Weber David - Schwerter des Zorns - 2
Minnesängern in den Schänken Belhadans Gesinnungs
genossen gefunden hatte, sowie unter den Gelehrten an der König
lich-Kaiserlichen Universität, denen Meister Kresko ihn vorgestellt
hatte, würden ihn die Ordensmitglieder wohl kaum ins Vertrauen
ziehen, wenn sie nicht einmal Bahzell vertrauten.
Um dem Orden gerecht zu werden, musste Brandark zugeben,
dass es ihnen auch schwer gefallen wäre, Bahzell anzuerkennen,
wenn er kein Angehöriger einer verhassten und geschmähten Rasse
gewesen wäre. Es gab noch eine ganze Menge, was Brandark über
die Beziehung zwischen Bahzell und Tomanâk herausfinden muss
te, und das traf wohl, wie er ironisch einräumte, ebenfalls für Bah
zell selbst zu. Dennoch konnte er nachvollziehen, warum der Pfer
dedieb die orthodoxeren Mitglieder des Ordens einfach verstören
musste.
Wenn man allein schon hörte, wie Bahzell über Tomanâk redete.
Er war weder im Ton noch in seinen Worten jemals respektlos, je
denfalls nicht an den Maßstäben der Hradani gemessen, doch Bran
dark bezweifelte, dass auch der Rest des Ordens das so sah. Herr
Charrow konnte es vielleicht verstehen, aber die anderen Menschen
rassen taten sich schwer, die Sitten der Hradani zu begreifen, vor al
lem die der Pferdediebe. Wie die Angehörigen seines eigenen Stam
mes der Blutklingen waren auch die der Pferdediebe zu formvollen
deter Höflichkeit fähig. Allerdings war es, weit mehr als bei seinen
Blutklingen, meistens ein unheilvolles Zeichen, wenn ein Pferdedieb
plötzlich besonders höflich wurde. Formelles Verhalten ihrerseits
war meist ein Zeichen von tiefem Misstrauen, und vollendet höflich
waren sie nur zu Menschen, die sie zutiefst verabscheuten. Brandark
vermutete in ihrer Höflichkeit nur ein weiteres Abwehrmittel gegen
die Blutrunst. Sie benutzten diese förmliche Höflichkeit, um Span
nungen bereits im Vorwege zu verhindern, damit die Schwerter tun
lichst in den Scheiden blieben.
Andererseits neigten die Pferdediebe dazu, sich unter bestimmten
Umständen ein wenig … neugieriger zu verhalten als die anderen
Stämme der Hradani. Brandark hatte zwar noch nie Hurgrum be
sucht, hatte jedoch Berichte über Prinz Bahnaks »Hof« gehört. Es
schüttelte ihn allein schon bei der Vorstellung, wie wohl jemand wie
Vaijon darauf reagieren würde. Nicht etwa, weil dort barbarisches
Elend oder Primitivität geherrscht hätten. Sondern weil jeder Ange
hörige von Bahnaks Volk nach altem Brauch und Gesetz das Recht
hatte, persönlich vor seinen Patriarchen zu treten und sein Anliegen
zu Gehör zu bringen. Wie Bahzell Herrn Charrow bereits erklärt
hatte, war Bahnaks Rang als Patriarch des Eisenaxt-Clans seinen
Leuten weit wichtiger als irgendein Prinzentitel. Aufgrund einer
Tradition, die bis in die Zeit zurückreichte, da nur das Schwert des
Clanpatriarchen zwischen seinem Volk und dessen Auslöschung
stand, galt er als die wahre Quelle ihres Zusammenhalts, die Ver
körperung ihres gemeinsamen Überlebens. Nichts und niemand
würde Bahnaks Volk jemals mehr bedeuten – und er hatte sich als
einer der bedeutendsten Patriarchen in der Geschichte des EisenaxtClans erwiesen. Was allerdings auch mit sich brachte, dass sein Volk
ihn genau so ansprach, wie es seinen Clanpatriarchen eben an
sprach, mit einer derben Offenheit, die Vaijons Vorstellung von an
gemessener Höflichkeit drastisch widersprach.
Und genau so redete Bahzell über Tomanâk. Mit Hingabe, Loyali
tät und der Vertrautheit, die ein Pferdedieb seinem Clanpatriarchen
gegenüber empfand. Auf seine Art machte er dem Gott damit ein
ungeheures Kompliment und erwies ihm die höchste Ehre, die Bah
zell jemandem gewähren konnte. Leider schienen viele, zu viele die
ser höfischen, überzivilisierten Ritter diese Tatsache nicht begreifen
zu können.
»Wie schön, dass du da rumsitzt und ›hmst‹, während du deinen
Hintern vor meinem Feuer grillst«, unterbrach Bahzell übellaunig
die Gedankengänge seines Freundes. »Du brauchst dich ja auch
nicht mit ihnen auseinander zu setzen!«
»Das stimmt«, pflichtete ihm Brandark bei. »Aber deine Beziehung
zu ihnen färbt auf mich ab, Lulatsch. Ich kriege das Üble zusammen
mit dem Guten ab, aus zweiter Hand sozusagen.« Er winkte ab, als
ihm Bahzell einen finsteren Blick zuwarf. »Mach dir keine Sorgen!
Sie sind zivilisierter als gut für sie ist, und sie würden niemals wa
gen, mir auch nur die kleinste Beleidigung an den Kopf zu werfen.
Aber sie sehen uns ganz gern ein bisschen scheel an, oder?«
»Ein bisschen
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